Russland greift nach nächstem Nachbarn: Insider packt aus – „Alle Befehle aus Moskau“

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Tausende lehnen sich seit Wochen gegen die prorussische Regierung in Georgien auf. Auch die internationale Gemeinschaft reagiert. Putins Einfluss scheint jedoch zu wachsen.

Moskau – Seit Wochen halten Proteste in Georgien an. Aufgrund von Hinweisen auf mögliche Unregelmäßigkeiten bei der jüngsten Parlamentswahl in Georgien sowie die Ankündigung der Regierungspartei Georgischer Traum, den EU-Beitrittsprozess bis 2028 auf Eis legen zu wollen. Die Polizei in Tiflis und anderen Städten schlägt die Proteste nieder. Im Fokus der Demonstrationen steht der Einfluss Russlands.

Gewalt bei Protesten gegen prorussische Regierung in Georgien – „Alles ist direkt mit Moskau verbunden“

Bei den Demonstrationen kam es zuletzt wiederholt zu Ausschreitungen mit Verletzten und mehreren Hundert Festnahmen. Der Polizei wird Gewalt und Folter vorgeworfen. Für den hochrangigen Polizeibeamten Irakli Shaishmelashvili sei das mitunter der Grund gewesen, das Land zu verlassen.

Gegenüber der Bild-Zeitung kritisiert Shaishmelashvili die Einsätze gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten als brutal: „Die Gewalt bei den Kundgebungen ist nicht normal.“ Seine Versuche, auf Kollegen einzuwirken, seien ohne Erfolg gewesen. Behörden und der georgischen Regierung wirft der ehemalige Polizeibeamte vor: „Alles ist direkt mit Moskau verbunden, und alle Befehle kommen von dort.“ Unabhängige öffentlichen Dienst gebe es in Georgien nicht.

Einen ähnlichen Vorwurf äußerte auch der georgische Oppositionspolitiker Dimitri Chikovani, der im Mai vor seiner Wohnung angegriffen und schwer verletzt wurde. Im Interview mit IPPEN.MEDIA erklärte Chikovani damals mit Blick auf die Regierung: „Alles, was hier passiert, ist von Russland gelenkt.“

Nach Protesten in Georgien: EU plant Bestrafungen für georgische Regierungsvertreter

Auch die EU plant zuletzt Bestrafungen für georgische Regierungsvertreter. Wegen der Unterdrückung proeuropäischer Demonstrationen in Georgien sollen bestimmte Regierungsvertreter und deren Familienangehörige künftig nicht mehr ohne Visum in die Europäische Union einreisen dürfen.

Die zuständige EU-Kommissarin Henna Virkkunen erklärte, der Plan sei eine entschlossene Reaktion der EU auf den Kurs der aktuellen Regierung, der die gewaltsame Unterdrückung friedlicher Demonstranten, politischer Gegner und unabhängiger Medien umfasse. Wer grundlegende Rechte nicht respektiere, sollte auch nicht mehr von der Visaliberalisierung profitieren.

„Georgiens Unterwerfung unter Russland“: Sorge und Kritik nach Parlamentswahl

Jahrelang war die Europäische Union zuversichtlich, dass ihre liberale, demokratische Agenda Georgien letztlich aus dem Einflussbereich des Kremls heraus und Richtung Westen steuern würde. Mit der Wahl im Oktober schwindet die Hoffnung. Die pro-europäische Opposition hatte Russland nach der Parlamentswahl Einmischung vorgeworfen. Der Kreml hat jegliche Einmischung bestritten. Die Moskau-freundliche Regierungspartei Georgischer Traum hatte laut offiziellem Ergebnis eine deutliche Mehrheit bei der Wahl errungen. Die pro-europäische Präsidentin Salome Surabischwili nannte das Wahlergebnis „Georgiens Unterwerfung unter Russland“.

Russischer Einfluss: In Georgien halten Proteste nach der Parlamentswahl im Oktober an (Archivbild) © IMAGO / ITAR-TASS, IMAGO / ITAR-TASS

Putins Strippenzieher in Georgien: USA verhängt Sanktionen gegen Gründer der Partei Georgischer Traum

Bidsina Iwanischwili, ein milliardenschwerer Unternehmer und Gründer der Partei Georgischer Traum, steht im Zentrum der wachsenden Spannungen in Georgien. Die USA haben zuletzt Sanktionen gegen den Ehrenvorsitzenden der georgischen Regierungspartei angekündigt, wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag (27. Dezember) berichtete. „Sein Handeln hat Menschenrechtsverletzungen ermöglicht und die demokratische und europäische Zukunft des georgischen Volkes zugunsten Russlands untergraben“, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller.

Iwanischwili sei es, der die Strippen in Georgien in der Hand habe, erklärte auch Shaishmelashvili gegenüber Bild. Dem russischen Oligarchen wird die Nähe zu Moskau nachgesagt. Immer wieder zeigt er seine ideologische Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Über die Besetzung von Posten im Innenministerium sagte der Polizist: „Die Schlüsselpositionen werden nicht nach Qualifikation besetzt.“ Vielmehr stünde eine Verbindung zu dem einflussreichen Oligarchen im Fokus. „Iwanischwili bringt Georgien gleich doppelt in die Nähe Russlands: indem er die Demokratie aushöhlt und indem er sich geopolitisch zunehmend an Russland orientiert“, heißt es in einer Analyse der NZZ. (pav/dpa)

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