Clan-Angehörige schlagen Klinikpersonal zusammen: „Beim Thema Integration ist da Hopfen und Malz verloren“
Patienten-Angehörige verletzten Klinikmitarbeiter teils schwer. Die Polizei sieht Verbindungen zum Clan-Milieu. CDU-Politikerin Serap Güler bringt neue Maßnahmen ins Spiel.
Essen – Die Attacke ging ausgerechnet gegen diejenigen, die helfen wollten: Am Freitagnachmittag (20. September) haben Angehörige eines Patienten Mitarbeiter des Essener Elisabeth-Krankenhauses mit Tritten und Schlägen traktiert. Mindestens sechs Menschen wurde verletzt – eine 23-jährige Klinikmitarbeiterin so schwer, dass sie stationär behandelt werden musste. Die Polizei nahm vorübergehend einen 41-Jährigen mit türkisch-libanesischer Herkunft fest, die Ermittler sehen Verbindungen zum sogenannten kriminellen Clan-Milieu.
Clan-Attacke auf Klinik in Essen: „Noch nie dagewesene Aggressivität und Gewalt“
Der Vorfall schlägt hohe Wellen, Klinik-Geschäftsführer Peter Berlin spricht von einer „Zäsur“: „Denn hier hat eine bisher noch nie dagewesene Aggressivität und Gewalt gegenüber Mitarbeitenden unseres Hauses stattgefunden.“ Auch die Berliner Politik beschäftigt sich mit dem Fall. „Der Vorfall in Essen schockiert mich. Wenn Menschen, die unser Leben retten, in Kliniken angegriffen werden, sagt das leider viel über den derzeitigen Zustand unserer Gesellschaft aus“, sagt die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler, die im Ruhrgebiet aufgewachsen ist, IPPEN.MEDIA. Der Fall zeige, dass „Respekt vor grundlegenden Werten“ verloren gehe.

Im Essener Klinikum arbeiten seit dem Vorfall Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes rund um die Uhr und kontrollieren die Eingänge. Verständlich, findet Güler: „Wir sollten generell darüber nachdenken, unsere Einsatzkräfte stärker zu schützen. Sei es mit Sicherheitspersonal oder Notrufsystemen, die schnelle Hilfe garantieren“, fordert die Politikerin.
Kriminalbeamter: „Denen ist alles egal, die benehmen sich wie eine Axt“
Es ist nicht das erste Mal, dass Rettungskräfte derart brutal angegangen wurden. Diesmal hatte ein Reanimationsteam versucht, das Leben eines schwer kranken, älteren Patienten zu retten. Als die Mitarbeiter der Familie die Nachricht von dessen Tod überbrachten, eskalierte die Situation.
Mahmoud Jaraba vom Forschungszentrum für Islam und Recht in Europa forscht seit Jahren zu Clanstrukturen. Es sei schwierig, den Fall abschließend zu interpretieren, doch es gebe zumindest Erklärungsansätze für solch ein Verhalten, so Jaraba im Gespräch mit dieser Redaktion: „In Familienstrukturen, die stark von Clan-Dynamiken geprägt sind, spielt die Familienehre eine zentrale Rolle. Wenn der Eindruck entsteht, dass ein Angehöriger in einer kritischen Situation – wie etwa dem Tod eines Familienmitglieds – nicht respektvoll behandelt wurde, kann dies zu übersteigerten Reaktionen führen.“ Solche Vorfälle resultierten oft aus der tiefen emotionalen Verbundenheit und großen Loyalität innerhalb der Familie.
„Beim Thema Integration ist in diesem Fall Hopfen und Malz verloren“, findet Oliver Huth, NRW-Chef vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Er sieht „gravierende Sozialisierungsdefizite“: „Denen ist alles egal, die benehmen sich wie eine Axt und denken, dass sie machen können, was sie wollen“, sagt Huth IPPEN.MEDIA.
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Klar sei, dass das nicht für alle Menschen aus der libanesischen Community gelte. „Aber bei einigen, die kriminell werden, kommen wir mit Verständnis für andere Kulturen nicht weiter“, so Huth. Wichtig seien als Signal jetzt schnelle Gerichtsverfahren gegen die mutmaßlichen Täter.
CDU-Vorständin Güler zum Vorfall an Klinik in Essen: „Fass zum Überlaufen gebracht“
Auch CDU-Bundesvorstandsmitglied Güler sagt: „Sollten kriminelle Clan-Strukturen dahinterstecken, wurde mit diesem Vorfall das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Die Polizei müsse „endlich die Mittel und den Rückhalt bekommen, Clan-Strukturen effektiv und nachhaltig zu zerschlagen“. Allerdings reiche es nicht, nur zu reagieren, so Güler: „Die Jugend darf gar nicht erst in diese Strukturen abrutschen. Dafür brauchen wir mehr Prävention, Bildung und echte Chancen.“
Viele der Angehörigen, die heute dem sogenannten Clan-Milieu zugerechnet werden, haben Vorfahren, die in den 80er-Jahren nach Deutschland gekommen waren. Die wenig präventiv gestaltete Migrationspolitik vergangener Jahrzehnte ist hochumstritten. Jahrelang hatten Behörden die Menschen, die oft nur einen Duldungsstatus hatten, sich selbst überlassen, sagen Kritiker. Manche fingen an, kleine Gaunereien zu begehen, Ladendiebstähle, Hehlerei. Aus manchen Kleingrüppchen von Gelegenheitsdieben sind inzwischen kriminelle Organisationen geworden.