Wegen Massentourismus: Italien will Touristen mit Neuerung zu verborgenen Urlaubs-Perlen führen
Italien leidet zunehmend unter dem Massentourismus. Eine neue App soll Reisende zu unbekannteren Sehenswürdigkeiten lenken und somit den Touristenstrom neu verteilen.
Bari – Italien zieht jedes Jahr Millionen von Touristen an, die die berühmten Städte und Sehenswürdigkeiten des Landes besuchen. Doch dieser Massentourismus hat gravierende Folgen: Beschädigungen von historischen Attraktionen, überfüllte Straßen, steigende Preise und eine zunehmende Belastung der lokalen Bevölkerung sind die Kehrseite der Geldeinnahmequelle. Eine innovative App namens „Unexpected Italy“ will nun eine Lösung bieten, um den Touristenstrom besser zu verteilen und gleichzeitig die Schönheit Italiens neu zu entdecken.
Der sogenannte „Overtourism“, Übertourismus, also die übermäßige Konzentration von Touristen auf wenige beliebte Orte, ist in Italien ein immer größer werdendes Problem. Städte wie Rom, Venedig und Florenz sind besonders stark betroffen. In diesen Städten konzentrieren sich, laut Guardian, bis zu 70 Prozent aller Touristen auf lediglich ein Prozent der italienischen Sehenswürdigkeiten. Das Ergebnis: Überfüllte Plätze, lange Warteschlangen und eine zunehmende Frustration sowohl bei den Einheimischen als auch bei den Touristen selbst.
Massentourismus in Italien: Ein wachsendes Problem
Diese Entwicklung führt nicht nur zu einer Verschlechterung der Lebensqualität in den betroffenen Städten, sondern auch zu einem Verlust der Authentizität. Die charmanten Gassen, die einst das Herzstück dieser Städte ausmachten, werden zunehmend von Menschenmassen überflutet, und viele Einheimische sehen sich gezwungen, ihre Viertel zu verlassen.
Inmitten dieser wachsenden Herausforderungen hat ein Team um die Italienerin Elisabetta Faggiana eine App entwickelt, die den Tourismus in Italien in neue Bahnen lenken könnte. „Unexpected Italy“ wurde ins Leben gerufen, um Reisende von den überlaufenen Hotspots wegzulocken und ihnen stattdessen weniger bekannte, aber ebenso faszinierende Orte zu zeigen.

„Unexpected Italy“: Eine App gegen den Touristenansturm
Elisabetta Faggiana, eine der Gründerinnen der App, erklärt gegenüber vipiu.it: „Unsere App ist eine Lonely Planet 3.0, die Reisende wie Einheimische fühlen lassen soll. Wir wollen die Besucher abseits der klassischen Touristenpfade führen und ihnen ermöglichen, Italien auf eine authentische und nachhaltige Weise zu erleben.“
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Die App bietet eine Vielzahl von Funktionen, die darauf abzielen, den Reiseprozess zu personalisieren. Nutzer können digitale Reiserouten erstellen, die auf ihre spezifischen Interessen und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Diese beinhalten nicht nur kulturelle und historische Sehenswürdigkeiten, sondern auch Empfehlungen für Restaurants, Cafés und lokale Märkte, die in den üblichen Reiseführern oft nicht zu finden sind, wie die Entwickler versprechen.
Vicenza: Ein Beispiel für Tourmismus-Juwelen abseits der Hotspots
Ein Paradebeispiel für die Möglichkeiten von „Unexpected Italy“ ist die Stadt Vicenza, die trotz ihrer kulturellen Bedeutung bislang relativ unbekannt geblieben ist. Vicenza war die Heimat des Renaissance-Architekten Andrea Palladio, dessen Werke die Stadt prägen. Dennoch wird Vicenza oft von Touristen übersehen, die sich stattdessen auf die bekannteren Städte in der Region konzentrieren. Dort sind die Verhältnisse mittlerweile aber schon so schlimm, dass sich Einheimische zu Protesten auf den Straßen versammeln.
Durch die App können Reisende nun die alternativen Sehenswürdigkeiten dieser Stadt entdecken, wie das Teatro Olimpico, das älteste überdachte Theater der Welt, oder das charmante B&B La Scuola, das in einer alten Dorfschule untergebracht ist. Faggiana betont die Bedeutung solcher Orte: „Wir wollen die Menschen dorthin bringen, wo sie die wahre Essenz Italiens spüren können. Vicenza ist eine Stadt, die viel zu bieten hat, aber oft übersehen wird. Unsere App hilft dabei, diese Perlen ans Licht zu bringen und den Touristenstrom neu zu verteilen.“

Nachhaltigiger Tourismus: Unexpected Italy als Lösung
„Unexpected Italy“ zielt nicht nur darauf ab, den Touristenstrom besser zu verteilen, sondern auch auf die Förderung eines nachhaltigen Tourismus. Die App lenkt Reisende bewusst zu weniger frequentierten Orten, wodurch die überlaufenen Städte entlastet werden und gleichzeitig die lokale Wirtschaft in den kleineren, oft weniger bekannten Regionen Italiens gestärkt wird.
Elisabetta Faggiana und ihr Team betonen gegenüber vipiu.it: „Es geht nicht nur darum, neue Orte zu entdecken. Wir wollen auch sicherstellen, dass die Menschen, die diese Orte besuchen, respektvoll mit den lokalen Kulturen und Traditionen umgehen. Wir glauben, dass durch eine gezielte Steuerung des Tourismus sowohl die Besucher als auch die Einheimischen profitieren können.“
Ob das Konzept letztlich erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Italien hat zwar viele reizvolle Alternativen zu bieten, aber Rom, die UNESCO-Stadt Florenz und das romantisierte Venedig, ziehen die meisten Touristen nicht ohne Grund an – trotz bereits eingeführter Maßnahmen, wie zum Beispiel die 2024 eingeführte Eintrittspauschale für Tagesbesucher in Venedig. Ob „Unexpected Italy“ tatsächlich dazu beitragen kann, den Touristenstrom besser zu verteilen, wird sich voraussichtlich erst 2025 zeigen, da die Hauptsaison der Sommerurlaube 2024 bald zu Ende geht. (ls)