Bedrohung durch Russland: Nato-Staat droht Putin mit Vergeltung für „Gewaltakte“

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Sabotage, Cyberangriffe, Spionage: Die Nato sieht sich von Russland massiv bedroht – und droht Putin mit Reaktionen. Vor allem in Polen will man aufrüsten.

Brüssel – In Europa herrscht eine neue Eiszeit: Im Zuge des Ukraine-Krieges steuert die Nato mit Russland auf eine immer größere Konfrontation zu. Durch die Zunahme von russischen Sabotage-, Spionage- und Cyberattacken auf dem Bündnisgebiet wähnt sich die westliche Militärallianz mehr und mehr in einem hybriden Krieg mit Moskau. Aus dem Nato-Hauptquartier kam deswegen jetzt eine eindringliche Warnung an Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Denn in einigen Mitgliedsländern steigt bereits die Sorge, dass es nicht nur bei dieser Art von Angriffen bleiben könnte.

Spionage und Sabotage aus Russland: Nato warnt vor „bösartigen Aktivitäten“

So wirft die Nato in einer Erklärung dem Kreml aktuell gezielte „bösartige Aktivitäten“ und „Gewalttaten“ auf dem Bündnisgebiet vor. „Die Nato-Verbündeten sind zutiefst besorgt über die jüngsten bösartigen Aktivitäten auf dem Territorium der Alliierten, darunter jene, die zur Untersuchung und Anklageerhebung gegen mehrere Personen im Zusammenhang mit feindlichen staatlichen Aktivitäten in Tschechien, Estland, Deutschland, Lettland, Litauen, Polen und dem Vereinigten Königreich geführt haben“, zitierte das US-Nachrichtenmagazin Newsweek aus dem Papier.

Betreibt mit Hackern innerhalb der Nato einen Schattenkrieg: Russlands Präsident Wladimir Putin. © Sofia Sandurskaya/Lino Mirgeler/dpa/Montage

Konkrete Details wurden in der Erklärung dem Bericht zufolge nicht aufgeführt. Doch innerhalb des Nordatlantikpakts geht man von einer bewussten Strategie Moskaus aus, die Attacken auf die Nato-Partner zu verstärken. Allgemein ist in der Stellungnahme die Rede von einer Zunahme von Sabotage, Gewalttaten, Cyber- und elektronische Störungen, Desinformationskampagnen und anderen hybriden Operationen.

Putins Hacker bedrohen Sicherheit: Nato-Länder sehen Provokationen – Baerbock verspricht Reaktion

Tatsächlich flogen zuletzt verschiedene Provokationen auf: Erst vor zwei Wochen wurden in Deutschland zwei Männer festgenommen, die für Russland in Deutschland militärische Anlagen ausspionieren wollten. Außerdem wurden im Juni 2023 die E-Mail-Konten des SPD-Parteivorstandes von Hackern geknackt. Am Freitag (3. Mai) ordnete Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den Cyberangriff explizit der russischen Gruppe APT28 zu, die in Verbindung mit Putins Auslandsgeheimdienst GRU stehen soll. „Das ist völlig inakzeptabel und wird nicht ohne Konsequenzen bleiben“, sagte die Politikerin laut der Nachrichtenagentur dpa zu dem Vorfall. Darüber hinaus werden auch immer wieder Russland-Kontakte der rechtspopulistischen AfD kritisch beäugt, wodurch der Kreml offenbar auch einen Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen will.

Doch nicht nur in Deutschland führen Putins Spione einen Schattenkrieg. Auch in osteuropäischen Ländern wie Lettland, Litauen oder Polen kam es zuletzt immer wieder zu Festnahmen. Und auch aus Großbritannien wurden zunehmende Aktivitäten des Kreml gemeldet.

Kalter Krieg zwischen Nato und Russland: Generalsekretär will Hilfe im Ukraine-Krieg forcieren

Die Nato selber führt dies eindeutig auf die Unterstützung der Ukraine in ihrem Angriffskrieg gegen Russland zurück. Doch von den Provokationen will sich das Militärbündnis nicht einschüchtern lassen, im Gegenteil. Nachdem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bereits Anfang der Woche deutlich gemacht hatte, dass die Nato trotz militärischer Erfolge von Russlands Armee an der Ukraine-Front nicht nachlassen werde, die Verteidiger mit Waffen und Munition zu versorgen, schickte die Allianz jetzt noch eine Warnung hinterher – und drohte Putin mit Konsequenzen.

Die Nato-Länder würden „einzeln und gemeinsam“ auf die Bedrohung reagieren, hieß es in der Erklärung. Und weiter: „Wir werden unsere Widerstandsfähigkeit weiter stärken und die uns zur Verfügung stehenden Instrumente anwenden und verbessern, um russischen hybriden Aktionen entgegenzuwirken und sie zu bekämpfen. Wir werden sicherstellen, dass das Bündnis und die Verbündeten bereit sind, hybride Aktionen oder Angriffe abzuschrecken und uns dagegen verteidigen.“

Säbelrasseln mit der Nato: Putins Armee taucht gefährlich nah am Luftraum der Nato-Mitglieder auf

Doch in Moskau zeigt man sich noch unbeeindruckt von dieser Kampfansage. Trotz der veröffentlichten Erklärung ließ auch Putins Armee umgehend die Säbel rasseln. So wurden erst am Donnerstag vier russische Militärflugzeuge in der Nähe des US-Luftraums entdeckt. Laut Newsweek wurden die Jets in der Alaska Air Defense Identification Zone (ADIZ) beobachtet, was dem Bericht zufolge eine Art Pufferzone ist. Damit waren sie noch nicht in amerikanisches Hoheitsgebiet eingedrungen. Doch es reichte, um die US-Luftwaffe zu alarmieren. Auch über der Ostsee waren derartige Aktivitäten zuletzt vermehrt beobachtet worden. Erst im April mussten Bundeswehr-Kampfjets aufsteigen, um russische Flieger nahe der polnischen Grenze zu identifizieren.

Angst vor Angriff aus Russland: Polen fordert Aufbau einer „schweren Brigade“ in Europa

Vor allem in Polen sieht man die Drohkulisse, die Putin aufbauen lässt, mit wachsender Sorge. In Warschau geht man davon aus, dass es nicht nur unbedingt bei hybriden Angriffen bleiben muss. In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem polnischen Fernsehsender TVP World erläuterte der polnische Außenminister Radosław Sikorski, dass man „überhaupt nicht überrascht“ sei, wenn Russland die Nato auch direkt angreifen würde. Neben der verstärkten Cyberabwehr forderte er auch eine gezielte Aufrüstung an der Nato-Ostflanke. „Ich persönlich bin – sowohl in meiner früheren Funktion im Europaparlament als auch jetzt – für eine starke Brigade, eine schnelle Reaktionsfähigkeit der EU, damit wir nicht bei jedem Notfall in unserer Peripherie auf die Ressourcen der USA zurückgreifen müssen“, sagte Sikorski. (jkf)

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