An der neuen Front im Ukraine-Krieg wird heftig gekämpft – doch der Bürgermeister der Millionenstadt Charkiw will sich nicht einschüchtern lassen.
Charkiw – Die Lage im Ukraine-Krieg verschlechtert sich weiter – für die ukrainischen Truppen und die Bevölkerung. Eine neue Front bereitet Sorge. Doch trotz der Kämpfe um die Grenzgebiete der Ukraine und den Luftangriffen verzichtet die ostukrainische Stadt Charkiw auf eine Evakuierung der Bewohner.
Russlands Durchbruch im Ukraine-Krieg: Charkiws Bürgermeister will seine Stadt nicht evakuieren
Trotz russischer Kampfjets über der Stadt und ständiger Luftangriffe, bestehe dazu keine Notwendigkeit, heißt es auf der Telegram-Seite des Stadtrates von Charkiw. Im Rahmen eines nationalen Spendenmarathons am Mittwoch (15. Mai) habe der Bürgermeister Ihor Terechow demnach in einem Interview gesagt, dass eine Evakuierung der Millionenstadt aktuell nicht zur Debatte stehe.
Sondern: „Im Gegenteil, wir nehmen Evakuierte auf. Menschen kommen aus Gebieten nach Charkiw, in denen derzeit aktive Feindseligkeiten stattfinden.“ Die Stadt hätte bereits mehr als 6000 Menschen aufgenommen. Sie werden in Wohnheimen untergebracht und mit allem versorgt, das sie brauchen, hieß es weiter.
Neue Front: Russisches Militär eröffnet neue Front
Wie lange befürchtet, hatten Putins Streitkräfte am Freitag (10. Mai) die Offensive auf die ostukrainische Millionenstadt gestartet. Sie rückten über die Grenze zwischen Belgorod und Charkiw vor und eröffneten so eine neue Front. Offenbar ist Russland seitdem gelungen, mehrere kleine Ortschaften einzunehmen. Die Kleinstadt Wowtschansk ist zum Brennpunkt des Vorrückens geworden. Die ukrainische Polizei, Freiwillige und Retter haben inzwischen rund 8000 Menschen aus den Grenzgemeinden der Region Charkiw evakuiert, so der Gouverneur der Oblast, Oleh Syniehunov auf Telegram.
Luftangriffe: Einnahme von Charkiw ist militärisches und symbolisches Anliegen
Bereits in den Wochen zuvor verstärkte Russland die Luftangriffe auf die Stadt Charkiw. Darunter Angriffe mit Drohnen, Raketen und gelenkte Luftbomben. Die Einnahme der Millionenstadt sei für Putin ein militärisches Anliegen: „Charkiw ist ein wichtiger Vorposten, der unsere nordöstliche Flanke der Front abdeckt. Es ist wichtig, ihn zu halten, da der Feind sonst mehr Möglichkeiten hat, in das Gebiet einzudringen“, sagte Militärexperte Oleksandr Musijenko dem Tagesspiegel. Es wäre aber auch ein symbolischer Sieg: „Falls die ukrainische Armee nicht mehr in der Lage ist, den bisherigen Eindruck von Stärke und Durchhaltewillen zu demonstrieren, wird das tiefgreifende Folgen haben“, so der Russland-Experte André Härtel gegenüber dem Tagesspiegel.
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„Würdige Abfuhr“: Charkiw will sich nicht einschüchtern lassen
Die russischen Truppen haben mit einigen Angriffen versucht, die Bewohner Charkiws einzuschüchtern und sie zum Verlassen der Stadt zu zwingen – das sei ihnen nicht gelungen, so der Bürgermeister von Charkiw. Er bedankte sich bei der Bevölkerung, dass sie nicht in Panik geraten sei. „Die Stadt hilft unseren Militäreinheiten sehr, und die Menschen in Charkiw sind meinem Aufruf gefolgt und haben Gelder für die Bedürfnisse der Verteidiger überwiesen“, betonte Terechow. „Unser Hauptziel ist es, Charkiw und die Ukraine zu schützen und dem Angreifer, der in unser Land gekommen ist, eine würdige Abfuhr zu erteilen.“ (hk)