Leitzinssenkung verpufft - Zinsschock für Immobilienkäufer: Warum die Bauzinsen nicht mehr sinken

Angehende Bauherren und Käufer hatten es sich so schön ausgemalt: Seit Sommer 2024 sanken die Bauzinsen quer über alle Laufzeiten, nahezu im Gleichschritt mit den Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank. 

Nach den Daten des Baufinanzierungs-Vermittlers Interhyp fiel der Nominalzins für ein 15-jähriges Annuitätendarlehen zwischen Juni 2024 und Silvester 2024 von 3,85 auf 3,26 Prozent. Bei guter Bonität und Beleihungswerten bis zu 60 Prozent (Kredit im Verhältnis zum ermittelten Verkaufswert) war mancherorts sogar eine Zwei vor dem Komma möglich.

Am 12. Dezember 2024 hat die EZB den Leitzins zuletzt um einen Viertelprozentpunkt auf nun 3,0 Prozent gesenkt. Der nächste Zinsentscheid steht am 30. Januar 2025 an. Viele Volkswirte rechnen mit einer erneuten Absenkung. Nach der bisherigen Logik müssten dann auch die Bauzinsen fallen. Manche angehende Haus- und Wohnungsbesitzer haben deshalb noch abgewartet und die relativ attraktiven Angebote von Ende Dezember verstreichen lassen – Banken halten sich in der Regel für 10 bis 14 Tage an ihre Zinsofferten gebunden.

Böses Erwachen für Immobilienkäufer

Doch jetzt stellt sich heraus: Die Immobilienkäufer haben sich verzockt. Denn seit Anfang Januar sind die Hypothekenzinsen nach den Daten der Interhyp stark angestiegen: Für zehnjährige Laufzeiten stieg der Nominalzins in nur drei Wochen von 3,15 auf 3,45 Prozent, für 15 Jahre Laufzeit sind es statt 3,26 Prozent Ende Dezember jetzt 3,55 Prozent. (siehe Grafik)

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Die Zinsen für Immobiliendarlehen sind im Januar 2025 in kurzer Zeit stark gestiegen. Interhyp Zinsradar/Composing FOCUS online

Grund dafür ist der Anstieg der Rendite bei langlaufenden Staatsanleihen. Denn es gibt im Kapitalmarkt, abhängig von der Laufzeit, mehrere Zinssätze. Reiht man diese nebeneinander auf, ergibt sich die sogenannte Zinsstrukturkurve. Und die steigt neuerdings am langen Ende wieder stark an.

Notenbank beeinflusst vor allem die kurzfristigen Zinsen

Der Leitzins, den die Notenbank festlegt, beeinflusst vor allem die kurzfristigen Zinsen. Die Leitzinsen geben sie vor, zu welchen Konditionen sich Banken Geld bei der Zentralbank leihen oder es dort hinterlegen können. Auch die täglichen Geschäfte der Banken untereinander im Interbankenmarkt orientieren sich eng an diesem Zinsniveau. Vor allem die Tagesgeldzinsen reagieren meist unmittelbar auf Leitzinsentscheidungen, auch die Renditen von Geldmarktfonds spiegeln diese Zinsbewegungen wider.

Auf das langfristige Ende der Zinsstrukturkurve hat die Notenbank dagegen keinen direkten Einfluss. Wenn Investoren Kurse und Renditen langlaufender Anleihen bestimmen, spielt eine Rolle, welche Zinsniveaus sie in einigen Jahren erwarten. Dies hängt maßgeblich davon ab, mit welchen Inflationsraten die Beteiligten rechnen. Und auf steigende Inflationsraten reagiert die Notenbank normalerweise mit höheren Zinsen.

Rechnen die Marktteilnehmer mit einer höheren Inflation, bedeutet das langfristig auch höhere Zinsen. Deshalb kaufen sie – vereinfacht gesagt – heute nur Anleihen, die dieses Zinsniveau auch in einigen Jahren noch mindestens erreichen. Dieser Effekt sorgt aktuell dafür, dass die Renditen im Markt für langlaufende Anleihen steigen, obwohl die Notenbank den Zins aktuell senkt.

Hypothekenbanken geben höheres Niveau weiter

Hypothekenbanken finanzieren sich ebenfalls langfristig über Anleihen und Pfandbriefe. Schließt ein Kunde ein zehnjähriges Darlehen ab, leiht sich die Bank das Geld üblicherweise ebenfalls für zehn Jahre. (Dass sie einen Teil der Darlehenssumme auch aus Sparguthaben beisteuern kann, von denen die Bank ausgeht, dass sie während der Laufzeit nicht abgehoben werden, lasse ich hier außer Acht). 

Die Differenz zwischen dem Darlehenszins des Kunden und ihrem eigenen Refinanzierungszins ist der Gewinn für die Bank. Weil zuletzt die Anleihenrenditen gestiegen sind, müssen die Hypothekenbanken für ihre eigene Refinanzierung ebenfalls höhere Zinsen bieten als im Dezember – und deshalb steigen die Bauzinsen.

Schon 0,3 Prozent kosten tausende Euro mehr

Für die Darlehensnehmer hat die Zinsdifferenz von 0,3 Prozentpunkten binnen weniger Wochen erhebliche Auswirkungen: Wer ein Darlehen über 300.000 Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren abschließt, zahlt nun insgesamt 8449 Euro mehr Zinsen, die nicht zur Tilgung eingesetzt werden können. Entsprechend höher ist dann auch die Restschuld, was zu einer höheren Belastung bei einer späteren Anschlussfinanzierung führt.

Musterrechnung
Schon bei einer Zinsdifferenz von 0,3 Prozentpunkten steigen die Zinskosten für ein zehnjähriges 300.000 Euro-Darlehen um fast 8500 Euro. eigene Berechnungen

Keine sinkenden Zinsen in Sicht

Blickt man auf den Anleihemarkt, ist nicht mit einer baldigen Besserung zu rechnen: Die Renditen stiegen zuerst in den USA, weil die Anleger dort aufgrund der Wahlversprechen von Donald Trump mit einer höheren Inflation und Staatsverschuldung rechnen

Wenn aber US-Anleihen höhere Renditen abwerfen als zum Beispiel europäische, schichten die Investoren um. Europäische Anleihen werden verkauft, wodurch deren Kurse sinken – daher steigen am Ende auch hier die Renditen. 

Die Folge: Alle Marktteilnehmer müssen bei der nächsten Emission von Anleihen höhere Kupons bieten, um überhaupt noch Investoren anzulocken. Das gilt auch für die Pfandbriefe der Hypothekenbanken. Und das sorgt weiterhin für höhere Bauzinsen – auch hierzulande.