Während US-Präsident Donald Trump alles unternimmt, um Russlands Präsident Wladimir Putin in seinen Orbit zu ziehen, stehen in Peking die Kinnladen offen: Denn binnen 24 Stunden haben eine amerikanische und eine russische Delegation es geschafft, die Funkstille zwischen Moskau und Washington, die seit Putins Einmarsch in die Ukraine vor fast genau drei Jahren begann, zu beenden. Moskau scheint es dabei sogar gelungen zu sein, Donald Trump von der russischen Sicht auf den Krieg zu überzeugen.
So nennt Trump den ukrainischen Präsidenten Selenskyj einen „Diktator“, der mit Geld aus den USA einen Krieg gegen Russland angezettelt habe. Auch, so Trump, sei die Nato für den Kriegsausbruch verantwortlich und nicht der Aggressor im Kreml. Verzweiflung geht um in den Hauptstädten der westlichen Allianz, die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der vergangenen sieben Jahrzehnte liegt in Trümmern, die Zukunft der Nato ist fraglich. Das sollte Peking doch eigentlich freuen, oder?
Hinter den Kulissen liegen die Nerven blank in China
Nicht wirklich: In Peking versucht man, sich von offizieller Stelle bewusst cool zu geben und kommentiert lediglich, dass die kommunistische Führung des Einparteienstaats jede Initiative, die zum Frieden führen könnte, begrüßt. Hinter den Kulissen aber liegen die Nerven blank. Wenn Trump es gelingt, so die Furcht in Peking, einen Keil zwischen Putin und Xi Jinping, in die ganz spezielle Männerfreundschaft, wie die beiden ihr Verhältnis genannt haben, zu treiben, könnte Peking keinen Vorteil mehr aus der Isolation Russlands ziehen.
Denn seit Putin seinen Krieg angezettelt hat, hat Peking die Kriegsmaschinerie und die Wirtschaft Russlands über Wasser gehalten. Dafür wollte Peking am Ende eine gewisse Dividende einstreichen. Genauso wie für die Trump Administration könnten auch für Peking dabei die natürlichen Reserven an seltenen Mineralien, die im von Russland besetzten Osten der Ukraine unter der Erde zu finden sind, von Interesse gewesen sein.
Auch von einem Technologietransfer von Moskau nach Peking hat man in der Volksrepublik geträumt, denn in einigen Feldern der Rüstungstechnologie hat Moskau nach wie vor die Nase vorn. Das alles ist jetzt in der Schwebe.
China wäre selbst gerne Ukraine-Vermittler
China, so ist hinter verschlossenen Türen zu hören, wäre zudem gerne selbst als Akteur, als Mediator, in der Ukraine in Erscheinung getreten. Denn obwohl Peking in den vergangenen Jahren Russland radikal unterstützt hat, hieß es offiziell immer, die Volksrepublik sei neutral. Dass jetzt eine Konferenz stattfinden soll, an der nur die Supermächte Russland und USA teilnehmen, verbittert Xi. Denn er will, wie er mehr als einmal gesagt hat, China zurück an seinen vom Himmel vorherbestimmten Platz in der Mitte der Weltmächte führen.
In offiziellen Staatsmedien wird im Moment vor allem kolportiert, dass die Europäer verstimmt seien ob der Tatsache, dass man über ihren Kopf hinweg einen Friedensplan ausarbeiten will. Diese Verlautbarungen sollen von der eigenen Enttäuschung ablenken.
Will Trump China und Russland trennen?
Einige Kommentatoren in Peking sagen sogar, dass es Trump und seiner Administration darum gehe (und sie damit Erfolg habe), wie Kissinger und Nixon, Russland und China voneinander zu trennen. Trump, der auch einen großen Deal mit China im Auge hat, möchte immer nur mit einzelnen Akteuren verhandeln, niemals im Verbund. In diesem Eins zu Eins, so sein Kalkül, behält er die Oberhand, weil die USA gemeinhin über eine Menge Druckpotential verfügen. Das gilt besonders, wenn es sich um zwei Weltmächte wie Russland und China handelt.
Sollte Russland wirklich wieder zu den G7 hinzutreten, wie Trump es vorgeschlagen hat, und die Gruppe in der alten Gestalt der G8 fortbestehen, dürfte sich Moskau, so die Furcht in Peking, auch nicht mehr so intensiv an Xis Projekt einbringen. Er will eine Vergrößerung der BRICS-Staaten mit dem Ziel, die USA zu unterminieren und sich gegen US-Sanktionen zu immunisieren.
Ein außenpolitisches Desaster für Xi Jinping
Xi hat viel in die strategische Partnerschaft mit Russland investiert und dabei den Zorn von Kiews europäischen Verbündeten auf sich gezogen. Wenn Putin nun wieder das Pferd wechselt, ohne dass Peking zuvor eine ausreichende Gegenleistung für die Unterstützung des Kreml erhalten haben wird, wäre das ein Desaster für Xis Außenpolitik und ließe ihn schwach dastehen. Eine solche Entwicklung würde der chinesische Präsident sich nicht widerstandslos hinnehmen.