Deutschlands Wirtschaft unter Druck: Experten fordern mehr Schulden
Deutschlands Wirtschaft wankt: Neue Schulden die Lösung? Eindeutiger Experten-Rat
Hohe Energiepreise und sinkende Investitionen belasten die deutsche Wirtschaft. Experten sehen in einer erhöhten Schuldenaufnahme eine mögliche Lösung.
Die deutsche Wirtschaft ist mit hohen Energiekosten und einem Rückgang der Nachfrage konfrontiert. Dies führt zu Kosteneinsparungen in Unternehmen und einem Rückgang der ausländischen Investitionen, da Deutschland als teurer Standort angesehen wird. Prognosen zufolge wird Deutschland das zweite Jahr in Folge in eine Rezession rutschen. Daher fragen sich einige Experten, wann Deutschland den Mut aufbringen wird, mehr Schulden zu machen, um die Wirtschaft zu stimulieren. Denn, der allgemeine Konsens ist, dass Deutschland über genügend finanziellen Spielraum verfügt, um dies zu tun.

So viel mehr Schulden kann Deutschland laut Experten verkraften
Die deutsche Wirtschaft wird als „sicherer Hafen“ bezeichnet und es wird diskutiert, wie viel zusätzliche Schulden Deutschland bewältigen könnte. Bloomberg, das Nachrichtenmagazin, schreibt über die deutsche Wirtschaft: „Die Staatsfinanzen sind grundsolide“. Deutschland hat im Laufe der Jahre seine hohe Disziplin und Glaubwürdigkeit unter Beweis gestellt. Jetzt, so der Artikel, wäre es an der Zeit, diesen „sicheren Hafen“ zu nutzen und Schulden aufzunehmen. Die aufkommende Idee in politischen Kreisen ist, dass die neue Koalition, die im Februar bei den Neuwahlen gewählt wird, Hunderte von Milliarden Euro an Anleihen ausgeben sollte, um die Wirtschaft zu sanieren.
Guy Miller, Chef-Marktstratege bei Zurich, erklärt gegenüber Bloomberg: „Wenn diese Ausgaben produktiv eingesetzt werden und tatsächlich eine höhere Wachstumsdynamik in Deutschland ermöglichen, dann denke ich, dass die Anleger bereit sind, das zu unterstützen“. Das Vertrauen, das viele Anleger in Deutschland haben, zeigt sich in den Renditen des Landes. Die Zinserträge von 10-Jahres-Anleihen sind im Vergleich zu Frankreich und dem Vereinigten Königreich deutlich niedriger. Mitte November lag die Rendite für deutsche Anleihen bei 2,4 Prozent, in Frankreich bei 3,1 Prozent und in Großbritannien bei 4,5 Prozent. Anleger sind bereit, für die Sicherheit der deutschen Staatsanleihen weniger Zinsen zu akzeptieren. Die Kreditwürdigkeit wird von den drei großen Ratingagenturen mit AAA bewertet.
Miller argumentiert, dass die deutsche Wirtschaft mindestens fünf Prozent ihrer Produktion zusätzlich als Schulden aufnehmen könnte, das wären 220 Milliarden Euro. Derzeit ist die Schuldenbremse auf eine maximale Nettokreditaufnahme des Bundes von 0,35 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) begrenzt. Laut dem Statistischen Bundesamt betrug das BIP im vergangenen Jahr etwa 4,18 Billionen Euro, was eine zusätzliche Schuldenaufnahme von etwa 14,6 Milliarden Euro ermöglicht - nur einen Bruchteil des von Miller genannten Betrags. Experten des amerikanischen Finanzdienstleisters Vanguard gehen sogar davon aus, dass Deutschland im nächsten Jahrzehnt weitere 400 Milliarden Euro aufnehmen kann.
Schuldenaufnahme für globalen Wettbewerb entscheidend
Gareth Hill, Fondsmanager bei Royal London Asset Management, rät dringend dazu, mehr Schulden aufzunehmen. „Tut man das nicht und verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage, könnte das zu einem breiteren, womöglich europaweiten Abschwung führen, der letztlich noch kostspieliger werden könnte“, warnt er bei Bloomberg. Wenn die EU und ihre größte Wirtschaft, Deutschland, im Wettbewerb mit China und den USA mithalten wollen, sagt der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, dass weitere Investitionen in Höhe von 800 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich sein werden.
Die Verteidigungsausgaben in Deutschland müssen dringend erhöht werden, um das NATO-Ziel von zwei Prozent des BIP zu erreichen. Erst in diesem Jahr konnte Deutschland die Ausgaben auf zwei Prozent erhöhen. Donald Trump hat während des US-Wahlkampfes mehrfach angekündigt, die Unterstützung der USA zu reduzieren, wenn die geforderten Investitionsziele nicht erreicht werden.
Reform der Schuldenbremse? So steht CDU-Vorsitzender Merz zu der Idee
Viele Ökonomen sind sich einig, dass die Schuldenbremse auch eine Wachstumsbremse ist und daher reformiert werden muss. Friedrich Merz, der aktuelle Favorit für die Kanzlerschaft bei den Neuwahlen im Februar, ist offen für Verhandlungen über eine Reform unter strengen Bedingungen, schließt eine Abschaffung jedoch aus. Wenn die Gelder für Wachstumsförderung verwendet und die Sozialausgaben unter Kontrolle gehalten werden, könnte er sich eine Reform vorstellen. Für die Umsetzung wäre jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag erforderlich.
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Eine Möglichkeit, mehr Schulden trotz der Schuldenbremse aufzunehmen, könnten außerbudgetäre Fonds sein. Laut Bundesrechnungshof beläuft sich das Volumen der insgesamt 29 Fonds derzeit auf 869 Milliarden Euro. Aber es ist nicht so einfach. Denn die Einrichtung eines neuen Fonds erfordert ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit.