„Boomer-Soli“ für stabile Rente? Diese Rentner erwartet dann weniger Einkommen
Wer sichert die Rente der Babyboomer? Das DIW schlägt vor, wohlhabende Rentner in Zukunft stärker zu belasten.
München – Die grundsätzliche Frage bei allen Renten-Reformen lautet: Wer soll die enormen Rentenkosten der Babyboomer-Generation stemmen: die immer weniger werdenden jungen Beitragszahler oder die Rentner selbst? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat nun eine Antwort darauf gefunden: ein sogenannter „Boomer-Soli“. Mit dieser Sonderabgabe sollen wohlhabende Rentner stärker zur Finanzierung des Rentensystems beitragen und gleichzeitig ärmeren Rentnern helfen. Der Vorschlag stößt auf heftigen Gegenwind – zumal nicht jedermann davon profitieren würde.
Auch Beamte müssen blechen: So funktioniert der „Boomer-Soli“
Der Hintergrund: Bereits heute verschlingt der Rentenzuschuss ein Fünftel des Bundeshaushalts, und die demografische Entwicklung wird das Problem verschärfen. Maximilian Blesch, der an der DIW-Studie zum „Boomer-Soli“ beteiligt war, bringt das Dilemma auf den Punkt: „Jetzt schon macht der Rentenzuschuss mit 20 Prozent einen großen Teil des Bundeshaushalts aus, und in Zukunft wird es noch größere Anstrengungen benötigen. Die Frage ist, wer diese Lasten trägt.“
Warum schadet der demografische Wandel dem Rentensystem?
In Deutschland finanziert die arbeitende Generation über den sogenannten Generationenvertrag die Renten der älteren. Doch durch den demografischen Wandel kommen immer mehr Ruheständler auf immer weniger Beitragszahler. Nach Informationen des Demografieportals des Bundes und der Länder stehen schon heute einem Rentner nur noch zwei Beitragszahler gegenüber. Das bringt das umlagefinanzierte System an seine Grenzen.
Das DIW hat in der Studie zwei Reformansätze untersucht: die Umverteilung innerhalb der deutschen Rentenversicherung (Rentenprogression) und den „Boomer-Soli“. Im Gegensatz zu Letzterem, betrifft die Rentenprogression nur gesetzlich Versicherte, also Menschen, die in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt haben. Der „Boomer-Soli“ hingegen erfasst alle Alterseinkünfte – auch betriebliche und private Renten, Pensionen, Versorgungsbezüge sowie das Vermögenseinkommen.
Weniger Einkommen: Diese Rentner sind vom „Boomer-Soli“ betroffen
Die Idee ist: Wer im Alter ein hohes Einkommen hat, zum Beispiel durch eine hohe Rente, zahlt einen Extra-Beitrag. Das ließe sich laut den Forschern recht kurzfristig umsetzen. Dieses Geld soll dann nicht in den Bundeshaushalt fließen, sondern ausschließlich zur Finanzierung der Renten genutzt werden. DIW-Steuerexperte Stefan Bach betont in der Mitteilung: Die Abgabe „träfe in erster Linie gut versorgte Ruheständler, denen es nicht allzu weh tut, einen zusätzlichen Beitrag zu leisten.“
Nach den Vorstellungen des DIW soll der „Boomer-Soli“ daher nur das einkommensstärkste Fünftel der Rentnerhaushalte betreffen. Grundlage ist ein Nettoäquivalenzeinkommen von 2750 Euro (Stand 2019), wie eine Sprecherin gegenüber inFranken.de erklärt. Dieses berücksichtigt auch die Haushaltsgröße und ist daher nicht mit dem Haushaltseinkommen gleichzusetzen. Einen Freibetrag von 1000 Euro halten die Experten zudem für sinnvoll. Wichtig: Auf Gehälter werde in der Studie gar kein Soli berechnet, „da Erwerbseinkommen bei der Berechnung explizit nicht belastet werden“, so die DIW-Sprecherin.
„Boomer-Soli“ zur Stabilisierung der Rente: Diese Vorteile bringt das Konzept
Die finanziellen Auswirkungen wären laut DIW unterschiedlich stark. Bei den betroffenen oberen Haushalten würde das Einkommen um drei bis vier Prozent sinken – je nachdem, ob Kapitaleinkünfte für den „Boomer-Soli“ einbezogen werden. Für das untere Fünftel wäre der Effekt deutlich größer: Die Einkommen würden hier laut DIW um zehn bis elf Prozent steigen. „Das würde sich auch in der Armutsrisikoquote niederschlagen, die von gut 18 auf knapp 14 Prozent sänke“, berichten die Forscher.

Dem DIW zufolge gibt es nur zwei Optionen: Entweder jüngere Menschen in der Gesellschaft werden finanziell stärker belastet, oder ältere Menschen werden mit dem Risiko von zu geringen Renten und Altersarmut konfrontiert. Der „Boomer-Soli“ wäre Blesch zufolge eine Lösung, bei der alle Generationen mitarbeiten. Denn das Konzept zielt darauf ab, die finanzielle Lage einkommensschwacher Rentnerhaushalte zu verbessern, ohne die jüngere Generation direkt zu belasten.
Ökonomen und Sozialverband äußern sich kritisch zu „Boomer-Soli“
Kritik an dem Vorschlag des DIW kommt unter anderem vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Die IW-Ökonomen Jochen Pimpertz und Maximilian Stockhausen führen dabei ein mögliches Schlupfloch auf: „So wäre es beispielsweise sinnvoll, die betriebliche Altersvorsorge in einer Summe auszahlen zu lassen, statt eine monatliche Betriebsrente zu bekommen. Das Alterseinkommen würde dann nämlich niedriger ausfallen – und damit auch der zu zahlende Boomer-Soli.“
Der große Renten-Ratgeber
Mit unserem umfangreichen Renten-Ratgeber erhalten Sie alle wichtigen Informationen und Tipps rund um das Thema Rente übersichtlich zusammengefasst. Jetzt kostenlos herunterladen.

Auch der Sozialverband VdK erteilt dem „Boomer“-Soli eine klare Absage – und will stattdessen Superreiche zur Kasse bitten. „Statt über einen Renten-Soli zu sprechen, wäre eine gerechte Beteiligung der Superreichen an der Finanzierung des Sozialstaats das Gebot der Stunde“, erklärt VdK-Präsidentin Verena Bentele der Augsburger Allgemeinen. Der Sozialverband fordert eine stärkere Belastung von Vermögen und Erbschaften, um die Finanzierungslücke im Rentensystem zu schließen.
Monika Schnitzer, die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, lobt hingegen den Grundgedanken des DIW: „Die Rentenlast der Babyboomer kann nicht allein der immer kleineren Zahl von jungen Beitragszahlern aufgebürdet werden, die Babyboomer-Generation selbst muss einen Beitrag dazu leisten.“ Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat sich bisher nicht öffentlich zu dem „Boomer-Soli“ geäußert. Die Junge Union hat sich schon klar dagegen ausgesprochen. (cln/dpa)