Keine Verlängerung des „illegalen Zustands“: Miesbach muss teure Entwässerung modernisieren
Die Ableitung des Regenwassers im Gewerbegebiet Nord wird für die Stadt Miesbach nun zur teuren Pflicht. Um die ausgelaufene Einleitgenehmigung für die Schlierach erneuern zu können, müssen die Entwässerungsanlagen ertüchtigt werden. Die Kosten liegen bei ungefähr 640.000 Euro.
Miesbach – Die Dramatik dieses Projekts war auf der Tagesordnung des Stadtrats deutlich abzulesen. Nachdem im Gremium erst im Zuge der erneut bekräftigten Sanierung des Warmfreibads die Forderung formuliert worden war, im Haushalt 2024 alles diesem Projekt unterzuordnen, kam mit der Entwässerung des Gewerbegebiets Nord der nächste Kostenhammer auf den Tisch: Für die Ertüchtigung der Entwässerungsanlagen fallen 640.000 Euro an. Ausgaben, die die Stadt mit Blick aufs Bad und ihre prekäre Finanzsituation aktuell überhaupt nicht brauchen kann. Dennoch sind sie unvermeidbar, wie Jürgen Brückner vom Tiefbauamt der Stadt betonte.
Genehmigung abgelaufen
Zwischen 1981 und 1986 wurde das Gewerbegebiet in den Bereichen Am Windfeld und Oskar-von Miller-Straße in zwei Abschnitten erschlossen. Dabei wurde laut Bericht der Verwaltung ein Abwassertrennsystem gebaut, das das anfallende Oberflächenwasser über Regenwasserkanäle in den verrohrten Aubach im Nordgraben einleitet, der wiederum zur Schlierach fließt. 1988 erteilte das Landratsamt dazu eine befristete wasserrechtliche Genehmigung. Die in der Regel auf 20 Jahre ausgestellte Erlaubnis ist mittlerweile ausgelaufen – die Stadt muss sie erneuern lassen.
Vorplanung im Januar 2022
Nach Aufforderung durch das Landratsamt wurden im Januar 2022 seitens der Stadt erste Voruntersuchungen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die bestehenden Entwässerungsanlagen nach dem aktuellen Stand der Technik zum teil nicht mehr zulässig sind und umfangreich umgebaut oder erneuert werden müssen.
Verzögert wurde das Verfahren offenbar durch das Landratsamt. Laut Bericht der Verwaltung hatte die Stadt am 13. Oktober 2022 die wasserrechtliche Erlaubnis beantragt, wurde sie nach Erinnerung durch Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) am 26. Oktober 2023 erstellt.
Zwei Standortvarianten
Entscheidend für die Kosten ist das nunmehr notwendige Regenwasserklärbecken, das bei zu viel Verschmutzung in den Schmutzwasserkanal umleiten und an zwei möglichen Standorten gebaut werden kann: entweder beim geplanten Abenteuer-Inklusionsspielplatz für 600.000 Euro oder im Bereich der neuen Stellplätze neben dem Gebäude des Förderkreises für 640.000 Euro. Den Vorzug bekam letztlich Variante zwei, weil hierbei nicht im Rahmen von Wartungs- und Reinigungsarbeiten in den Betrieb des Spielplatzes eingegriffen werden muss. Der Nachteil dabei ist allerdings, dass während der Bauzeit Einschränkungen des Straßenverkehrs nicht zu vermeiden sind.
Antrag auf Verschieben - geht das?
Mit Blick auf die zuvor beschlossene Badsanierung stellte Markus Seemüller (Freie Liste) als erster die unangenehme Frage: „Wann fangen wir damit an, den Haushalt um das Bad zu bauen?“ Deshalb regte er an, einen Aufschub der Maßnahme zu beantragen. Was Brückner als Option verneinte: „Wir haben aktuell keine Erlaubnis zum Einleiten in die Schlierach. Wenn etwas passiert, haben wir eine Havarie. Und das ist ein Straftatbestand.“ Wasserrecht habe die Stadt erst wieder mit Fertigstellung. Wobei Brückner zugab: „600.000 Euro sind ein Haufen Geld.“ Aber das hohe Gut der Wasserqualität habe im Lauf der Jahre zur Verschärfung der Vorschriften geführt.
Illegaler Zustand
Badreferent Erhard Pohl (CSU) griff Seemüllers Vorstoß dennoch auf: „Ob man es verschieben kann, muss man ausloten.“ Zwei Jahre mehr wären gut. Dem widersprach Bauamtsleiter Lutz Breitwieser deutlich: „Man kann einen illegalen Zustand nicht verlängern lassen.“
„Habt Ihr denn kein Gewissen?“
Paul Fertl (SPD) konnte dem Ansinnen, einen Antrag zur Verlängerung zu beschließen, nichts abgewinnen. „Ich habe bisher ein unbescholtenes Leben geführt“, stellte er fest und forderte namentliche Abstimmung. Inge Jooß (SPD) reagierte noch deutlicher: „Habt Ihr denn kein Gewissen? Dreckiges Wasser verstößt gegen alles, was ich mir vorstellen kann.“ Manfred Burger (Grüne) sah die Kostenkollision nicht so drastisch: „Beim Bad wird 2024 ein vergleichsweise kleiner Teil fällig. Da sollten wir das lieber 2024 abschließen.“ Am Ende wurde Variante zwei einstimmig beschlossen.
ddy