Rückzug angekündigt: Biden schickt Kamala Harris ins Rennen gegen Trump
Joe Biden hat seinen Rückzug vor der US-Wahl angekündigt – und spricht sich für Kamala Harris für die Nachfolge aus. Doch hat sie eine Chance gegen Trump?
Washington – Nach einer quälend langen Debatte hat er die Reißleine gezogen: US-Präsident Joe Biden hat überraschend seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur bekannt gegeben – und seine Vizepräsidentin Kamala Harris als potenzielle Nachfolgerin vorgeschlagen. Diese Ankündigung machte er auf den Social-Media-Plattformen X, Facebook und Instagram. Der 81-jährige Biden betonte, dass die Auswahl von Harris als Vizekandidatin im Wahljahr 2020 seine klügste Entscheidung gewesen sei.
„Heute möchte ich meine volle Unterstützung und Befürwortung dafür aussprechen, dass Kamala dieses Jahr die Kandidatin unserer Partei wird. Demokraten – es ist Zeit, zusammenzukommen und Trump zu besiegen“, teilte Biden wörtlich mit. Doch hat sie wirklich eine Chance gegen Donald Trump? Und stehen die Demokraten wirklich geschlossen hinter Harris? Bei beiden Fragen sind derzeit noch Zweifel angebracht.
Nachfolge für US-Wahl: Biden spricht sich nach Rückzug für Kamala Harris aus
Unabhängig von der jetzt entbrannten Nachfolge-Debatte um Kamala Harris hatte US-Präsident Joe Biden zuvor schon auf den sozialen Medien seinen Rückzug aus dem Rennen um die Präsidentschaft verkündet. In den letzten Wochen war er aufgrund seines Alters und seines geistigen Zustands innerhalb seiner eigenen Partei stark kritisiert worden. Bidens Rückzug kurz vor der Wahl stellt eine dramatische Wendung dar und verursacht zusätzliches Chaos in einem bereits historischen US-Wahljahr.

„Obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederwahl zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich mich zurückziehe und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere“, erklärte der Demokrat. „Ich werde im Laufe dieser Woche vor der Nation ausführlicher über meine Entscheidung sprechen.“
Harris statt Biden: US-Präsident zieht Reißleine – und kündigt Rückzug an
Nach einem katastrophalen Auftritt in einem Fernsehduell gegen Ex-Präsident Trump Ende Juni war Biden massiv unter Beschuss geraten. Während des verbalen Schlagabtauschs verlor der mächtigste Mann der Welt regelmäßig den roten Faden, starrte mit offenem Mund ins Leere und konnte oft seine Sätze nicht korrekt beenden. Schon vorher gab es innerhalb der Demokratischen Partei und in der Bevölkerung aufgrund von Bidens Alter Bedenken gegen seine Wiederwahlambitionen. Doch nach dem Duell entbrannte die Debatte über Bidens Eignung als Präsidentschaftskandidat der Demokraten in einem völlig neuen Ausmaß - und das öffentlich.
Nach dem Duell verschlechterten sich Bidens Umfragewerte noch weiter. Und in seiner eigenen Partei forderten immer mehr Mitglieder öffentlich seinen Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen. Jetzt gab Biden dem Druck nach.
Biden-Nachfolge: Demokraten müssen Kandidaten aufstellen – Kamala Harris stößt auf Konkurrenz
Die Demokraten stehen nun vor einer Mammutaufgabe. Sie müssen nun schnell in der Harris-Frage reagieren und die Nachfolge regeln. Es bleibt abzuwarten, ob die Partei Bidens Vorschlag annimmt und sich hinter Harris vereint. Die 59-Jährige war in ihrer Rolle als Vizepräsidentin neben Biden bisher eher unauffällig, erhielt jedoch aufgrund von Bidens Schwäche zuletzt die Unterstützung einer Reihe wichtiger Parteimitglieder. Die Demokraten nominieren ihren Präsidentschaftskandidaten offiziell bei einem Parteitag in Chicago Mitte August.
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Rein technisch wäre ein Kandidatenwechsel auf dem Parteitag noch möglich. Zwar hat Biden über 95 Prozent der Delegiertenstimmen in den Vorwahlen gewonnen, diese sind allerdings rechtlich nicht daran gebunden, für ihn zu stimmen. In einem denkbaren zweiten Wahlgang dürften dann auch die „Superdelegierten“ mit abstimmen – und diese sind frei in ihrer Stimmvergabe.
Kamala Harris oder Gavin Newsom: Für die Biden-Nachfolge gibt es mehrere Kandidaten
Doch ob sich die Demokraten hinter Bidens Vorschlag für seine Nachfolge versammeln, bleibt abzuwarten. So zeigte sich die bekannte Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez bereits mehr als zögerlich: „Wenn Sie denken, dass es einen Konsens unter den Leuten gibt, die wollen, dass Joe Biden geht, dass sie Vizepräsidentin Harris unterstützen, dann irren Sie sich“, hatte die Politikerin noch am Freitagmorgen bei Instagram Live gesagt. Tatsächlich hatten sich in den vergangenen Wochen und Monaten auch schon andere Kandidatinnen und Kandidaten hinter den Kulissen für eine mögliche Biden-Nachfolge ins Gespräch gebracht. Auf der Liste stehen neben Kamala Harris auch immer wieder die Namen von Gouverneur Gavin Newsom und Gouverneurin Gretchen Whitmer sowie von Verkehrsminister Pete Buttigieg.
Trump gegen Harris: Biden-Nachfolgerin hat Rückstand in den aktuellen Umfragen
Doch wer von ihnen hat die besten Chancen gegen Donald Trump? Das werden die Demokraten jetzt in Windeseile herausfinden müssen. Denn bislang gab es vor allem Umfragen zu Kamala Harris – und die zeichneten eher ein düsteres Szenario. Denn entschieden wird das Rennen vor allem in den sogenannten Swing States. In diesen entscheidenden Bundesstaaten lag Trump zuletzt vor Biden. Und auch mit Harris sah es nicht besser aus, im Gegenteil. Wie westen.de berichtet, würde sie in den Bundesstaaten Georgia, Florida und Nevada jeweils zehn Prozentpunkte hinter Trump liegen. In Pennsylvania und Arizona wäre der Abstand mit sieben bzw. sechs Prozent ebenfalls erheblich. Sprich: Nach aktuellem Stand gewinnt Trump das Rennen haushoch.
Vor diesem Hintergrund zeigte sich der frisch gekürte Präsidentschaftskandidat der Republikaner bereits am Sonntagabend sehr siegesgewiss. Seiner Ansicht nach sei es „leichter“, Kamala Harris bei den US-Präsidentschaftswahlen im November zu schlagen als Joe Biden, frohlockte Trump bereits laut dem US-Sender CNN. Doch ob das so ist, wird sich zeigen. Der US-Wahlkampf wird nun eine völlig neue Dynamik entfalten. (jkf/mit dpa und afp)