Diese Entlastungen plant die Ampel bei Rente, Einkommenssteuer und E-Autos
Seit Wochen ist das Wachstumschancengesetz quasi Hoffnungsträger für ganze Branchen. Nun steht nur noch eine Hürde vor ihm. Welche Entlastungen kommen auf Unternehmen und Bürger zu?
Berlin – Branchenübergreifend verlangen Verbände und Unternehmen einen Abbau der Bürokratie und Steuererleichterungen, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht weiter im internationalen Vergleich abrutscht. In der Politik herrscht seit Monaten Streit darüber, welche Schritte der Wirtschaft helfen würden. Sowohl Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) halten Impulse für notwendig. Nun könnte es so weit sein: Das Wachstumschancengesetz rückt näher, wenn auch in abgespeckter Form. Wir haben einen Blick auf einige der wichtigsten Änderungen geworfen.
Steuererleichterungen durch Wachstumschancengesetz
Das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“, das zur besseren Handhabe sogar in der Internetpräsenz der Bundesregierung einfach Wachstumschancengesetz heißt, soll grundsätzlich die finanzielle Situation von Unternehmen in Deutschland verbessern. Außerdem soll es langfristig dafür sorgen, dass Unternehmen mehr investieren und Innovationen wagen können.

Der aktuelle Gesetzesentwurf umfasst zahlreiche Änderungen, verglichen mit dem ursprünglichen Regierungsentwurf. Zum Beispiel ist das Entlastungsvolumen von sieben Milliarden auf 3,2 Milliarden Euro geschrumpft. Weiterhin fehlt ein Kernstück des Gesetzes: die Klimaschutz-Investitionsprämie.
Diese Steuererleichterungen bringt das Wachstumschancengesetz bei der Rente
Dafür aber ergreift die Bundesregierung bei der Einkommenssteuer mehrere Schritte, um die Steuerlast für Rentner zu senken. Das geht mit zweierlei Entlastungen für Rentner los. Erstens soll das Wachstumschancengesetz die Doppelbesteuerung für Rentner eliminieren. Die kam beim Umbau des Rentensystems zustande; in einigen Fällen ist der steuerfreie Rentenzufluss geringer als die versteuerten Rentenbeiträge. Das bedeutet, dass auf schon versteuerte Rentenbeiträge im Ruhestand noch einmal Steuern anfallen können.
Darum hat die Regierung beim Wachstumschancengesetz ein neues Besteuerungsmodell beschlossen. Sollte es in Kraft treten, würde der Besteuerungsanteil neuer Renten rückwirkend ab 2024 nur noch in 0,5-Prozent-Schritten ansteigen, nicht (wie es jetzt gerade der Fall ist) in 1-Prozent-Schritten. Die Rentenbezüge von Neurentnern würden dann erstmals ab 2058 voll besteuert werden.
Die zweite Entlastung findet sich im Altersentlastungsbetrag. Dabei handelt es sich um einen Freibetrag, der dann zum Tragen kommt, wenn Steuerzahler vor dem aktuellen Veranlagungszeitraum das 64. Lebensjahr erreicht haben. Das Finanzamt berechnet ihn automatisch; hier geht es um eine ergänzende Steuerfreistellung für Personen, deren Altersversorgung nicht nur aus Renten oder Pensionen besteht. Zum Beispiel im Rahmen von Vermietung. Der Beitrag sollte eigentlich bis 2040 auf null sinken, und zwar in Schritten von 0,8 Prozentpunkten. Durch das Wachstumschancengesetz sinkt diese Rate auf 0,4 Prozentpunkte.
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Mehrbesteuerung durch Wachstumschancengesetz entfällt
Eine weitere Neuerung bei der Einkommenssteuer: Bei Gewinnen aus privater Veräußerung soll sie erst dann anfallen, wenn der im Kalenderjahr erzielte Gesamtgewinn weniger als 1000 Euro beträgt. Bislang, also ohne das Wachstumschancengesetz, liegt diese Freigrenze bei 600 Euro. Ehegatten, die zusammen zur Einkommenssteuer veranlagt sind und beide jeweils Veräußerungsgewinne erzielen, haben jeweils eine einzelne Freigrenze.
Leider entfällt der höhere Fördersatz für die steuerliche Förderung von energetischer Renovierung. Dieser war ursprünglich im Wachstumschancengesetz vorgesehen. Gleichzeitig aber entfällt auch die Mehrbesteuerung auf die sogenannte Dezemberhilfe von 2022.
Entlastungen im Wohnungsbau
Beim Wohnungsbau will die Regierung eine degressive Abschreibung für Gebäude, die entweder Wohnzwecken dienen und wie vom Steuerpflichtigen hergestellt sind, einsetzen. Diese soll die Bau- und Immobilienbranche stärken. Ursprünglich war eine degressive AfA in Höhe von sechs Prozent geplant, nun sind es noch fünf Prozent. Diese Abschreibung soll den anfangs schnellen Wertverlust von Immobilien kompensieren.
„Wer mit dem Bau innerhalb der nächsten sechs Jahre beginnt, soll die neue AfA nutzen können“, sagte Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, dazu. „Die degressive AfA für den Wohnungsbau hat das Potenzial, die Bau- und Immobilienbranche deutlich zu stärken.“ Der Baubeginn eines Wohngebäudes muss zwischen dem 1.10.2023 und dem 30.9.2029 liegen, damit die Erbauer die AfA nutzen können.
Eine ähnliche Regelung soll für „bewegliche Wirtschaftsgüter“ gelten. Diese müssen die Unternehmen nach dem 31. März 2024 und vor dem 1. Januar 2025 anschaffen oder herstellen.
Steuererleichterung für Elektrofahrzeuge
Mit dem Wachstumschancengesetz soll außerdem eine neue Sonderregelung zur privaten Nutzung von betrieblichen E-Autos kommen. Künftig soll nur noch ein Viertel der Bemessungsgrundlage (Bruttolistenpreis) und ein Viertel der Anschaffungskosten oder vergleichbarer Aufwendungen anzusetzen sein.
Kurz gesagt: Für die Nutzung von elektrischen Dienstwagen fallen weniger Steuern an. Betroffen sind ausschließlich reine Elektroautos und Brennstoffzellenfahrzeuge. Der bestehende Höchstbetrag für das E-Auto steigt von 60.000 Euro auf 70.000 Euro. Ursprünglich war eine Obergrenze von 80.000 Euro vorgesehen.
Neue Rahmenbedingungen für eRechnung und Kleinunternehmer
Bei der Umsatzsteuer sollen zum Beispiel Steuerbefreiungen für Verfahrenspfleger und Verfahrensbeistände in Kraft treten. Kleinunternehmer sollen außerdem künftig von der Übermittlung von Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr befreit sein. Diese Regelung soll erstmals für den Besteuerungszeitraum 2024 gelten. Vor der Entscheidung des Vermittlungsausschusses war es der Zeitraum 2023 gewesen.
Weiter gibt es eine Anpassung bei der sogenannten eRechnung. Ihre Verwendung soll ab 2025 für die Meldung von Umsätzen im B2B-Bereich durch Unternehmer obligatorisch sein. Ab diesem Zeitpunkt müssen Unternehmen elektronische Rechnungen in einem strukturierten Format ausstellen und übermitteln, damit sie als elektronische Rechnungen gelten. Andernfalls, zum Beispiel bei Papierrechnungen, landen sie in der Sparte „sonstige Rechnung“.
Änderung bei der Erbschaftssteuer
§ 7 des Erbschaftssteuergesetzes sieht vor, dass die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch die Leistung von Zuwendern an die Gesellschaft als Schenkung gilt. Bislang galten hier nur als „an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Personen oder Stiftung“ als Bedachte, das Wachstumschancengesetz fügt den Bedachten auch persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien vor.
Und zuletzt betrifft das Wachstumschancengesetz auch Versicherungsunternehmen. Sollten sie vor Entrichtung oder Sicherstellung der Erbschaftssteuer eine zu zahlende Versicherungssumme oder Leibrente ins Ausland zahlen, haften sie in Höhe des ausgezahlten Betrags für die Steuer. Die Finanzbehörde darf die bestehende Haftung erst ab der sogenannten Nichtaufgriffsgrenze geltend machen. Diese betrug bislang 600 Euro, soll aber durch das neue Gesetz auf 5000 Euro steigen.
Ausblick – Wo steht das Wachstumschancengesetz?
Das Wachstumschancengesetz schlägt in Deutschlands Politik hohe Wellen. Der Regierungsentwurf hatte im parlamentarischen Verfahren keine Mehrheit gefunden, später hatte sich ein Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat auf eine Beschlussempfehlung geeinigt. Das war am 21. Februar. Der Bundestag hatte diese Empfehlung am 23. Februar angenommen. Um endgültig in Kraft zu treten, braucht das Wachstumschancengesetz noch die Zustimmung des Bundesrats. Eine entsprechende Sitzung soll am 22. März 2024 stattfinden.
Danach tritt das Gesetz entweder in Kraft – oder die Politik muss erneut nachjustieren, damit auch die Unionsparteien CDU/CSU, die das Gesetz bislang geblockt hatten, zufrieden sind. Die wichtige Investitionsprämie, die nachhaltige Vorhaben bezuschussen sollte, war bereits gefallen.