„China ist die größte Bedrohung“ – Wie Trumps neuer Vize J. D. Vance die Weltwirtschaft beeinflussen würde

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Politischer Hardliner: Trump-Vize J.D. Vance findet, Frauen sollten auch in gewalttätigen Beziehungen bleiben © picture alliance/dpa/AP | Charles Rex Arbogast

Donald Trump geht mit J. D. Vance als seinen Vize-Präsidenten in den US-Präsidentschaftswahlkampf im November. Der Senator von Ohio ist für seine aggressive China-Politik bekannt.

Washington – Nach monatelangen Spekulationen hat sich Donald Trump nun endgültig festgelegt: Am gestrigen Montag, 15. Juli 2024, nominierte er J. D. Vance als seinen Vize-Präsidenten für die anstehende US-Präsidentschaftswahl im November. Und nur kurze Zeit später gab der 39-jährige Senator von Ohio im Interview mit Fox News direkt einen Vorgeschmack darauf, wie der Kurs einer neuen Regierung mit ihm aussehen dürfte: „China ist unsere größte Bedrohung, von der wir aktuell komplett abgelenkt sind.“

Mit diesem Konfrontationskurs gegenüber China steht Vance voll auf Trumps Linie: Für seine zweite Amtszeit hatte dieser Einfuhrzölle von zehn Prozent auf alle Importe angekündigt – mit Ausnahme von chinesischen: Für Produkte aus China sollen es 60 Prozent sein. Im ebenfalls kürzlich verabschiedeten Parteiprogramm heißt es gar, dass die republikanische Partei Chinas Status als „most-favoured-nation“ beenden möchte. Konkret wirft Trump China vor, mit der billigen Exportpolitik den heimischen US-Markt zu zerstören. Diese „Nutznießer“-Stellung will der Republikaner nun einfangen, indem er Chinas Einfuhr von wichtigen Produkten unterbindet. Auch will er den Konkurrenten künftig daran hindern, sich weiter in den US-amerikanischen Industrien oder dem Immobilienmarkt einzukaufen.

Harter Wirtschaftskurs: Vance folgt Trumps aggressive Politik gegen China

Vance ist als ein sogenannter Aisa-First-Republikaner ein Anhänger dieser Politik – sein Ziel: Die USA solle künftig den Blick mehr auf China statt auf andere Brandherde in der Welt richten. Das lässt sich bereits jetzt aus der Vielzahl an verbalen Angriffen und konkreten Gesetzesvorschläge gegen China entnehmen, die Vance in den vergangenen Jahren getätigt hat. Dieser Position zugrunde liegt seine Meinung, dass China heute größere industrielle Power habe als die USA – und somit auch militärisch drohe, stärke zu werden. Das teilte er der New York Times mit. Für Vance sei es von essenzieller Bedeutung, den Einfluss des „größten Konkurrenten der kommenden 20 bis 30 Jahre“ einzudämmen.

Dafür fordert er einen härteren Wirtschaftskurs gegenüber China. Gezielt gehe es darum, die chinesische Einwirkung auf das amerikanische Bildungssystem oder die Finanzmärkte zu reduzieren. Hierzu brachte er in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche Gesetzesentwürfe in den Senat ein. Zudem drückte er im Mai in einem Brief an den Direktor der Cybersecurity and Infrastructure Security Agency, einer Unterabteilung des Heimatschutzministeriums der USA, seine Besorgnis über die chinesische Hackergruppe Volt Typhoon aus. Diese sei eine vom chinesischen Staat unterstützte Hackergruppe, die es auf die US-Infrastruktur abgesehen hätte, hieß es in einem Schreiben des US-Senats.

Wie Trump: Vance fordert Strafzölle gegen Chinas Elektroindustrie

Auch bezüglich nachhaltiger Elektromobilität bezog er klar Stellung: So hetzte er gegen Elektroautos und forderte stattdessen eine rund 7.500 US-Dollar hohe Steuergutschriften für den Kauf von in den USA gefertigten diesel- und gasbetriebenen Fahrzeugen – mit einem Seitenhieb auf China: „Wenn wir irgendetwas subventionieren, dann sollten es die Arbeiter in Ohio sein und nicht die grünen Energie-Tagträume, die ihre Arbeitsplätze nach China verlagern.“ Für jene chinesischen Import-Fahrzeuge solle die USA Strafzölle in Höhe von 20.000 US-Dollar erheben. Joe Biden warf er in dem offiziellen Schreiben zudem vor, mit seiner Politik die chinesische Monopolstellung in Bezug auf globale Lieferketten in der Autoindustrie und seltene Erden nur noch mehr zu zementieren. Wie Trump sprach er auf X (vormals Twitter) von einem „Blutbad“, das die amerikanische Autoindustrie treffen würde.

Man müsse „die amerikanische Industrie vor der gesamten Konkurrenz schützen“, fasste er in der CBS-Sendung „Face the Nation“ seine Attacken zusammen. Die Kritik von Wirtschaftswissenschaftlern und Ökonomen, dass diese Pläne in einer höheren Inflation münden würden, wies er im selben Zug resolut zurück: Für ihn seien Zölle ein Instrument der Bestrafung für die „Sklavenarbeit in China“, um diese Waren in die Vereinigten Staaten zu importieren. Laut Politico befürwortet Vance sogar eine Abwertung des Dollars, um die heimische Industrie aufzuwerten.

Hillbilly Elegy: Vance erlebte wirtschaftlichen Niedergang in eigener Biografie

Die aggressive Zoll-Agenda von Vances hat ihren Ursprung in seinem eigenen Leben: Bereits in seiner 2016 erschienen Biografie „Hillbilly Elegy“ erzählte der damals 31-Jährige, wie er den Niedergang der Stahlindustrie in Ohio miterlebte. Aufgrund des günstigeren Stahls aus China schlossen die Fabriken in den US-Staaten Ohio, Michigan oder Pennsylvania – Amerikas sogenannter Rust Belt – und wanderten nach Fernost ab. Die daraus resultierende Arbeitslosigkeit von Millionen US-amerikanischer Arbeiter traf auch Vances eigene Familie: Sein Vater war häufig nicht zu Hause, während seine Mutter drogenabhängig wurde.

Auch deshalb will Vance diesen leidigen Status quo künftig mithilfe von Zöllen umkehren – und die Stahlindustrie wieder aufpeppeln.

Wie tief sein Patriotismus liegt, zeigte sich in einem ungewöhnlichen Lob für seinen heutigen Konkurrenten. Als Biden 2022 den „CHIPS and Science Act“ verabschiedete, um die US-amerikanische Chip-Produktion anzukurbeln, galt Vance als einer der wenigen republikanischen Unterstützer. Er sprach sogar von einem „großartigem Gesetz“. Es mache laut Vance keinen Sinn mehr, die taiwanische Wirtschaft und Chipindustrie finanzielle zu unterstützen. „Wenn China Taiwan einnehmen sollte, würde daraus eine Wirtschaftskrise in den USA resultieren.“  In diesem Zuge forderte er die US-Regierung auf, sich militärisch vorzubereiten, Taiwan im Falle eines Konflikts mit China zu helfen.

Trump ernennt Vance während Chinas Kommunistische Partei tagt

Vance Ernennung zum Vize-Präsidenten kam zu einem pikanten Zeitpunkt. Nahezu zeitgleich begann am Montag in China das Strategietreffen der Kommunistischen Partei, dem sogenannten „Dritten Plenum“. Auf dem alle fünf Jahre stattfindenden Zusammentreffen beraten die Führungskader des Zentralkomitees über die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Und wie das Pekinger Statistikamt mitteilte, entsprach diese im zweiten Quartal nicht den Erwartungen: So wuchs die chinesische Wirtschaft in diesem Zeitraum um 4,7 Prozent. In den beiden vorherigen Quartalen war noch ein Wachstum um 5,3 bzw. 5,2 Prozent erreicht worden. Die chinesische Wirtschaft steht aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit – speziell bei jungen Menschen – sowie der anhaltenden Immobilienkrise unter Druck. Auch deshlab empfahl Internationale Währungsfonds (IWF) China unlängst, die Inlandsnachfrage zu steigern und den Konsum anzukurbeln. Nur über diese Art des nachhaltigen Wachstums sei das von Staatschef Xi Jinping angestrebte Ziel, die stärkste Hightech-Nation zu werden, möglich. Xi sieht im Aufstieg zu einer modernen Industrienation die Chance, sich vom zunehmend chinafeindlichen Westen zu emanzipieren, wie der Spiegel berichtet.

Vance dagegen propagiert einen gegenläufigen Kurs und wirbt für Trumps Ideologie von „Americas First“ – Amerika zuerst. Diese Haltung hatte der Senator von Ohio bereits im bei der Münchener Sicherheitskonferenz erklärt. Gegenüber Politico nahm er damals die Europäer in die Pflicht: Diese sollten mehr Verantwortung für ihre militärische Verteidigung übernehmen, speziell für die Produktion. „Dann können die USA ihre Ressourcen gegen ein aggressives China einsetzen.“

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