Nasa-Astronauten kehren nach neun Monaten zur Erde zurück – Wie die Schwerkraft ihre Körper verändert hat
Neun Monate in der Schwerelosigkeit fordern ihren Tribut vom menschlichen Körper. Was den Nasa-Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams droht.
Washington D.C. – Nach neun Monaten an Bord der Internationalen Raumstation ISS sind die Nasa-Astronautin Suni Williams und ihr Kollege Butch Wilmore endlich wieder auf die Erde zurückgekehrt. Ihr Aufenthalt in der Schwerelosigkeit sollte eigentlich nur einige Tage andauern, doch nachdem das „Starliner“-Raumschiff von Boeing Probleme machte, mussten sie ihren Aufenthalt um mehrere Monate verlängern. An Bord einer „Crew Dragon“-Raumkapsel von SpaceX konnten die beiden Astronauten nun die Heimreise zur Erde antreten und haben erstmals seit gut neun Monaten wieder festen Boden unter den Füßen.

Die längsten geplanten Weltall-Aufenthalte dauern meist sechs Monate
In der Regel dauern Aufenthalte von Astronauten im Weltall nur sechs Monate – nur selten wird dieser Zeitraum deutlich überschritten. Einer der wenigen Astronauten, erd eine längere Zeit am Stück in der Schwerelosigkeit verbrachte, war Scott Kelly. Im Rahmen der Nasa-Mission „One year in space“ verbrachte er 340 Tage an Bord der ISS. Gemeinsam mit seinem eineiigen Zwilling Mark Kelly (ehemals ebenfalls Nasa-Astronaut und heute US-Senator) diente er der Nasa als Proband, um herauszufinden, was das Weltall mit dem menschlichen Körper macht.
Unter anderem durch diese Studie weiß man, worauf sich Suni Williams und Butch Wilmore nun einstellen müssen: Unter anderem nehmen die Knochendichte und die Muskelmasse ab. Um dem Verlust der Muskelmasse entgegenzuwirken, wird an Bord der Raumstation viel Sport getrieben – doch ganz kompensieren kann man die Wirkung der Schwerelosigkeit so nicht. Auch das Herz ist betroffen: Der Muskel arbeitet in der Schwerelosigkeit mit weniger Anstrengung – und kann sich deshalb verkleinern.

Schwerelosigkeit und kosmische Strahlen schädigen den menschlichen Körper
Aber auch zahlreiche andere Teile des Körpers können im Weltraum geschädigt werden – nicht nur durch die Schwerelosigkeit, sondern auch durch kosmische Strahlen: der Kreislauf, das Gehirn, die Abwehrkräfte, Atemwege, das Erbgut, die Zellteilung und die Augen. Letztere können am weltraumassoziierten neuro-okularen Syndrom (SANS) leiden. Betroffene Astronauten zeigen verschiedene Symptome wie eine reduzierte Augengröße, ein verändertes Gesichtsfeld sowie gelegentliche Ödeme des Sehnervs und Netzhautfalten. Hohe Strahlendosen im Weltall können außerdem das Krebsrisiko erhöhen.
Kosmische Strahlung als Gefahr für Astronauten
Im Weltall herrscht eine enorme kosmische Strahlung. Ein Mensch, der sich auf der Internationalen Raumstation in 400 Kilometern Höhe befindet, ist einer großen Strahlungsdosis ausgesetzt: Sie liegt bei einem sechsmonatigen Aufenthalt bei etwa 72 mSv (Millisievert). In Europa liegt der Grenzwert für Menschen, die beruflich mit Strahlung zu tun haben, bei 20 Millisievert pro Kalenderjahr. In den USA sind es 50 Millisievert pro Jahr. Die Strahlung schwankt auch mit der Sonnenaktivität. Innerhalb der Erdatmosphäre ist der Mensch geschützt – außerhalb nicht mehr.
Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz, Nasa
Wilmore und Williams sind nicht alleine – auch andere Astronauten blieben ungeplant länger im Weltall
Nicht nur Wilmore und Williams sind von diesen möglichen Gefahren der Schwerelosigkeit betroffen – es gab bereits vor ihnen Astronauten, die länger als geplant im Weltall ausharren mussten:
Meine News
- Sergei Krikaljow (Sowjetunion): Der Kosmonaut befand sich an Bord der damaligen russischen Raumstation Mir, als am 26. Dezember 1991 die Sowjetunion aufgelöst wurde. Plötzlich befand sich die Landeregion im jetzt unabhängigen Kasachstan, dazu kamen Geldprobleme in Moskau – deshalb war lange unklar, wie es mit Krikaljow weitergehen würde. Letztendlich blieb er doppelt so lange im Weltall wie ursprünglich geplant – am Ende waren es 311 Tage. Er wird manchmal als der „letzte sowjetische Bürger“ bezeichnet.
- Ken Bowersox und Donald Pettit (beide Nasa) und Nikolai Budarin (Russland): Die drei mussten 2003 ihren Aufenthalt an Bord der ISS unplanmäßig verlängern: Am 1. Februar 2003 brach das Space Shuttle „Columbia“ beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auseinander – und alle Shuttle-Flüge wurden bis auf Weiteres ausgesetzt. Statt Ende März mit einem Space Shuttle zur Erde zurückzukehren, konnten die drei Astronauten erst im Mai 2003 an Bord einer russischen „Sojus“-Kapsel zurückfliegen. Es war das erste Mal, dass US-Astronauten in einer „Sojus“ auf der Erde landeten. Die Shuttles durften zwei Jahre lang nicht fliegen.
- Frank Rubio (Nasa), Dmitri Petelin und Sergei Prokopjew (beide Russland): 2022 flogen die drei Astronauten für einen sechsmonatigen Aufenthalt zur ISS – und kehrten nach 371 Tagen erst zur Erde zurück. Bis heute hält Rubio den Rekord für den längsten Einzelraumflug eines US-Astronauten. Hintergrund dieses Rekords: Die drei Astronauten flogen an Bord einer „Sojus“-Kapsel zur ISS. Die hatte nach der Ankunft ein Leck, aus dem Kühlmittel austrat. Aus Sicherheitsgründen wurde eine neue Kapsel zur Raumstation geschickt, die Rubio, Petelin und Prokopjew mit etwa einem halben Jahr Verspätung zur Erde zurückbrachte.
Bei Langzeitaufenthalten wie Mars-Missionen wird es für den menschlichen Körper noch schwieriger
Die Auswirkungen der Schwerelosigkeit und kosmischen Strahlung auf den menschlichen Körper sind enorm, doch Forschende fürchten, dass sie bei Langzeitaufenthalten noch viel gravierender ausfallen dürften. Eine Reise zum Mars beispielsweise dürfte Jahre in Anspruch nehmen – ein Forschungsteam hat herausgefunden, dass das unter anderem die Nieren extrem schädigen könnte und Astronauten auf dem Rückweg zur Erde „eine Dialyse bräuchten“. (tab)