Friedenstruppen in der Ukraine: Jetzt bringt sich China in Stellung

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In den Ukraine-Krieg ist Bewegung gekommen, eine diplomatische Lösung könnte kurz bevorstehen. Auch China nutzt die Gunst der Stunde.

Kein Land in Europa blickt derart negativ auf China wie die Ukraine. Fast jeder dritte Ukrainer betrachtet die Volksrepublik einer neuen Umfrage zufolge als Gegner, mit dem sich das eigene Land in einem Konflikt befinde. Dennoch sagen fast ebenso viele Ukrainer, dass China ein „notwendiger Partner“ sei.

Möglicherweise stimmt beides. Einerseits hat sich China mit Beginn des Ukraine-Kriegs auf die Seite des Aggressors gestellt: Peking stärkt in dem fast drei Jahren währenden Krieg dem Kreml diplomatisch den Rücken und liefert Moskau zudem Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Auch hat China die russische Wirtschaft vorm Totalabsturz bewahrt.

Gleichzeitig aber scheinen viele Ukrainer trotz all dem noch immer zu hoffen, die Regierung in Peking könnte einen Beitrag dazu leisten, den Krieg zu einem gerechten Ende zu führen. „Das wird ein Wendepunkt für Europa, die USA und China sein“, sagte der ehemalige ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz der South China Morning Post.

China will stärkere Rolle im Ukraine-Krieg spielen

Und tatsächlich bringt sich Peking jetzt, da eine diplomatische Lösung so nahe scheint wie nie, in Stellung. So berichtete das Wall Street Journal vor wenigen Tagen unter Berufung auf Quellen aus Peking und Washington, dass Peking eine stärkere Rolle in dem Konflikt spielen wolle, der Vorstoß in den USA aber kritisch gesehen werde. Demnach schweben Peking Friedensgespräche unter Beteiligung der USA, Russlands und Chinas vor – aber ohne die Ukraine und die europäischen Staaten.

Die Gespräche zwischen den USA und Russland in Riad von Beginn der Woche fanden jedenfalls den Beifall der chinesischen Regierung. „China unterstützt alle Bemühungen, die dem Frieden förderlich sind“, sagte Chinas Außenminister Wang Yi am Dienstag vor den Vereinten Nationen. Und aus dem Pekinger Außenamt hieß es am selben Tag: „Wir hoffen, dass alle betroffenen Parteien und Interessengruppen zu gegebener Zeit an Friedensgesprächen teilnehmen werden.“ Ob damit auch die Ukraine und die Europäer gemeint sind, die in Riad nicht mit am Tisch saßen, oder gar China selbst, ließ der Sprecher des Außenamts offen.

Peking verweist in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg immer wieder auf einen Sechs-Punkte-Friedensplan, den China zusammen mit Brasilien 2024 präsentiert hatte. Zuletzt brachte Peking zudem vermehrt die sogenannten „vier Punkte“ von Staatschef Xi Jinping ins Spiel. Darunter die Forderung, die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder zu respektieren. Den Rückzug der russischen Truppen aus den besetzten Teilen der Ukraine fordert China allerdings nicht. Auch spricht Peking bis heute nicht von einem Krieg oder verurteilt den russischen Einmarsch. Wolodymyr Selenskyj, der ukrainische Präsident, nannte den Plan von China und Brasilien denn auch „destruktiv“.

Wladimir Putin (r), Präsident von Russland, steht neben Xi Jinping (l), Präsident von China, während des traditionellen Gruppenfotos am zweiten Tag des 16. BRICS-Gipfels.
Enge Verbündete: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin. © Kristina Kormilitsyna/Brics-Russ/dpa

Schickt China Friedenstruppen in die Ukraine?

Manch einer in China glaubt dennoch an eine größere Rolle des Landes bei einem möglichen Friedensprozess. Zhou Bo, ein ehemaliger General der chinesischen Volksbefreiungsarmee, brachte am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz chinesische Friedenstruppen ins Spiel, um einen möglichen Waffenstillstand abzusichern. China verfüge über „ausreichend Truppen und militärische Stärke“, um einen Beitrag zu den internationalen Nachkriegsanstrengungen zu leisten, sagte Zhou der South China Morning Post.

Auch in den USA gibt es offenbar entsprechende Überlegungen. So berichtete am Sonntag das britische Magazin Economist, amerikanische Regierungsbeamte könnten sich chinesische oder brasilianische Truppen bei der Sicherung einer Waffenstillstandslinie vorstellen. Aus der chinesischen Regierung hieß es dazu lediglich, man kommentiere keine hypothetischen Fragen. Den Vorstoß zurückweisen wollte ein Außenamtssprecher allerdings auch nicht.

Unklar ist, ob China überhaupt in der Lage wäre, einen signifikanten Beitrag zu einer friedenserhaltenden Mission zu leisten. „China hat kaum Erfahrung in Bereichen wie Mediation oder Peacekeeping“ und könne die USA deswegen kaum ersetzen, sagte China-Expertin Julia Gurol-Haller vom German Institute for Global and Area Studies unlängst unserer Redaktion.

China und Russland: enge Partner – auch im Ukraine-Krieg

Ein Ende des Ukraine-Kriegs wäre wohl im Sinne Pekings. Denn der Konflikt hat Lieferketten ins Wanken gebracht, auch leidet das Ansehen Chinas im Westen massiv unter der Unterstützung für den russischen Aggressor. So betrachten nur noch 28 Prozent der Deutschen China als Partner, wie die eingangs erwähnte Umfrage zeigt.

Von Moskau aber wird sich Peking kaum abwenden. Zu eng sind die Bande zwischen Xi Jinping und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, zu groß ist der chinesische Hunger nach Öl, Kohle und vor allem Gas, die Russland zum Schnäppchenpreis an die Chinesen liefert. „Wenn wir kein Öl von Russland kaufen würden, wer kann uns dann soviel Öl verkaufen, dass wir unsere Menschen mit Öl versorgen können?“, sagte Chinas Außenminister Wang am Wochenende in München.

Vor allem aber sieht Xi sich und Putin als Vorhut einer neuen, multipolaren Weltordnung. Dass sich die USA unter Donald Trump derzeit in atemberaubender Geschwindigkeit von der Welt abschotten, spielt Xi in die Karten. Xi Jinping sieht seine Zeit gekommen, egal, was aus der Ukraine wird.

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