Senioren: Kempten will Selbstständigkeit im Alter erhalten

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Das neue Seniorenpolitische Gesamtkonzept für Kempten sieht zahlreiche Maßnahmen vor, unter anderem Digitalberater, die Wissen an die Senioren weitergeben. Das vornehmliche Ziel des Gesamtkonzepts: Die Selbständigkeit im Alter erhalten. © Symbolfoto © Bildagentur PantherMedia / prometeus

Der Koordinator für das Seniorenpolitische Gesamtkonzept in Kempten Christoph Burandt erläuterte im Ausschuss für soziale Fragen neue Maßnahmen und Ziele.

Kempten – Seit der Verabschiedung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts (SPGK) der Stadt Kempten durch den Stadtrat im Jahr 2011 sind viele der damals beschlossenen Maßnahmen bereits umgesetzt worden, eine Fortschreibung des Konzepts ist daher geboten. Der neue Koordinator Christoph Burandt erläuterte im Ausschuss für soziale Fragen die einzelnen Prozesse und formulierte neue Maßnahmen und Ziele.

Seniorinnen und Senioren wollen selbständig sein

Unumstrittenes Ziel des SPGK sei, erklärte Christoph Burandt eingangs, eine möglichst hohe Selbstständigkeit im Alter zu gewährleisten, denn dies sei auch das, was die Seniorinnen und Senioren wollten und wünschten.

Zu den bereits umgesetzten Maßnahmen zählen etwa die Einrichtung einer Koordinationsstelle SPGK, die Weiterentwicklung des Seniorenbeirats zum Seniorenpolitischen Beirat, die Erarbeitung eines Quartierskonzepts, die Schaffung von Anlaufstellen für ältere Menschen, der Aufbau des Unterstützungsnetzwerks MitMenschen Kempten, die Schaffung eines Beratungszentrums Pflege und Demenz sowie die Einrichtung einer Fachstelle für Wohnberatung und Wohnraumanpassung.

Ein Mann lächelt in die Kamera
Der neue Koordinator des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts Christoph Burandt. © Hermann Rupp Kempten

Großteil der Pflege erfolgt zu Hause

Das Fortschreibungskonzept berücksichtigt die Pflegebedarfsplanung des Basis-Instituts und die Ergebnisse einer Befragung von 2500 Kemptener Bürgerinnen und Bürgern im Alter Ü60 aus dem Jahr 2021. Erstere habe ergeben, dass es 2040 rund 4.200 Pflegebedürftige in der Stadt geben werde. Aktuell seien es 3.755 ergänzte Burandt.

In über 80 Prozent der Fälle würden die Angehörigen die Pflege übernehmen. Aktuell gebe es in Kempten 15.771 Menschen, die 65 Jahre und älter seien (Stand: 31. Dezember 2023). Die Themenfelder der Bürgerbefragung waren „Nahversorgung“, „Mobilität“, „Soziale Kontakte“, „Freizeitgestaltung“, „Freiwilliges Engagement und Ehrenamt“, „Wohnen im Alter“, „Alltagspraktische Hilfen“ sowie „Vorsorge und Information über städtische Angebote“.

Viele Bürgerinnen und Bürger haben am Seniorenpolitischen Gesamtkonzept in Kempten mitgewirkt

Der Prozess der Fortschreibung des SPGK habe insgesamt von November 2022 bis Januar 2024 gedauert. Burandt sprach von einem breiten Beteiligungsprozess mit insgesamt 20 Workshops, 70 beteiligten Personen und multiprofessionellen Arbeitsgruppen. Dabei wurden relevante Handlungsfelder festgelegt, das alte Konzept überarbeitet und neue Arbeitsgruppen gebildet.

Zu den Handlungsfeldern gehören etwa „Bürgerschaftliches Engagement“, „Demenz, Psychische Erkrankungen und ältere Menschen mit Behinderung“, „Digitalisierung“, „Pflege und pflegende Angehörige“, „Wohnen und neue Wohnformen“, das Thema „Hospiz“ und „Palliativversorgung“, „Menschen mit Migrationshintergrund“, „Quartiersarbeit“ sowie „Bildungs- und Freizeitangebote“.

Zur Ausarbeitung der Ziele des SPGK habe man insgesamt fünf Workshops gebildet und deren Ergebnisse bereits im März 2023 im Seniorenpolitischen Beirat vorgestellt, berichtete Burandt weiter. Die hierfür erforderlichen Maßnahmen wurden bereits im Juli 2023 ebenfalls im Seniorenpolitischen Beirat vorgestellt. Ziel weiterer fünf Workshops war es, einzelne Maßnahmen zu priorisieren.

Digitalberater sollen älteren Menschen helfen

Burandt betonte, dass die Umsetzung der Maßnahmen und Ziele des SPGK ein stetiger Prozess bleiben werde und nicht alles gleichzeitig angegangen werden könne. Man habe dabei ein bis zwei konkrete Projekte pro Themenfeld benannt, die zeitnah – also noch in diesem Jahr – umgesetzt werden können. Hierzu zählen beispielsweise beim Handlungsfeld „Digitalisierung“ digitale Wissensvermittlung durch junge Digitalberater, die an Schulen ausgebildet werden.

Austausch mit Hochschule zu neuen Wohnformen für Senioren

Im Themenfeld „Pflege und pflegende Angehörige“ sollen Beratungen dort angeboten werden, wo Angehörige bereits sind, etwa in der Tagespflege oder in Pflegeheimen. Im Bereich „Wohnen und neue Wohnformen“ strebt man beim Austausch zum Thema Wohnen eine engere Vernetzung mit der Hochschule Kempten an. Darüber hinaus sind aber auch viele weitere Maßnahmen in Vorbereitung, die kurzfristig (ein bis zwei Jahre), mittelfristig (zwei bis drei Jahre) und langfristig (strategisch) umgesetzt werden sollen.

Oberbürgermeister Thomas Kiechle betonte, dass das SPGK eine der ganz zentralen kommunalpolitischen Aufgaben sei, weil es alle alternden Menschen betreffe, also alle Kemptenerinnen und Kemptener.

Neue Entwicklungen bei der Nachfrage nach Pflegeleistungen

Auch Professor Dr. Robert Schmidt (CSU) begrüßte das Konzept und seine Fortschreibung. Er gehe davon aus, dass künftig mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen von ihren Angehörigen gepflegt werden. Aus der Diakonie gebe es neue Entwicklungen, die überraschten: „Die Nachfrage nach ambulanten Pflegeleistungen ist rückläufig, obwohl die Zahl der zu Pflegenden zunimmt“, ebenso die Nachfrage in der stationären Pflege.

Hierfür habe man zwei Ursachen ausgemacht: So sei etwa die Eigenbeteiligung in der stationären Pflege für viele nur noch über die Sozialhilfe tragbar – „Ein riesiges gesamtgesellschaftliches Problem.“ Auch sei die Corona-Zeit für die Entwicklungen verantwortlich: Die damaligen Erfahrungen in der stationären Pflege schreckten viele ab. Umso wichtiger sei es, dass die Stadt sich einbringe und die Menschen unterstütze.

Der Ausschuss für soziale Fragen befürwortete im Anschluss die Fortschreibung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts und empfahl dem Stadtrat einstimmig, dieses zu beschließen.

Das SPGK kann unter www.kempten.de/epaper/Seniorenpolitisches_Gesamtkonzept/#16 eingesehen werden.

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