Vielsagender Moment mit Selenskyj, nun der Fed-Knall: Experte attestiert Trump klaren Plan
Trump will eine Notenbankerin feuern. Nur ein Detail? Ein Experte sieht das anders – er verweist auf einen verräterischen Witz des US-Präsidenten.
„Flood the zone with shit“, die Welt und die Debatte mit Mist zu überschwemmen – das ist eine der zentralen Strategien der Trump-Regierung: Vor lauter haarsträubenden Nachrichten weiß man kaum noch, was wirklich wichtig ist. Ausgerechnet die eher für ein Expertenpublikum interessant wirkende Entlassung einer hochrangigen Entscheiderin der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) könnte das aber sein. Der Politikwissenschaftler Siebo Janssen sieht darin jedenfalls einen durchaus vielsagenden Schritt, wie er dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA erklärt. Janssen zieht eine Linie zu einem weiteren vergleichsweise unscheinbaren Trump-Moment der vergangenen Tage.
Trump sorgt in den USA wieder für Aufruhr – kurz nach vielsagendem Moment mit Selenskyj
„Ich fand es sehr interessant, wie Donald Trump beim Treffen mit Wolodymyr Selenskyj reagierte, als Selenskyj sagte, man könne wegen des Krieges keine Wahlen abhalten“, sagt der Experte. „Trump antwortete sinngemäß: ‚Ah, okay, Krieg ... , dann braucht man also keine Wahlen durchführen.“ Der US-Präsident habe bei dieser Aussage zwar gegrinst. Der Hintergrund aber sei klar.

„Ich will nicht sagen, dass er einen Krieg entfachen wird. Aber Trump überlegt, wie er sozusagen möglichst stark Macht konzentrieren kann, wie er den Kongress ausschalten, die Unabhängigkeit der Gerichte ausschalten kann.“ In die Reihe der auszuschaltenden Gegenspieler gehöre eben auch die Fed – in deren Arbeit der US-Präsident nun in laut CNN bisher einmaliger Weise eingegriffen hat.
Trump entlässt Fed-Gouverneurin: „Man kann sehr klar sagen, worum es hier geht“
Denn Trump entließ „mit sofortiger Wirkung“ Lisa Cook, eine Gouverneurin – also ein Direktoriumsmitglied – der Fed. Bill Pulte, von Trump eingesetzter Chef der US-Behörde für Wohnungsbaufinanzierung, hatte zuvor Vorwürfe gegen Cook wegen angeblicher Falschangaben im Zusammenhang mit einer Hypothek erhoben. Cook bestreitet die Anschuldigungen und will im Amt bleiben; ein strafrechtliches Verfahren gegen sie läuft offenbar nicht.
Es gehe Trump indes weniger um die Fed-Gouverneurin als um den Fed-Chef, betont Janssen: Mit Jerome Powell liegt der US-Präsident schon länger im Clinch. Trump drängt auf eine Senkung der Leitzinsen, um die Schuldenlast des US-Staates erträglicher zu machen. Die Fed aber fürchtet eine hohe Inflation, auch wegen Trumps unberechenbarer Zollpolitik. Formal ist die Fed völlig unabhängig; ein Umstand, der auch die Finanzmärkte beruhigt – eigentlich. Aktuell sind die Anleger noch beunruhigt. Sollte Trump nun Cooks Posten mit einem Günstling neu besetzen können, könnte er damit aber den internen Druck auf Powell erhöhen.
Janssen betont, dass Trump zwar Mitglieder des Board of Governors der Fed ernennen kann, sie jedoch nicht einfach entlassen darf. Durchaus denkbar ist, dass Gerichte die Entscheidung einkassieren. So oder so: „Ich glaube, man kann sehr klar sagen, worum es hier geht“, meint Janssen: „Er will die Unabhängigkeit der Fed aufheben. Und er will deren Chef Jerome Powell so stark schwächen, dass der irgendwann zurücktritt oder er ihn feuern kann.“
Trump könnte auch Republikaner verärgern – auf dem Weg Richtung „autoritärer Herrscher“
Pikanterweise könnte Trump so auch Republikaner gegen sich aufbringen. Die Fed gelte finanzpolitisch konservativen Republikanern als „Gralshüterin der Währungs- und Finanzunabhängigkeit“, so Janssen. Und Powell vertrete durchaus alte republikanische Prinzipien. Die breite Bevölkerung werde das allerdings kaum interessieren. „Die werden das zur Kenntnis nehmen und werden sagen, das ist wieder eines dieser politischen Spektakel.“
Janssen sieht in jedem Falle einen weiteren Versuch, „die letzten unabhängigen Institutionen auf die Person Trump zu fixieren“. Bereits das Vorgehen gegen Medien, Universitäten und die Hausdurchsuchung bei Ex-Sicherheitsberater John Bolton deuteten in diese Richtung. Trump überlege, „wie er Macht konzentrieren kann, wie er den Kongress, die Unabhängigkeit der Gerichte und letztendlich auch der Fed ausschalten kann. Es geht darum, dass er sich als sozusagen autoritärer Herrscher gerieren kann, wann und wie er will.“ Der makabere Gedanke an das Aussetzen von Wahlen unter Kriegsrecht bleibt dabei ein Witz – vorerst. (fn)