Neue Patriots: Pistorius auf Shopping-Tour bei Deal-Maker Trump

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Neue Patriots: Pistorius auf Shopping-Tour bei Deal-Maker Trump 

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Lagebeurteilung vom „Feldherrenhügel“ aus: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) blickt aus der Luke einer Panzerhaubitze 2000. Offenbar schießt die Bundesrepublik jetzt finanziell aus allen Rohren gegen Wladimir Putin und kauft zwei Patriot-Systeme von den USA für die Ukraine. US-Präsident Donald Trump hat einen Deal gemacht. © IMAGO/Eibner-Pressefoto/Florian Wiegan

Trump hört die Kassen klingeln: Mit vollen Taschen sitzt Verteidigungsminister Pistorius in den USA und feuert mit Dollars aus allen Rohren auf Putin.

Berlin – „Für uns wird das ein Geschäft sein“, sagt Donald Trump. „Die EU zahlt dafür. Wir zahlen nichts, aber wir werden liefern.“ Der 47. Präsident der USA wittert einen neuen Fall von „America First“ als Produzent von Rüstungsgütern für den Ukraine-Krieg gegen Wladimir Putins Invasionstruppen. Die Zeche wollen vor allem die Deutschen begleichen, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) meldet – also weder die EU noch die Nato, wie Trump vorgibt. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) reist nach Washington, um mit seinem Amtskollegen Pete Hegseth über die weitere Unterstützung der Ukraine und die militärische Zusammenarbeit in der Nato zu beraten. Es sei sein erster Besuch in den USA seit dem Amtsantritt der Regierung von US-Präsident Donald Trump im Januar, so die dpa. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kann sich freuen.

Immer wieder fordert Selenskyj die Aufrüstung seiner Luftabwehr – den Nachweis ihrer Notwendigkeit haben die Systeme allein dadurch bewiesen, dass die Ukraine diesen Krieg noch offen hält. Das System besteht aus verschiedenen Komponenten, dient aber lediglich einem einzigen Zweck: dem Aufspüren, Identifizieren und Neutralisieren von Flugkörpern – entweder ballistischen, also solchen, die vom Boden abgeschossen nach einer bogenförmigen Flugkurve auch wieder auf dem Boden auftreffen – als auch Marschflugkörpern; also solchen, die beispielsweise von Flugzeugen ausgeklinkt ihren Flug geradlinig bis zum Ziel fliegend zurücklegen.

Tischtuch zerschnitten zwischen Trump und Putin: „Er redet schön und bombardiert dann am Abend alle.“

„Ohne die Patriot und andere Systeme wären die ukrainischen Städte in einer sehr schlechten Verfassung. Die von den USA und dem Westen gelieferte Luftverteidigung war absolut entscheidend“, sagte Rajan Menon, Direktor der US-amerikanischen Denkfabrik Defence Priorities: Entgegen vorherigen „Stimmungen“ des US-Präsidenten soll die Ukraine jetzt doch Waffen erhalten – allerdings keine aus den Beständen der US-Armee, die vorgibt, knapp zu sein an eigenen Vorräten. Laut dpa habe Trump angekündigt, neu zu produzierende Patriot-Waffensysteme an die europäischen Verbündeten verkaufen zu wollen, damit sie an die Ukraine geliefert werden können.

„Putin hat wirklich viele Menschen überrascht. Er redet schön und bombardiert dann am Abend alle. Aber es gibt da ein kleines Problem. Das gefällt mir nicht.“

Möglicherweise wittert Trump seinen nächsten Deal zum Vorteil zuerst der USA. Andererseits hat er möglicherweise eingesehen, dass ihn der russische Potentat Wladimir Putin bisher am Nasenring durch die Manege geführt hat, und der Verkauf der Patriots ist eine Trotzreaktion. „Putin hat wirklich viele Menschen überrascht. Er redet schön und bombardiert dann am Abend alle. Aber es gibt da ein kleines Problem. Das gefällt mir nicht“, zitiert ihn der Tagesspiegel.

Mark F. Cancian stellt klar, dass die Europäer finanziell ähnlich stark im Ukraine-Krieg engagiert gewesen seien wie die USA; auch als der Kongress Ende 2024 über die Mittel stritt, hätten sich die Europäer als verlässlicher Partner bewiesen, so Cancian in einer Analyse für den US-Thinktank Center for Strategic and International Studies (CSIS). Allerdings räumt er ein, dass die einzelnen Länder aufgrund ihrer zurückgefahrenen Rüstungsindustrie ihre Möglichkeiten möglicherweise bereits ausgereizt hätten. Und obwohl die Ukraine bereits teilautonom klassische Rüstungsgüter wie die Bohdana-Haubitze oder Artilleriemunition produziere, sei das ein Tropfen auf den heißen Stein; selbst die autonome Produktion von Drohnen sei allein kaum kriegsentscheidend. Das bringt Donald Trump in eine Position, die er liebt, wie keine andere: Er ist am Drücker und bestimmt den Gang der Dinge.

Merz fährt jetzt Dollars an der Front auf: „Wir sind bereit, weitere Patriot-Systeme von den USA zu erwerben“

Was auch der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) für sich in Anspruch nimmt: „Wir sind bereit, weitere Patriot-Systeme von den USA zu erwerben und sie der Ukraine zur Verfügung zu stellen“, sagte er während der Ukraine Recovery Conference am 10. und 11. Juli in Rom, wie der Business Insider (BI) berichtet. Definitiv verfügt die Ukraine über zu wenige Luftabwehr-Systeme, um den Himmel über dem eigenen Land wieder zu kontrollieren; aber jedes komplette System, jede einzelne Rakete treibt den Preis für Wladimir Putins aggressive Expansionspolitik in die Höhe – bis er ihn vielleicht nicht mehr zahlen kann. Der BI geht aufgrund von Analystenmeinungen davon aus, „dass die Ukraine über sechs bis acht Batterien verfügt – weit weniger, als sie zum Schutz ihrer Städte vor den nächtlichen Angriffen Russlands benötigt“, wie BI-Autor Matthew Loh schreibt.

Reuters berichtet, eine neu produzierte einzelne Patriot-Batterie kostet laut dem Center for Strategic and International Studies mehr als eine Milliarde US-Dollar, davon 400 Millionen Dollar für das System und 690 Millionen US-Dollar für die Raketen in einer Batterie, so die Nachrichtenagentur. Deutschland plant den Kauf von zwei Batterien, Norwegen will eine zusteuern. Deutschland selbst verfügt ebenfalls über immer weniger Systeme, nachdem drei aus dem zwölf Systeme umfassenden Bestand der Bundeswehr bereits in die Ukraine gespendet worden sind; zwei Systeme stehen in Polen zur Stärkung von deren Luftverteidigung.

Klartext von Pistorius: „Mehr können wir definitiv nicht geben“ an Patriot-Systemen – dafür fließt Geld

Ein System ist aufgrund von Wartungs- und Schulungsaufgaben außer Betrieb, insofern sei die Zeit der reinen Waffenhilfe jetzt vorbei, erklärte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius aktuell gegenüber der Financial Times (FT). „Wir haben nur noch sechs in Deutschland. „Das ist wirklich zu wenig, vor allem angesichts der Fähigkeitsziele der Nato, die wir erfüllen müssen. Mehr können wir definitiv nicht geben“, so Pistorius in der FT. Jedenfalls keine Waffen – dafür aber viel Geld.

Fünf Milliarden Euro. Ende Mai hatte Pistorius mit seinem ukrainischen Amtskollegen Rustem Umerov vereinbart, dass Deutschland künftig die Produktion von weitreichenden Waffensystemen in der Ukraine finanzieren wolle, wie das Bundesministerium für Verteidigung (BMVG) mitgeteilt hat. Das Geld stamme aus den bereits durch den Bundestag bewilligten Mitteln. Die teils direkten Investitionen in die ukrainische Rüstungsindustrie und die Kooperationen der Rüstungskonzerne seien erklärtes Ziel der Bundesregierung für eine langfristige und nachhaltige Stärkung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeit, so das BMVG. Deutschland und die Nato schalten damit einen Gang hoch.

„Das ist kein Problem“: US-Soldaten sollen in Deutschland bleiben – Trump und Putin dicke Freunde?

Aus der „Immediate Action on Air Defense“ der Nato würde mit dem frischen Geld eine „Enduring Action on Air Defence“, also aus dem schnellen Eingreifen eine dauerhafte Hilfe – und zwar durch Projekte, die nur in Zusammenarbeit verschiedener Nato-Länder zu realisieren seien, so Pistorius. Die Gesamtsumme der von Deutschland bereitgestellten Mittel für die militärische Unterstützung der Ukraine belaufe sich aktuell auf mehr als 38 Milliarden Euro, veröffentlicht das Verteidigungsministerium – und verschweigt: Kein Ende in Sicht.

Aber das Geld scheint da zu sein – oder noch zu kommen. 8,5 Milliarden Euro Militärhilfe für die Ukraine haben Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Kanzler Merz in den Haushalt eingestellt, wie die FT berichtet. Jährlich. Bis 2029. Berlin feuert auf Putin aus vollen Rohren. Ein Deal nach Trumps Geschmack – offenbar stehen Friedrich Merz und Donald Trump aktuell auf Du und Du. Boris Pistorius wird keine 24 Stunden in den USA bleiben, auf seiner Agenda stehen auch die Stationierung von Tomahawk-Raketen auf deutschem Boden, der Kauf von F-35-Kampfjets und der Verbleib von den rund 40.000 US-Soldaten in Deutschland.

Trump hatte ja bereits in seiner ersten Amtszeit zwischen 2017 und 2021 angekündigt, die Soldaten nach Hause zurückzuholen. Beim Besuch von Merz im Weißen Haus Anfang Juni war davon aber keine Rede mehr, meldet die dpa. Wenn Deutschland die amerikanischen Soldaten haben wolle, sei er dazu bereit, habe Trump Merz versichert. „Das ist kein Problem.“ (KaHin)

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