Ein Dorf verändert sich: Bürgermeister spricht über wichtige Weichen und Zukunftspläne
Im Interview zum Jahreswechsel spricht Bürgermeister Moritz Sappl über die großen Themen, die die Gemeinde 2024 angehen will. Vor allem ein Ortsteil ist im Fokus.
Eurasburg – Während die „große Politik“ gelegentlich verrückt zu spielen schien, erlebte die Gemeinde Eurasburg ein „konstruktives Jahr“, so der Eindruck von Bürgermeister Moritz Sappl. In jedem Fall wurden 2023 ein paar wichtige Weichen gestellt für große Projekte, die vor allem für den Ortsteil Beuerberg in nächster Zeit einige Veränderungen mit sich bringen werden – etwa durch die Eröffnung der Klosterherberge, das Thema Nahwärme und die Zusammenlegung der Schulhäuser am Standort Beuerberg. Aber der Rathauschef zeigt sich im Gespräch mit unserer Zeitung zuversichtlich: „Das Bild wird sich wieder verändern, aber ich bin sicher, dass es sich in die Dorfstruktur einweben wird.“
Herr Sappl, Sie haben den Gemeinderat in der letzten Sitzung verabschiedet mit dem Hinweis auf „ein verrücktes Jahr 2023“. Das war sicher auf das Weltgeschehen bezogen, denn in der Gemeinde Eurasburg war es doch eher ein entspanntes Jahr?
Sappl: Nein, entspannt war es nicht, aber es war ein sehr konstruktives Jahr, würde ich sagen. Nicht, dass Sie wie letztes Jahr wieder fragen müssen, ob ich mich gelangweilt habe (lacht). 2023 ist für die Gemeinde Eurasburg sehr geordnet abgelaufen, wir haben unsere Themen abgearbeitet. Manches könnte an der einen oder anderen Stelle sicherlich schon ein Stück weiter sein, dafür sind wir mit anderen Sachen fertig, wo man es nicht so leicht erwartet hatte.
Können Sie das ein bisschen konkretisieren?
Sappl: Ich wäre gerne mit dem Thema Nahwärme im Ortsteil Beuerberg schon ein Stück weiter. Aber da hat die Suche nach einem möglichen Standort für eine Wärmezentrale sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Wenn sie sich denn realisieren lässt, wird dies wohl nur auf einer Privatfläche möglich sein. Dafür soll es jetzt 2024 intensiver weitergehen. Auch bei der Kanalsanierung wäre ich gerne einen Schritt weiter gekommen, aber es gab Probleme mit einer Firma, sodass wir die verlorene Zeit erst wieder einholen müssen.
Bei einem anderen Thema, das den Gemeinderat seit Jahren beschäftigt, ist man einen ganz großen Schritt vorangekommen: der Schulhauszusammenlegung.
Sappl: Ja, das war mal einer unserer vom Gemeinderat beschlossenen Meilensteine, also eine sogenannte freiwillige Leistung der Gemeinde. Inzwischen ist daraus durch die gesetzlich geregelte Einführung der Ganztagsbetreuung eine klassische Pflichtaufgabe geworden. Die in diesem Zusammenhang beauftragte Machbarkeitsstudie, welche ergebnisoffen die beiden Schulhäuser und -standorte in Eurasburg sowie in Beuerberg beurteilt hat, führte letztlich dazu, dass ein klares, einstimmiges Votum für einen gemeinsamen Schulstandort in Beuerberg herausgekommen ist. Ich bin sehr froh, dass wir da so schnell mit allen Beteiligten, inklusive des Elternbeirats, einen Konsens gefunden haben. Jetzt ist die Machbarkeitsstudie soweit ausgearbeitet, dass wir sie im ersten Quartal 2024 auch im Gemeinderat präsentieren können.
Wie geht es in dem Punkt jetzt weiter?
Sappl: Der nächste Schritt ist, die baulichen Maßnahmen, die ja folgen müssen, konkret zu planen und dann umzusetzen. Ein Teil des bereits bestehenden Gebäudes wird saniert, ein weiterer Teil angebaut. Da sind auch irgendwann erhebliche Kosten zu stemmen. Es war ja schon mal als erste Größenordnung die Zahl von 15 Millionen Euro in den Raum geworfen worden. Das war natürlich nur eine grobe Schätzung. Auf jeden Fall wird es das größte gemeindliche Einzelbauprojekt, das es in Eurasburg in den letzten Jahren gegeben hat und ist damit auch zukunftsweisend für die Grundschule.
Eigentlich sollte ein anderer Meilenstein vorher längst aus dem Weg gerollt worden sein – aber das Kunstrasenspielfeld ist ein, fast muss man sagen, leidiges Dauerthema geworden. Wie ist da der Stand? Und ist beides nebeneinander finanziell überhaupt zu stemmen?
Sappl: Die Kosten für den Kunstrasenplatz liegen jetzt sehr deutlich über einer Million Euro. Es liegen drei Varianten auf dem Tisch, die teuerste mit rund 2,2 Millionen Euro, die günstigste liegt bei circa 1,3 Millionen Euro. Man muss da aber klar festhalten: Bauherr ist einzig und allein der SV Eurasburg-Beuerberg. Die Gemeinde würde sich finanziell und gegebenenfalls auch beratend beteiligen – ursprünglich wären wir mal mit einer Million dabei gewesen. Der Verein muss jetzt sagen, was er möchte, welche Variante es werden soll. Dazu ist im Januar das nächste Gespräch terminiert. Dass das eine finanzielle Herausforderung ist, ist auch klar.
Bei der Diskussion im Gemeinderat um eine Erhöhung der Gewerbesteuer wurde deutlich, dass finanziell in nächster Zeit auch durch Ansprüche des Landkreises einige zusätzlichen Belastungen auf die Gemeinde zukommen werden. In der Vergangenheit war Eurasburg stolz auf „viel Geld auf der hohen Kante“…
Sappl: … und die Schuldenfreiheit.
Aber damit wird es wohl bald vorbei sein?
Sappl: Man wird auf jeden Fall die großen Maßnahmen finanzieren müssen, anders wird’s nicht funktionieren. Wenn ich für das Schulhaus jetzt eine Summe von 15 Millionen Euro aufrufe (in der Hoffnung, dass es reicht), dann ist klar, dass das nicht aus dem Cashflow beziehungsweise aus den Rücklagen gezahlt werden kann, sondern finanziert werden muss. Es ist nicht mehr so viel Geld da, wie in den letzten Jahren, also stehen weniger freie Finanzmittel zur Verfügung. Aber die, die wir zur Verfügung haben, werden wir rentierlich einsetzen.
Bevor mit der Großbaustelle Schulhaus begonnen wird, soll aber eine andere, der Klosterumbau, ab-geschlossen sein. Im Laufe dieses Jahres soll die geplante Herberge mit Dorfladen et cetera eröffnet und mit Leben gefüllt werden. Wie wird dies das Dorfleben verändern?
Sappl: Das ist eine gute Frage. Eine Veränderung im Dorfleben wird es sicherlich geben. Das war ja auch schon in den Jahren der Ausstellungen mit bis zu 30 000 Besuchern so. Für den Gemeindeteil an sich sehe ich aber auch einen Gewinn, indem eine weitere Anlaufstelle im kulturellen, aber auch im gastronomischen Bereich geschaffen wird. Was man auch nicht vergessen darf: Es wurden in der Vergangenheit und werden auch künftig dadurch Arbeitsplätze geschaffen. Und: Das Kloster war immer und wird immer Ursprung des Ortes und ein zentraler Entwicklungspunkt in Beuerberg sein. Es waren immer – egal, ob das Kloster als Mütter-Genesungsheim, als Höhere-Töchter-Schule oder zuletzt als ein Ort für Spätaussiedler diente – sehr viele Leute da, die sich auch im Ort bewegt haben. Das Bild wird sich jetzt wieder verändern, aber ich gehe davon aus, dass es sich in die Dorfstruktur einweben wird. Dass es Veränderungen geben wird, muss jedem klar sein, aber ich denke, man wird sich damit arrangieren.
Wenig Stress bereitet hat in Eurasburg im vergangenen Jahr offenbar das Thema Flüchtlinge.
Sappl: Da hat uns unsere „Einkaufstour“, wie ihre Zeitung einmal geschrieben hat, gerettet. Die Gemeinde hat vor ein paar Jahren drei Liegenschaften gekauft, in denen jetzt Flüchtlinge untergekommen sind und entsprechend betreut werden. Das hat bis jetzt alles sehr gut geklappt. Dennoch ist das Thema auch bei uns nicht undiskutiert geblieben. Aber es ist von der Stimmung her sehr gewogen abgelaufen. Man hat einen gemeinsamen Weg gefunden.
Zurückstehen muss dafür allerdings der soziale Wohnungsbau, der seinerzeit ein wichtiger Antrieb für die „Einkaufstour“ war.
Sappl: Ja, das stimmt. Wir wollten ursprünglich das Anwesen an der Königsdorfer Straße in Beuerberg dafür nutzen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dieses sicher die nächsten zwei, drei Jahre für die Unterbringung von Flüchtlingen gebraucht wird. Wie es danach dann ausschaut, welche Fördermittel für Umbaumaßnahmen es dann noch gibt, kann jetzt kein Mensch voraussagen. Wenn man bedenkt, wie beispielsweise zuletzt die Förderung der E-Mobilität „über das Wochenende“ ad acta gelegt worden ist, muss man schauen, was an Förderungen da überhaupt noch übrig bleibt. Das wird man sehen. Davon unbeeindruckt haben wir das Thema sozialer Wohnungsbau ja jetzt auch im Gemeindeteil Berg aufgegriffen, um dort auf Erbpachtbasis – so ist zumindest derzeit der Plan – kostengünstig Eigentum für Gemeindebürger zu schaffen.
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Was wird 2024 die größte Herausforderung?
Sappl: Das werden sicher die Planung des Schulhauses (Was kostet es wirklich? In welcher Zeit ist es umsetzbar?) sowie das Projekt Nahwärme Beuerberg sein. Wenn wir das hinkriegen, dann ist das Thema Energie und Heizungswechsel auch in den kommunalen Liegenschaften geklärt, im Kindergarten, im Schulhaus, im Feuerwehrhaus und später auch im „Fischhaberhaus“. Das sind in diesem Jahr die Schwerpunkte. Zudem werden wir im ersten Halbjahr 2024 sicher ein erstes Sondierungsgespräch zum Thema Dorfgemeinschaftshaus haben.
Was hat Sie im vergangenen Jahr am meisten gestresst?
Sappl: Letztlich das, was durch Entwicklungen in der „großen Politik“ an Unsicherheit entstanden und verbreitet worden ist. Und was dadurch auf die einzelnen Bürger eingeprasselt ist, die dann zum Bürgermeister gekommen sind und nicht mehr gewusst haben, was sie tun sollen. Das war sicher einer der großen Stressfaktoren.
Was war für Sie das erfreulichste Ereignis?
Sappl: Dass wir heuer wieder in aller Ruhe und ohne Einschränkungen unseren Maibaum aufstellen und Feste haben feiern können, aber auch, mal eine anständige Maß Bier zu trinken, ohne Sorge haben zu müssen, dass man sich ansteckt.
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Was hat Sie in 2023 am meisten beeindruckt?
Sappl: Einerseits, dass die heutige Gesellschaft doch ein bisschen vom Egoismus geprägt ist. Aber andererseits habe ich gespürt, wenn ich zum Beispiel die Maiburschen angeschaut habe und die anderen Institutionen, dass sie wieder die Energie haben und die Leidenschaft, ihre Projekte umzusetzen. Dass nicht die Lethargie des Kanapees vorherrscht, sondern dass es weitergeht und versucht wird, auch wieder für die Gemeinschaft etwas zu tun.
Angenommen, Sie hätten drei Wünsche frei für 2024. Welche wären das?
Sappl: Als Erstes Gesundheit, die ist das Allerwichtigste, was wir haben. Zweitens, dass die Gesellschaft gemeinschaftlich voranschreitet und dies im Dorfleben sichtbar ist. Und dass man die Freuden des Lebens genießen kann, bei allen schlechten Nachrichten, die durch die Presse und die Medien gehen. Drittens, dass man trotzdem aller individuellen Widrigkeiten den Lebensmut nicht verliert, sondern die Freude im privaten Bereich genießen kann und dadurch Kraft schöpft. Das ist das, was man sich absolut wünschen muss.
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