Für massiven Schwarm-Einsatz: Ukraine arbeitet rasant an KI-gesteuerten Drohnen
Die Ukraine kämpft um ihren Vorsprung in der Drohnen-Technik, Putin holt auf. Jetzt soll KI helfen, ganze Schwärme gegen Russland in Marsch zu setzen.
Kiew – „Die Ukraine ist in den letzten Jahren und insbesondere seit Beginn des Krieges zu einer Drohnenmacht geworden“, sagte Ulrike Franke im ZDF. Die Analystin vom European Council on Foreign Relations gibt sich überzeugt: „Es ist wahrscheinlich, dass die Ukraine aus diesem Krieg als wichtiges Drohnenherstellerland hervorgehen wird.“ Die Ukraine arbeitet unter Hochdruck an einsatztauglichen Drohnen, die mittels Künstlicher Intelligenz (KI) immun werden sollen gegen Signalstörungen und darüber hinaus lernen sollen, in Schwärmen gegen Wladimir Putin zu operieren, wie die Kiew Post aktuell berichtet. Science-Fiction scheint von Tag zu Tag näher zu rücken.
„Unter Stress in totaler Informationsüberflutung eine Entscheidung zu treffen, wie das gestern und heute in Teilen noch der Fall ist – dabei wird uns KI helfen, das zu sortieren, und Entscheidungen so vorzubereiten, dass der Mensch die bestmögliche Entscheidung treffen kann, um einen Gegner zu neutralisieren“, sagt Michael Volkmer. Der Brigadegeneral erläuterte im Bundeswehr-Podcast Nachgefragt, wie beispielsweise die Bundeswehr Großgeräte wie den Kampfpanzer Leopard zukunftsfähig machen will. Die Ukraine ist schon etliche Schritte weiter. In ihrem Fokus liegen Drohnen.
Künstliche Intelligenz wird eine bestimmende Waffe der Zukunft für Russland und die Ukraine
Künstliche Intelligenz wird eine bestimmende Waffe der Zukunft werden – sowohl Russland als auch die Verteidiger arbeiten im Ukraine-Krieg an Lösungen; für heute und für morgen. Die KI wird den Menschen verdrängen; den gegnerischen sowie den eigenen; und wird vielleicht bereits in der nächsten Gegenoffensive aufmarschieren – angedacht ist die vermutlich für 2025; eventuell wird die getragen von ukrainischen Drohnen-Schwärmen; „Swarmer“ heißt eines der Start-ups, die die Ukraine wieder auf Augenhöhe mit Russlands Invasions-Armee hieven soll.
„Wir machen uns Sorgen über die Auswirkungen der KI in so vielen Diensten und Bereichen unseres Lebens, aber dort, wo sie die extremsten Auswirkungen haben kann – im Kontext des Krieges – überlassen wir es dem Militär“
Ein menschlicher Drohnen-Pilot wäre überfordert mit der Steuerung von fünf Drohnen gleichzeitig, sagt Serhii Kupriienko gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Einen Schwarm von zehn oder 20 Drohnen (Unmanned Aerial Vehicle, UAV) oder Robotern (Unmanned Ground Vehicle, UGV) zu steuern, ist für Menschen praktisch unmöglich“, erläutert der Swarmer-Chef. Ihm zufolge könnte Künstliche Intelligenz Hunderte Drohnen gleichzeitig operieren lassen.
Wie Reuters weiter ausführt, bedeute die Entwicklung von KI-Drohnen in der Ukraine im Wesentlichen die Optimierung visueller Systeme, die bei der Identifizierung von Zielen und im Anfliegen dieser Ziele mit Drohnen helfen; daneben die Optimierung von Geländekartierungen für die Navigation sowie die Realisierung komplexerer Programme, die den UAV ermöglichen, in miteinander verbundenen „Schwärmen“ zu operieren. Menschliche Operatoren würden da schnell an ihre Grenzen stoßen, sagte Kupriienko.
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Auch in der Automatisierung des Ukraine-Krieges hat sich beinahe ein Patt ergeben
Auch in der Automatisierung des Ukraine-Krieges hat sich beinahe ein Patt ergeben: Die Ukraine führt Russland vor mit ihrer Drohnentechnik, Russland gewinnt Tag für Tag die Hoheit über den Äther aufgrund ihrer ausgefeilten elektronischen Kriegführung, also dem Stören von Signalen, beispielsweise dem Unterbrechen von GPS-Daten – die ukrainischen Drohnen verlieren dadurch die Orientierung. Oder kehren schlimmstenfalls zu ihrem Piloten zurück. Darüber hinaus war die Ukraine sehr fortschrittlich in der Auswertung von Geodaten, wie Samuel Bendett bereits im vergangenen Sommer unterstrichen hatte. Allerdings werde das zusehends wirkungslos, wenn die gesteuerten Waffen durch Störsender in die Irre geleitet würden.
Eine Schlüsselrolle der KI im Dienst der Ukraine sei „die Integration der Ziel- und Objekterkennung mit Satellitenbildern“ – KI werde angewandt, um Open-Source-Daten wie Social-Media-Inhalte zu geolokalisieren und zu analysieren; um russische Soldaten, Waffen, Systeme, Einheiten oder ihre Bewegungen zu identifizieren – zum Teil hatten die Ukrainer die Handy-Daten russischer Geschütz-Mannschaften ausgelesen und deren Artillerie anschließend neutralisiert.
Ukrainische Armee unternimmt die ersten Experimente mit Künstlicher Intelligenz
„Öffentlichen Quellen zufolge werden neuronale Netzwerke verwendet, um Fotos vom Boden, Videomaterial von zahlreichen Drohnen und UAVs sowie Satellitenbilder zu kombinieren; und so eine schnellere Analyse und Auswertung der Geheimdienste zu ermöglichen, um strategische und taktische Vorteile bei der Geheimdienstarbeit zu erzielen“, schreibt der Analyst für das Belfer Center for Science and International Affairs. Er deutet an, dass der Sieg derjenigen Seite zufallen könnte, die gerade in der Autonomisierung der Drohnen zügig Konzepte und Taktiken einsatzfähig auf das Schlachtfeld bekäme. Swarmer-Chef Kupriienko hat gegenüber Reuters angegeben, dass die ersten Experimente tatsächlich bereits liefen.
Für die Ukraine bedeuten Drohnen die militärische Schlüsseltechnologie – ihr Vorsprung gegenüber Russland schmilzt bedrohlich, wie Max Makarchuk gegenüber Reuters darstellt – die Trefferquote der pilotengesteuerten Drohnen (First-Person-View, FPV) sinke bedrohlich: Die meisten FPV-Einheiten erzielten ihm zufolge eine Trefferquote von 30 bis 50 Prozent, während Pilotenanfängern durchaus lediglich eine Trefferquote von mitunter nur zehn Prozent gelänge, sagt der KI-Leiter des regierungsnahen ukrainischen Drohnenclusters „Brave1“. Makarchuk erwartet von KI-gesteuerten Drohnen wieder eine Trefferwahrscheinlichkeit von rund 80 Prozent.
Kritik gegen Entwicklungen im Ukraine-Krieg für Roboter ohne Gefühl für Gut und Böse
Die Zeit der Drohnen-Schwärme am Himmel, die von einem Bediener oder Gruppen am Boden pilotiert würden, neige sich rasant dem Ende zu, prophezeit Bendett. „Eine natürliche Weiterentwicklung dieser Taktiken, ist die Ermöglichung, dass tatsächliche Schwärme von UAVs autonom zu Zielen fliegen können, wobei Technologien der Künstlichen Intelligenz die Analyse und den Austausch von Daten ermöglichen.“ Allerdings zitiert die Nachrichtenagentur den Wissenschaftler dahingehend, „dass bei KI-gestützten Drohnensteuerungssystemen wahrscheinlich ein menschliches Eingreifen erforderlich sei, um zu verhindern, dass das System bei der Zielauswahl Fehler macht“.
Die Entwicklung verläuft so rapide wie die Empörung darüber – Menschenrechtsorganisationen und Teile der Wissenschaft blicken skeptisch auf Maschinen, denen eine den Menschen ähnliche Entscheidungsfähigkeit antrainiert wird. „Wenn wir keine Gesetze erlassen, denen sich die ganze Welt anschließt – wenn wir einen Roboter entwickeln, der Menschen töten kann und kein eingebautes Gefühl für Gut und Böse hat – dann wird das, was wir da antreten, eine Reise mit sehr, sehr hohem Risiko sein“, sagte bereits zu Beginn des Ukraine-Krieges Jonathan Kewley gegenüber der Washington Post. Der Rechtsanwalt der Londoner Anwaltskanzlei Clifford Chance berät zu Tech-Risiken und -Chancen und sieht in der KI in Drohnen die Büchse der Pandora.
Appell an ukrainische Bevölkerung zum Bau von einer Million Drohnen in Heimarbeit
Die Ukraine will jedenfalls die private Initiative massiv stärken: Mychajlo Fjodorow ermutigt die ukrainischen Bürger demnach, kostenlose Online-Kurse zu belegen und Drohnen zu Hause zusammenzubauen. Der stellvertretende Ministerpräsident der Ukraine und Minister für digitale Transformation möchte, wie der US-Sender CBS berichtet, dass die Ukrainer jährlich eine Million Geräte bauen.
Kewley hat kritisiert, dass trotz aller Regulierungsversuche seitens des US-Verteidigungsministeriums und der Europäischen Union mit ihrem KI-Gesetz der Krieg offenbar seinen eigenen Gesetzen folge: „Wir machen uns Sorgen über die Auswirkungen der KI in so vielen Diensten und Bereichen unseres Lebens, aber dort, wo sie die extremsten Auswirkungen haben kann – im Kontext des Krieges – überlassen wir es dem Militär“, zitiert ihn die Washington Post.
Bundeswehr-Brigadegeneral Michael Volkmer sieht keine Konflikte zwischen der künstlich intelligenten Waffen. Bisher. Und solange der Mensch „in the loop“ bleibt, also die Schnittstelle bildet zwischen den Möglichkeiten einer Waffe und dem realen Einsatz, wie er sagt: „Auch wenn sie das System selbst nicht mehr sehen – Stichwort: Drohne – dann wird es Mechanismen geben müssen, wo der Entscheider immer noch ein Bild sieht und entscheidet: Drück ich jetzt auf den Knopf – ja oder nein? Anders wird es aussehen, wenn Sie Maschine gegen Maschine kämpfen lassen.“