Legenden aus dem Landkreis Miesbach: „Sagen sind die Geschichten des Volkes“

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Sagenhaftes Kreuz: Woher das Timotheus-Kreuz seinen Namen hat, beantwortet Gisela Schinzel-Penth in ihrem neuen Buch über Sagen im Landkreis. © Thomas Plettenberg

Autorin Gisela Schinzel-Penth hat ein Buch über Sagen und Legenden im Landkreis Miesbach geschrieben. Wir haben mit der 78-Jährigen über die Neuauflage gesprochen.

Landkreis – Gisela Schinzel-Penth interessiert sich schon seit ihrer Jugend für Sagen und Legenden. Die Autorin hat bereits 14 Bücher über Sagen rund um ihre Heimat München und die Region veröffentlicht. Auch um den Landkreis Miesbach ranken sich viele Geschichten, die die 78-Jährige in ihrem Buch „Sagen und Legenden um Miesbach, Schliersee, Tegernsee und Holzkirchen“ festgehalten hat, das kürzlich erschien. Wir haben die Münchnerin gefragt, wie sie zu den Legenden aus dem Landkreis kam und welche Bedeutung Sagen haben.

Frau Schinzel-Penth, wie kam es, dass Sie ein Buch über Sagen im Landkreis Miesbach schreiben?

Ich habe seit meiner Jugend Sagen gesammelt. Im Gymnasium haben wir griechische und römische Sagen durchgenommen und sollten schauen, ob es auch in unserer Region Sagen gibt. Da ist mir eine eingefallen, die ich in der Grundschule gelernt habe. Aber in meiner alten Schule kannte niemand mehr diese Sage. Da habe ich gelernt: Wenn man etwas nicht aufschreibt, wird es leider vergessen.

Und wie kamen Sie zur Region um Miesbach?

Mein Opa hat viele Jahre lang in Miesbach gewohnt. Wir sind oft durch die Umgebung gewandert, und er hat Geschichten dazu erzählt.

Informationen aus Archiven und durch Feldforschung

Wie finden Sie die Sagen?

Früher gab es ja noch kein Internet. Da bin ich zu den örtlichen Bürgermeistern, Heimatpflegern oder Pfarrern und habe gefragt, wer mir von Legenden erzählen könnte. Ich habe auch viel in Archiven gesessen, von Zeitungen oder Gemeinden. Das mache ich alles heute noch so. Ich habe auch viel Feldforschung gemacht, wenn ich mir angeschaut habe, ob es die Dinge heute noch gibt – zum Beispiel unterirdische Gänge oder Sühnekreuze. Viele Kreuze gibt es heute gar nicht mehr, weil sie in der Erde versenkt wurden, damit sie nicht im Weg sind. Denn die Sühnekreuze mussten genau dort aufgestellt werden, wo jemand ermordert wurde.

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Haben Sie eine Lieblingssage aus der Region Miesbach?

Die Sagen sind meistens sehr gruselig. Eine heitere Sage handelt von einem Schlierseer Bauern, der eine Wallfahrt nach Westenhofen machen wollte. Weil es tiefstes Winterwetter war, war er mit Fellen angezogen. Die Wallfahrt hat ihm gefallen, deshalb wollte er es schwieriger machen, sonst wäre es ja keine Wallfahrt. Also ist er auf allen vieren getrabt. Weil er in einen warmen Pelz gehüllt war, hielten ihn die Bauern für einen Bären und hätten ihn fast erschossen.

Welche Geschichte ist Ihnen besonders im Kopf geblieben?

Eine handelt vom Gedenkkreuz beim Feldschuster in Einhaus. Zwei Brüder haben im Auftrag für Albrecht V. eine Karte von Bayern angefertigt. Einer der beiden war ein weltberühmter Vermesser (Philipp Apian, Anm.d.Red.). Sein Bruder Timotheus ist bei der Vermessungsarbeit vom Pferd gestürzt und gestorben. Daher ließ der Bruder dort ein Steinkreuz in Kleeblattform aufstellen und vermerkte das Timotheus-Kreuz in seinen Karten.

Die Sage vom Riesen vom Tegernsee

Wie lange sammeln Sie die Legenden, bis Sie sie veröffentlichen?

Ich brauche rund fünf bis sechs Jahre für ein Gebiet. Oft rufen nach der Veröffentlichung noch Leute mit neuen Sagen an. Ich habe vor 35 Jahren bereits ein Buch über Miesbach herausgebracht. Die neue, dritte Auflage enthält 60 neue Legenden.

Ist denn eine Sage dabei, die Ihnen so noch nie untergekommen ist?

Den Bericht über den Riesen vom Tegernsee finde ich sagenhaft. Er hat Mitte des 19. Jahrhunderts gelebt. Als er neun Jahre alt war, hat ihn ein Pferd mit den Hufen am Kopf getroffen. Danach ist er furchtbar gewachsen. Damals konnte man sich das nicht erklären, aber es lag wohl an der Schädigung des Gehirns. Er wurde über 2,30 Meter groß. Mit 25 Jahren ist er verstorben. Wenn nicht, wäre er wohl weiter gewachsen.

Was begeistert Sie an Sagen und Legenden?

Sagen und Legenden sind die Geschichten des normalen Volkes. Die Geschichten von Herzogen und Fürsten wurden alle aufgeschrieben. Aber die kleinen Leute haben ihre Geschichten in Sagen überliefert und erhalten. Es ist erstaunlich, wie viel Wahres oft darin steckt.

Das Buch

„Sagen und Legenden um Miesbach, Schliersee, Tegernsee und Holzkirchen“; 416 Seiten; ISBN: EAN 9783-921445-46-4; Preis: 29.95 Euro

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