Forscher machen überraschende Entdeckung auf alten Antarktis-Fotos – „Eindeutiges Signal“

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Alte Luftaufnahmen enthüllen neue Erkenntnisse über das Wordie-Schelfeis in der Antarktis. Der Kollaps verlief anders als gedacht.

München – Über 450 verstaubte Luftaufnahmen aus den 1960er Jahren haben Wissenschaftlern der Universität Kopenhagen zu einer bahnbrechenden Entdeckung verholfen. Die historischen Fotos dokumentieren den gesamten Kollaps des Wordie-Eisschelfs in der Antarktis – und widerlegen dabei jahrzehntelange Annahmen über die Ursachen solcher Ereignisse.

Schelfeis wird von Gletschern gespeist. (Symbolbild)
Schelfeis wird von Gletschern gespeist. (Symbolbild) © G&M Therin-Weise/imago

Das Wordie-Eisschelf auf der Antarktischen Halbinsel bedeckte 1966 noch hunderte Quadratkilometer. Das zeigte ein Foto, das aus einem Flugzeug heraus aufgenommen wurde. Der Fotograf war vermutlich von der US Navy und wollte die Landschaft kartieren, berichtet die Universität in einer Mitteilung. Doch ohne es zu wissen, dokumentiert er etwas ganz Besonderes: den Beginn des dramatischen Eiskollapses eins Eisschelfs, das 30 Jahre später fast vollständig verschwunden sein wird.

Antarktis-Bilder zeigen erstmals Zusammenbruch eines Schelfeises

Die Forscher analysierten die historischen Bilder mit einer Technik namens „Structure-from-Motion“-Photogrammetrie und rekonstruierten so Eisdicke, Oberflächenstruktur und Geschwindigkeit im Laufe der Zeit. Damit zeigen die Aufnahmen gemeinsam mit Satellitenbeobachtungen „erstmals den Zusammenbruch eines Schelfeises als konstante Entwicklung über einen langen Zeitraum hinweg“, heißt es. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse in der Fachzeitschrift Nature.

Was ist Schelfeis?

Schelfeis sind große, schwimmende Eisplatten, die am Rand der Antarktis und Grönlands ins Meer ragen. Sie entstehen, wenn Gletscher vom Festland ins Meer fließen. Schelfeis wirkt wie eine Bremse für die dahinterliegenden Gletscher. Wird es infolge des Klimawandels wärmer in der Antarktis, schmilzt das Schelfeis, was wiederum den Gletscherrückgang und Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt. Das größte Ross-Schelfeis in der Antarktis bedeckt eine Fläche von 487.000 Quadratkilometern und ist damit deutlich größer als Deutschland.

Quelle: Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren

Entdeckung auf Antarktis-Fotos stellt bisheriges Wissen infrage

Jahrzehntelang gingen Wissenschaftler davon aus, dass wärmere Atmosphäre und Schmelzwasserseen auf der Eisoberfläche zum Kollaps von Schelfeis führten. Die neuen Daten zeigen jedoch ein anderes Bild. „Unsere Erkenntnisse zeigen, dass der Hauptgrund für Wordies Kollaps steigende Meerestemperaturen sind, die das Schmelzen unter dem schwimmenden Schelfeis verursacht haben“, erklärte Studienleiter Mads Dømgaard.

Anders Anker Bjørk, Assistenzprofessor am Institut für Geowissenschaften und natürliche Ressourcenverwaltung, ergänzte: Der Schelfeis-Kollaps könnte „langsamer vonstattengehen als wir dachten“. Das Risiko eines schnell ansteigenden Meeresspiegels sei demnach etwas geringer.

Doch das hat auch eine Kehrseite. Beginnt das Eis einmal zu schmelzen, „wird es schwieriger, den Trend umzukehren“, so Bjørk. Für den Wissenschaftler steht daher fest: „Dies ist ein eindeutiges Signal, der Eindämmung der Treibhausgasemissionen jetzt Priorität einzuräumen und nicht irgendwann in der Zukunft.“ Erst vor wenigen Monaten brach ein Eisberg von Schelfeis ab und offenbarte einen beeindruckenden Fund. (kas)

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