Muffelig, polemisch, sozialromantisch: Warum ich Ralf Stegner kaum ertragen kann

„Wie er hier schon sitzt. Ich mag das“, sagt Moderator Markus Lanz zu Ralf Stegner und lächelt. Der SPD-Politiker liegt tief in seinem Stuhl. Die Mundwinkel hängen nach unten, wie die aktuellen Verlaufskurven am Aktienmarkt. Stegner ist die personifizierte schlechte Laune. 

Manchmal lächelt er schief, aber öfter schaut er griesgrämig. Stegner hat an diesem Abend sechs, sieben Redebeträge. Nichts davon ist erhellend. Vieles ist pure Polemik. Manchmal spuckt er sozialdemokratische Klassiker aus. 

Als es um die Mutterrente geht, erhebt Stegner nach 20 Minuten erstmals die Stimme. „Was mich an der Debatte stört, ist, dass es immer um Verschlechterung geht“, sagt er. Er findet, Einschnitte beim Sozialstaat seien der falsche Weg. Besser sei es, die Wirtschaft zu stärken, damit für Soziales das Geld da ist. Sozialromantik à la Stegner. 

Stegner bei Markus Lanz: „Denkbar ist vieles!“

Es ist erstaunlich, wie viele Plattitüden - oder sagen wir: einfache Wahrheiten - Ralf Stegner an diesem Abend vom Stapel lässt. Als es in der Runde um die Frage geht, welchem Bundesministerium der aktuelle Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in der künftigen Großen Koalition vorstehen werde, läuft Ralf Stegner zur Hochform auf. 

Die Frage lautet: Wird Pistorius möglicherweise Innenminister? Stegner schwadroniert: „Der Mann ist im Land. Er könnte es werden. Wir haben viele, die vieles können. Das Gerücht habe ich aber auch gehört. Pistorius selbst sagt, eines sei sicher, er wolle nicht Papst werden. Denkbar ist vieles!“

SPD-Mann kommt mit Polemik statt Lösungen 

Landauf, landab ist die Rede davon, dass Politiker - vor allem jene der demokratischen Mitte - wahrhaftiger werden müssen. Ehrlichkeit. Klarheit. Arbeitermentalität. Sagen, was Sache ist. 

Doch Stegner labert. Anders kann man es nicht sagen. 

Nächstes Thema: Donald Trump und seine merkwürdigen, flächendeckenden Zölle. Stegner erklärt, Trump habe eine „Mischung aus Größenwahn und intellektuellen Defiziten“. „Trump sieht noch gar nicht, dass er den Amerikanern am meisten schadet. Wenn er so weiter macht, schadet er der Wirtschaft noch mehr.“ 

Man würde sich von einem Politiker Wortbeiträge zur Lösung eines Problems wünschen. Stegner aber wählt den Holzhammer, statt die feine Klinge. Er wertet, statt Wege aufzuzeigen. Das ist noch keine Politik.

Stegner will Trump aussitzen 

Bei Ralf Stegner geht es viel zu oft um reine Stimmung. Er befürwortet, dass die Europäer auf Trumps Zölle etwa gegen deutsche Autos mit einer Digitalsteuer für Meta, Google und Amazon reagieren sollen. Man müsse „die Waffe ja nicht nutzen, sondern nur zeigen, dass man in der Lage ist“.

Er begründet das damit, dass die Digitalsteuer „Trumps reiche Freunde trifft“. Auch erinnerte er daran, dass Trump mal erklärt hatte, man könne Corona bekämpfen, indem man sich Desinfektionsmittel spritzen würde. 

Zuletzt glaubt Stegner, man könne den US-Präsidenten irgendwie aussitzen. „Amerika ist eine große Demokratie. Die Jahre werden auch vorbeigehen. Auf Dauer zu meinen, das geht mit Trump immer so weiter, halte ich für unwahrscheinlich.“ 

Aktuell ist Trump allerdings dabei, die Demokratie mit Checks and Balances zu entkernen. Er hat die Auflösung des Bildungsministeriums eingeleitet, versucht die unabhängige Justiz auszuhebeln und kündigt öffentlich eine dritte - nach US-Verfassung nicht möglich - Amtszeit an.

Ende des Schwadronierens

Ralf Stegner ist ein Politiker des alten Stils. Er funktioniert prächtig an den Stammtischen. Der Mann aus Bad Dürkheim ist immer etwas griesgrämig, nuschelt mitunter unverständlich und liebt die polemische Zote. 

Zu seinem Markenkern gehören auch wuchtige Bilder - etwa wenn er bezüglich der Koalitionsgespräche mit der Union erklärt: „Die SPD ist nicht zu Discounterpreisen zu haben.“ 

Wo Stegner ist, ist immer viel Rauch und ganz wenig Feuer. Am Ende des Abends bei Lanz sagt er: „Eine stabile Regierung muss zeigen, dass sie Probleme lösen kann.“ Da hat Stegner mal recht. Die Zeit des Schwadronierens ist vorbei.