Das Ergebnis der Bundestagswahl sorgt auch in Garmisch-Partenkirchen für Diskussionen. Mit Blick auf die Kommunalwahl 2026 wirft sie auch die Frage nach dem Umgang mit der AfD auf.
Schlecht geschlafen hat er nicht. So arg waren die Nachrichten der Wahlnacht dann doch nicht für Thomas Schwarzenberger. Das lachende Auge freut sich über einen Regierungsauftrag an die Union auf Bundesebene sowie deutliche Zugewinne in heimischen Gefilden für die CSU. Das weinende schielt auf die AfD, die in ihrem Wachstum die nächste Ebene erreicht hat – bundesweit wie lokal. „Der Bundestrend hat sich jetzt auch bei uns durchgesetzt“, hält der Kreisvorsitzende der CSU und Bezirkstagspräsident fest.
Viel Frust bei Freien Wählern
„Erschreckend“, findet das Florian Streibl. Der Bayern-Fraktionschef der Freien Wähler muss derweil aber erst einmal den eigenen Dämpfer verarbeiten. Nur 4,4 Prozent im Land- und Wahlkreis, 4,3 bayernweit – „unter ferner liefen“, räumt der Oberammergauer ein. Landrat Anton Speer (FW) spricht Klartext: „Man hat uns nicht wahrgenommen.“
Nun stehen CSU, Freie Wähler und AfD an einem Punkt in einer Art Dreiecksbeziehung: hinsichtlich der Wählerschaft. So weit liegt die klassische Klientel nicht auseinander. Leugnet keiner der Politiker. Viele, die bei Kommunal- oder Landtagswahlen den Freien ihre Stimme gaben, könnten nun zu CSU und AfD übergelaufen sein. „Ich denke eher in Richtung CSU“, spekuliert Streibl.
„Die wollten jetzt einfach auf Nummer sicher gehen und keine Stimmen verschenken.“ Die Union habe in dieser Hinsicht in den vergangenen Wochen ganze Arbeit geleistet. „Am Ende war es eine Schicksalswahl, bei der die Leute an Ende nur zwischen den großen Parteien unterschieden und nur Kanzlerkandidaten gewählt haben.“ FDP und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) seien genauso „unter die Räder gekommen“.
AfD als Auffangbecken für ehemalige CSU-Wähler? „Leider ist das so“
Dass sich unter den AfD-Wählern nicht wenige frühere CSU-Anhänger befinden, steht für Schwarzenberger nun endgültig fest. „Leider ist das so“, betont der Krüner. Zähle man die Prozente der beiden Parteien im Oberen Isartal zusammen, „dann wir sind bei den Ergebnissen, die wir vor 15 Jahren erreicht haben“. Kein schönes Gefühl – das räumt der CSU-Chef im Landkreis ein. Aus diesem Resultat ergeht nun der klare Auftrag an die Parteien für die Kommunalwahl im Frühjahr 2026. „Wir müssen uns deutlich abgrenzen.“
Die heimische Politik sei dazu aber mehr denn je auf die Unterstützung aus Berlin angewiesen. „Wir brauchen auf Bundesebene gute Politik.“ Schwarzenberger sieht die jetzt anlaufende Periode als eine Art letzte Chance für die Arrivierten. Themen wie Migration, damit verbunden die Sicherheit im Land, aber auch der wirtschaftliche Erfolg und Wohlstand müssen angepackt werden. „Das interessiert die Bevölkerung nicht nur, sondern versetzt sie teilweise auch in Angst.“
Bezirkstagspräsident spricht sich für Koalition von Union und SPD aus
Schwarzenberger baut auf das mögliche Zweier-Bündnis aus Union und SPD. „Ich hoffe, dass bei der SPD jetzt Vernunft einkehrt, dass sie nachdenkt, warum sie dort steht, wo sie steht.“ Friedrich Merz habe prophezeit, dass es in Deutschland nach der Wahl neue So㈠zialdemokraten geben werde. „Nur so können wir dem Phänomen AfD entgegentreten.“ Nicht wenige Menschen hätten ihn in den vergangenen Wochen und Monaten mit dem Vorschlag konfrontiert, man solle die AfD in die Regierung und damit die Verantwortung nehmen.
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Das Motto: „Sie sollen sich stellen, dann würden die Menschen erkennen, dass sie keine Lösungen haben.“ Von dem Ansatz hält er wenig. „Das ist mir zu gefährlich.“ Ihm geht es dabei gar nicht so sehr um die AfD-Wähler, sondern um die Kandidaten der Partei. „Das sind die Extremen und Radikaleren.“ Man sehe derzeit in den USA, wie schnell Veränderungen erfolgen können. Eine solche Entwicklung will er nicht riskieren.
Nach starkem Abschneiden der AfD: Wie geht es auf lokaler Ebene weiter?
Wie es nach der Bundestagswahl auf lokaler Ebene mit der selbst erkorenen Alternative weitergeht – ein Urteil darüber trauen sich die Konkurrenten aktuell kaum zu. „Sie haben einen enormen Zulauf, ebenso wie die Linkspartei“, sagt Speer. „Es ist alarmierend.“ Der Landrat rät, sich mit den „Leuten und deren Themen“ eingehend auseinanderzusetzen. Streibls Hoffnung besteht darin, dass sich die Kommunalwahl vom Wesen her deutlich von einem nationalen Votum abhebt.
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„Auf unserer Ebene zählen die Köpfe, und da könnte ich mir vorstellen, dass es die AfD schwerer hat. Aber sicher kann man sich nicht sein.“ Schwarzenberger gibt sich vorsichtiger. „Lokal ist das etwas anderes.“ Für undenkbar hält er es aber nicht, dass die eine oder andere Liste im Landkreis neu hinzukommt. Bisher ist die Partei nur im Kreistag mit Albert Mutschlechner vertreten, im Gemeinderat wechselte Albert Grasegger im Frühjahr 2020 sofort nach der Wahl zur Bayernpartei. Schwarzenbergers Rezept: „Wir müssen den Leuten hier sagen, wer sich wirklich um ihre Geschicke kümmert.“
Reaktionen auf die Bundestagswahl
Clemens Meikis (Direktkandidat SPD): „Ich denke, wir haben in Anbetracht aller Umstände ein gutes Ergebnis geholt. Mit Umständen meine ich vor allem die Verkürzung des Wahlkampfes von neun Monaten auf neun Wochen. In so kurzer Zeit kann man sich natürlich kaum präsentieren. Das bundesweite Ergebnis der SPD zeigt, dass die SPD gerade eine schwierige Phase durchläuft.“
Jürgen Speer (Direktkandidat FDP): „Leider ist der Einzug in den Bundestag nicht wie erhofft erreicht worden. Das Wahlergebnis muss analysiert werden, wird auch zu personellen und in Teilen auch inhaltlichen Erneuerungen führen müssen. Mein Ergebnis im Stimmkreis Weilheim ist ausbaufähig, in Anbetracht des Gesamtergebnisses aber ein guter Anfang.“
Michael Marksteiner (Direktkandidat FW): „Es war von Anfang an klar, dass es ein Kampf David gegen Goliath wird, ausgetragen zwischen den Extremen. Ich kann nur hoffen, dass die vollmundigen Versprechen jetzt Einzug in die Bundespolitik halten werden und sich tatsächlich etwas ändern wird.“
Robert Wilska (Direktkandidat Die Linke): „Wir Linken haben den Wahlerfolg gefeiert. Das Wahlergebnis bundesweit ist ein großer Erfolg für unseren aktiven Einsatz. Wir haben die Sorgen der Wähler ernst genommen und somit habe auch ich mein Wahlziel erreicht.“