Raimund Novak ist Chef des DGB. Er kämpft für faire Löhne, gegen Kündigungen und ist an vielen Fronten unterwegs. Und trotzdem sieht der die Wirtschaftslage nicht sonderlich düster
Es sind harte Zeiten für die Wirtschaft. Kurzarbeit, Insolvenzen, massive Gewinneinbrüche: Nicht selten werden solche schlechten Nachrichten zu existenzbedrohenden Szenarien für Mitarbeiter, die um ihren Job bangen. Dagegen macht sich Raimund Novak mit seinem Team stark. Der 44-jährige Notfallchirurg ist Chef des DGB im Landkreis. Der Familienvater möchte eine starke Stimme für die Perspektive der Arbeiter sein – und freut sich über Rückenwind.
Herr Novak, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren vor sich hin, einige Unternehmen kämpfen gegen die drohende Insolvenz. Was heißt das für die Rolle der Gewerkschaften?
Diese schwierige wirtschaftliche Situation zu begleiten, ist eine unserer größten Aufgaben aktuell. Natürlich sehen wir überall in Deutschland, Bayern und der Region, was passiert. Viele Firmen müssen sparen. Unser Ansatz ist, dass das nicht auf Kosten der Mitarbeiter gehen kann, während andere – wenige – immer noch Riesenboni einstreichen. Und man darf auch nicht vergessen, dass manche Branchen Rekordgewinne einfahren, ohne einen fairen Anteil an der Finanzierung unseres Gemeinwesens zu leisten, weil sie ihre Steuerlast auf ein Minimum drücken. Die Perspektive der Arbeitnehmer müssen wir immer wieder präsent machen. Das ist nicht leicht: Die Superreichen, die CEOs, die haben eine gute Lobby. Wir finden: Alle kämpfen mit steigenden Lebenshaltungskosten – da müssen auch die Löhne Schritt halten. In den Zeiten der Krise und der Transformation brauchen Arbeitnehmer eine starke Vertretung, die mitgestalten kann.
Wie schaffen Sie das vor Ort?
Wir legen den Finger darauf, dass die Transformationen solidarisch ablaufen. Wir führen Gespräche und erklären, warum es einfach nicht geht, dass die Boni gleich bleiben, während Mitarbeiter, die 40 Jahre dabei sind, entlassen werden. Wir begleiten die Betriebsräte, stehen ihnen in den Umstrukturierungen bei. Ich weiß, dass das wichtig ist. Als Geschäftsführer hat man sonst vielleicht einen etwas eingeschränkten Blickwinkel.
Wollen sie den erweitern?
Ja, so kann man es sagen. Ich möchte zeigen: Wenn ihr etwas sinnvoll verändern wollt, dann geht das nur mit der Belegschaft. Nicht gegen sie.
Es gibt einige Beispiele in der jüngeren Vergangenheit, bei denen Arbeitnehmer mit dem Miteinander nicht so wirklich zufrieden waren: Ein Betriebsrat der Firma Stöger hat Hausverbot bekommen. Der Schraubautomaten-Hersteller Weber bereitet sich auf eine Verschlankung vor – also Rauswürfe. Was können Sie tun?
Der DGB muss eine Anlaufstelle für die Menschen sein, die sich in solchen Prozessen ungerecht behandelt fühlen. Arbeitnehmer, die sich ausgepresst fühlen, müssen bei uns eine Unterstützung erfahren. Der Ärger in der Königsdorfer Firma (Stöger, Anm. d. Red.) ist ein Beispiel dafür, wo uns das geglückt ist. Wir haben dem Betriebsrat einen Wohnwagen organisiert, in dem er sein mobiles Büro aufgebaut hat. Wir haben mit der Belegschaft eine Demo organisiert. Wir waren vor Ort.
Neuwahlen beim DGB
Die Kreisgruppe des DGB hat ihre Führung bestätigt. Raimund Novak bleibt Chef, Klaus Barthel Vize. „Wir brauchen einen Gerechtigkeitsschub in unserem Land“, betonte der alte und neue DGB-Anführer. Christian De Lapuente, Geschäftsführer der DGB-Region Oberbayern, gratulierte dem neuen Kreisvorstand und unterstrich die Bedeutung des Arbeitszeitgesetzes: „Der Acht-Stunden-Tag ist ein zivilisatorischer Fortschritt, kein Auslaufmodell. Das Arbeitszeitgesetz schützt die Gesundheit der Beschäftigten und sichert ihnen Zeit für Familie, Erholung und gesellschaftliches Engagement. Wer an diesem Schutz rüttelt, gefährdet langfristig die Lebensqualität der Menschen.“
Honorieren die Menschen die Arbeit?
Wir sind umso stärker, je mehr Menschen wir sind. Das ist ja ganz klar. Seit Jahren gibt es mehr Eintritte in den DGB, wir sind ein bisschen im Aufwind.
Weil die Neumitglieder Ihre Arbeit so toll finden – oder geht es um blanke Existenzangst und Kündigungen?
Die Gründe sind vielseitig. Einige wünschen sich eine solidarischere Politik, andere finden unser Engagement gut. So oder so hilft es uns, weil wir mit jedem Mitglied an Gewicht gewinnen.