„Fühlt sich mit Putin wohler“: Heusgen hat Vermutung zu Trumps G7-Knall – und sieht klare „Provokation“
Plötzlich waren es nur noch sechs. Donald Trump verlässt den G7-Gipfel vorzeitig. Wegen der Nahost-Lage? Diplomat Christoph Heusgen hat im ARD-Interview eine eigene Vermutung.
Calgary – Doppel-Knall beim G7-Gipfel in Kanada! Nachdem eigentlich angekündigt worden war, dass es keine gemeinsame Erklärung geben solle, veröffentlichten die teilnehmenden Länder kurzfristig doch ein einheitliches Statement zur Nahost-Eskalation zwischen Israel und dem Iran. Deutlich überraschender war allerdings, was danach passierte: US-Präsident Donald Trump verließ den Gipfel einfach, reiste vorzeitig ab.
Donald Trump reist vorzeitig von G7-Gipfel ab – Heusgen äußert Vermutungen im ARD-Gespräch
Nun wird viel spekuliert über die Gründe von Trumps plötzlichem Aufbruch aus Kanada. Mischt sich die USA nun etwa doch mehr in den Konflikt zwischen Israel und dem Iran ein? Ein Post von Donald Trump auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social, in dem er die Menschen in Teheran zur Evakuierung aufforderte, ließ einige Vermutungen dahingehend zu. Möglich aber auch, dass Trump – bekanntlicher Weise kein großer Fan des G7-Formats – einfach bereits die Nase voll hatte. Christoph Heusgen, ehemaliger Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, äußert im ARD-Morgenmagazin Vermutungen zu den Gründen der Abreise – und auch zu den Auswirkungen.
„Ganz klar kann man das von hier nicht sagen“, erklärt Heusgen vorab zur Abreise Trumps vom G7-Gipfel. Vermutungen hat er trotzdem. Es könne darauf hindeuten, dass „die USA entgegen dem, was Präsident Trump gesagt hat, selber in den Krieg einsteigt“, mutmaßt er mit Blick auf die Krise in Nahost. Er bezweifle dies allerdings.
Mangelndes Interesse? Heusgen sieht Indizien für Gründe von Trumps G7-Abreise
Viel mehr vermutet er eine „Geste von Trump, der das G7-Format eigentlich gar nicht so gerne mag“. Dafür sprechen auch vor dem Gipfel in Kanada geäußerte Zweifel aus aller Welt, ob der US-Präsident überhaupt am Treffen teilnehmen würde. Dazu würde auch der Eklat passen, den Trump 2018 beim G7-Gipfel in Kanada provozierte. Damals zog Trump seine Zustimmung zur gemeinsamen Erklärung zurück.
Die überraschende Erklärung der G7-Vertretenden zum Israel-Iran-Konflikt wertet Heusgen als „ein Minimum der Gemeinsamkeit“. In gewissem Sinne handele es sich beim Ergebnis eher um „Banalitäten“, erklärt er weiter. Der Versuch einer gemeinsamen Lösung war aber da und auch positiv, doch es habe bei Trump „nicht dafür gereicht, ihn so zu interessieren, dass er auch am zweiten Tag noch dabei ist.“
Auswirkungen von Trumps G7-Abgang: „Fühlt sich sichtbar mit Putin wohler“
Ein Warnzeichen für einen tatsächlichen Eintritt der USA in den Israel-Iran-Konflikt hält Heusgen ob der zuvor von Trump getätigten Aussagen für unwahrscheinlich, er vermutet einfach eine „Geringschätzung“ des Formats durch Trump. Er möge es nicht, einer unter vielen zu sein.
Für die Ukraine fürchtet Heusgen durchaus Auswirkungen. Er betont zwar, dass die Lage von Deutschland aus schwer einzuschätzen sei. Aber: „Wir merken immer wieder, dass er doch diesen Hang hat, mit Putin über alle möglichen Sachen zu diskutieren.“ Sein hartes Fazit: „Er fühlt sich sichtbar mit Putin wohler, als mit Selenskyj“.
Trump-Abgang besonders für G7-Gäste harter Schlag: „Gewisse Provokation“
Für weitere Partner, wie eben den anreisenden ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj oder auch Indiens Premier Modi, ist Trumps frühzeitige Abreise ein schwerer Dämpfer. Auch hier erkennt Heusgen eine „gewisse Provokation gegenüber den Gästen, die extra für G7 nach Kanada gereist sind“.
Ukraine-Präsident Selenskyj wird etwa am heutigen Dienstag in Kanada vor Ort erwartet. Eigentlich hatte er sich erhofft, durch Gespräche mit Trump den Druck auf Putin erhöhen zu können. Nun muss er sich mit den anderen G7-Chefs um Merz begnügen, deren Rückendeckung ihm deutlich gewisser ist. Derweil feuert Russland einen Großangriff auf Kiew, der zahlreiche Todesopfer fordert.