„Kahlschlag“ bei Witwenrente: Dieses Land schafft Rente für Hinterbliebene nach wegweisendem Urteil ab
In der Schweiz ist das Verfahren zur Witwenrente nach hinten losgegangen. Statt einer Verbesserung kam es zur Abschaffung dieser Hinterbliebenenrente.
Bern – In Deutschland sind viele Formen der Rente, wie die Witwenrente oder die Mütterrente immer wieder ein großer Zankapfel in und außerhalb der Politik. Unter anderem steht die Frührente genauso am Pranger wie das größte sozialpolitische Projekt der Ampel-Koalition: das Rentenpaket II. Die neue Renten-Reform ist weiterhin nicht beschlossen und könnte nach dem neuerlichen Zoff über das durchgesickerte 18 Seiten Papier von Finanzminister Christian Lindner (FDP) nun vollends auf der Kippe stehen.
Witwenrente abschaffen: Deutsches Nachbarland ändert Rechtslage für die Rente nach einer Klage
Während in Deutschland die Debatten über die Rente nicht abreißen, sollten die Diskussionen nach einem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in einem anderen Land bei der Witwenrente ein Ende genommen haben. Denn infolge des Urteils hat die Regierung in Bern die Witwenrente in ihrer bisherigen Form nun abgeschafft.
Erfolgt ist dieser weitreichende Schritt nach einer Klage zur Witwenrente, bei der sich der Kläger durch das Rentenrecht in der Schweiz benachteiligt fühlte. Die Folge ist, dass beide Hinterbliebenenrenten in der Schweiz in Zukunft die gleiche Behandlung erfahren, indem sie abgeschafft werden. Ende 2023 bezogen rund 190.000 Personen – mehrheitlich bereits im Rentenalter – eine Witwer- oder Witwenrente. In der Schweiz betrug die durchschnittliche Witwenrente rund 1600 Franken, also rund 1700 Euro. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben auf gut zwei Milliarden Franken.
Abschaffung der Witwenrente: Hinterbliebenrenten behandelten Geschlechter in der Schweiz ungleich
Zum Hintergrund: Bis zum wegweisenden Urteil zur Witwenrente waren die Hinterbliebenenrenten für Frauen und Männer in der Schweiz unterschiedlich geregelt. Während bei der Witwenrente ein lebenslanger Anspruch bestand, wurde die Witwerrente nur bis zur Mündigkeit des jüngsten Kindes ausgezahlt. Daher forderte der EGMR die Schweiz auf, diese Ungleichheit zu beenden.
Mit der Abschaffung der Witwenrente gelingt es der Schweiz zwar, Geld bei den Sozialausgaben zu sparen. Dieser Umstand stößt aber im Land auf einige Kritik. Denn der Schweizer Bundesrat reagierte auf das Urteil des EGMR nicht so, wie es für viele im Land wünschenswert gewesen wäre: Anstatt wie erhofft die Witwerrente ebenfalls als Dauerrente zu gewähren, hat sie stattdessen die Witwenrente als Dauerrente gänzlich abgeschafft.
Widerstand gegen die Abschaffung der Witwenrente in der Schweiz: „Kahlschlag“ ist „empörend“
In der Politik und bei Verbänden regt sich offener Widerstand. Sie kritisieren die Änderung zu Lasten der Frauen, da die Witwenrente in der Schweiz nur noch für bestimmte Zeiträume gezahlt wird. Witwen erhalten die Witwenrente nur noch maximal bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes. Eine längere Zahlung gibt es nur, wenn die Witwe ein behindertes Kind betreut. Laufende Witwenrenten für über 55-Jährige bleiben bestehen. Jüngeren Witwen werden die Renten nach einer Übergangsphase von zwei Jahren, wenn sie kein unterhaltsberechtigtes Kind betreuen, gänzlich gestrichen.
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Die Sozialdemokratische Partei (SP) hat bereits angekündigt, die Abschaffung der Witwenrente nicht auf sich sitzen lassen zu wollen. Ihnen stößt sauer auf, dass die Reform zu einem finanziellen Abbauprogramm umfunktioniert werde. „Nein zum Kahlschlag bei den Witwenrenten“, heißt es in einer Mitteilung. Und SP-Nationalrätin Barbara Gysi wird sogar noch deutlicher: „Dass der Bundesrat auch laufende Witwenrenten streichen will, ist empörend.“ Gerade für schlechter gestellte Frauen könne es fatal sein, wenn eine Rente nach vielen Jahren einfach so wegfalle.
Abschaffung der Witwenrente in der Schweiz muss viel Kritik einstecken: Kommt Kehrtwende bei der Dauerrente?
Auch der Verwitweten-Verein Aurora kritisierte die Vorlage, bei der Männer zwar die Witwerrente nicht mehr nur zur Mündigkeit, sondern bis zum 25. Lebensjahr ihres jüngsten Kindes erhalten. „Indem die Gleichstellungsvorlage parallel als Sparvorlage herhält, wird damit eine indirekte Diskriminierung der Frauen geschaffen“, monierte er und warnte: „Die vorgesehene leichte Verbesserung der Situation von hinterlassenen Vätern geht einher mit einer massiven Verschlechterung für die hinterlassenen Mütter.“
Bei den bürgerlichen Parteien hingegen rannte der Abbau der Witwenrenten zunächst offene Türen ein. Die SVP etwa erachtete die Abschaffung der lebenslänglichen Witwenrente vor kurzem noch „als längst fälligen Schritt“, bevor es zu einer plötzlichen Kehrtwende kam. Jedenfalls erklärte der Präsident der SVP bei blick.ch plötzlich, dass seine Partei der Reform doch nicht bedingungslos zustimmen werde, da die Rententhematik bei der eigenen Basis ein zu sensibles Thema sei. „Der Staat verschenkt haufenweise Geld ins Ausland und will bei den eigenen Leuten sparen, das sorgt bei der Bevölkerung für Ärger.“ Der Bundesrat solle zuerst bei sich selbst sparen, statt auf dem Rücken von Witwen, so der Parteichef weiter.
Witwenrente abschaffen: Anpassung der Hinterbliebenrente auch ein Vorbild für Deutschland
Während das Gerichtsurteil zur Abschaffung der Witwenrente geführt hat, scheint das letzte Wort zu dieser Regelung aber noch nicht gefallen zu sein. Auch in Deutschland kommen immer wieder Diskussionen über die Abschaffung der Mütterrente oder der Witwenrente auf.
Allerdings spielt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hierzulande keine Rolle. Denn die Hinterbliebenenrente ist für Witwen und Witwer in Deutschland gleich geregelt. Ein Ampel-Streit weniger, der sich um die Rente oder das Bürgergeld dreht, der sogar die Kassen-Beiträge von Rentnern betrifft. Auch wenn ein Urteil bei der Witwenrente in Deutschland für Aufsehen gesorgt hat.