Der Bär ist zurück – doch wohin mit ihm? Warum Bruno bis heute ein Mahnmal ist
Am 26. Juni 2006 endete eine Geschichte, die Deutschland wochenlang in Atem gehalten hatte: Der Braunbär "Bruno" - wissenschaftlich JJ1 genannt - wurde im bayerischen Landkreis Miesbach erschossen. Er war der erste wildlebende Bär in Deutschland seit über 170 Jahren. 18 Jahre später erinnert der Bärengedenktag an sein Schicksal und mahnt: Sind wir heute besser vorbereitet für die Rückkehr großer Wildtiere und ein Zusammenleben in unmittelbarer Nachbarschaft?
Bruno war im Mai 2006 aus dem italienischen Trentino über Österreich nach Bayern eingewandert. Der junge Bär riss Schafe, plünderte Bienenstöcke und zog nachts durch Siedlungen - gesehen wurde er hingegen nur selten und stellte damit bis zuletzt keine unmittelbare Bedrohung für Menschen dar.
Nach wochenlangen vergeblichen Fangversuchen - selbst finnische Bärenexperten konnten nicht helfen - wurde Bruno am frühen Morgen des 26. Juni 2006 im Alter von 2 Jahren im Auftrag der bayrischen Landesregierung erschossen. Sein Tod löste eine heftige gesellschaftliche Debatte aus und zeigte auf, wie unvorbereitet Deutschland auf die Rückkehr der großen Beutegreifer war.
Über Moritz Klose
Moritz Klose ist Wildtierexperte und arbeitet als geschäftsführender Vorstand für die NABU International Naturschutzstiftung. Er beschäftigt sich vor allem mit Fragen rund um das Zusammenleben von Menschen und Wildtieren und setzt sich dafür ein, dass eine Nachbarschaft zwischen beiden gelingt. Auch persönlich ist er oft im Wald unterwegs, macht sich auf Spurensuche und erfreut mich an naturnahen Wäldern, wo der Mensch die Natur Natur sein lässt.
Europas Bären kehren zurück
In vielen Gebieten Europas kehrt Meister Petz dank strenger Schutzbemühungen zurück. Rund 20.000 Braunbären gibt es derzeit in Europa. Die größten Populationen leben in den Karpaten, insbesondere in Rumänien, aber auch in Skandinavien stabilisieren sich die Bestände.
Seit einigen Jahren erholen sich auch in den Alpen die Vorkommen, ausgehend von einem Wiederansiedlungsprojekt im italienischen Trentino und einwandernden Bären aus Slowenien. Auch in Österreich wurden in letzter Zeit immer wieder Bären nachgewiesen. Von hier aus ist eine weitere Zuwanderung nach Deutschland durchaus denkbar - und in den nächsten Jahren wahrscheinlich.
Immer mehr Ereignisse im Zusammenhang mit Bären haben in den letzten Wochen für Schlagzeilen gesorgt. So wurde kürzlich in der Slowakei wurde eine Notstandsregelung beschlossen: Etwa 350 Bären sollen - mit Hilfe des Militärs - geschossen werden, nachdem sich ein tödlicher Angriff ereignete. Zeitgleich wurde grünes Licht für den öffentlichen Verkauf von Bärenfleisch gegeben – eine kontroverse Maßnahme, die auf scharfe Kritik bei Umweltschützern stieß. In Vilnius, Litauen, sorgte eine etwa zweijährige Braunbärin für Aufsehen, nachdem sie zwei Tage lang durch Vororte und über Straßen streifte.
Die Regierung erteilte eine Schussgenehmigung – ein ungewöhnlicher Schritt –, doch Jäger verweigerten das Töten mit dem Hinweis auf ihre seltene, nicht-aggressive Präsenz. Der Bär verließ die Stadt schließlich selbst und kehrte in den Wald zurück. Auch aus Rumänien und Slowenien ist immer wieder von Begegnungen und Angriffen zu lesen.
Der Weg zu einer gemeinsamen Zukunft
Die Rückkehr der Bären nach Europa ist eine Erfolgsgeschichte des Naturschutzes und dass ein Zusammenleben zwischen Mensch und Bären möglich ist, darüber sind sich Experten einig. Zentrale Bausteine sind ein gezieltes Management sogenannter Problem-Bären, die Sicherung von Nutztieren (zum Beispiel durch Elektrozäune oder Herdenschutzhunde), sowie intensive Aufklärungsarbeit in betroffenen Regionen. Zudem ist es wichtig, Bären nicht anzufüttern und menschliches Verhalten anzupassen – etwa durch richtiges Verhalten bei Begegnungen in der Natur.
Forschung und Monitoring helfen, Populationen besser zu verstehen und Konflikten früh vorzubeugen. Langfristig braucht es eine Kombination aus Schutz und gesellschaftlichem Dialog, um Mensch und Bär in Einklang zu bringen. Ob daraus auch eine Erfolgsgeschichte für Deutschland wird, liegt in unseren Händen. Bruno's Vermächtnis sollte nicht der Beweis unserer Hilflosigkeit sein, sondern der Ansporn, es beim nächsten Mal besser zu machen.
Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.