Dobrindt nach Ampel-Aus: „Deutschland kann sich keinen Kanzler im Koma leisten“
Nach dem Ampel-Aus setzt die Union alles daran, schnelle Neuwahlen zu erzwingen. Spitzenkandidat der CSU soll Alexander Dobrindt werden. Der Münchner Merkur hat mit ihm gesprochen.
Keiner hat die Ampel so lustvoll, teils kreativ beschimpft wie Sie. Fehlt Sie Ihnen jetzt ein bisschen?
Im Gegenteil. Das Ampel-Ende ist eine Erlösung für Deutschland, für die Menschen wie für die Wirtschaft, und die Chance für ein deutsches Comeback.
Scholz‘ Vertrauensfrage: „Die Bürger wollen schnelle Neuwahlen“
Da gibt‘s ein kleines Hindernis: Rot-Grün regiert weiter. Wird die Auseinandersetzung noch härter?
Es ist verantwortungslos von Olaf Scholz, ohne jede stichhaltige Begründung wochenlang die Vertrauensfrage hinauszuschieben. Er hat nicht nur das Vertrauen in seiner Regierung verloren, sondern auch im Bundestag und in der Bevölkerung. Was er jetzt versucht, ist nichts anderes als politische Insolvenzverschleppung. Deutschland kann sich aber keinen machtlosen Kanzler im politischen Koma leisten.
Sie haben keine Chance, ihn zur Vertrauensfrage zu zwingen. Ohnmächtig sind Sie also schon auch.
Zwingen können wir ihn nicht, aber auffordern können wir ihn schon. Die Umfragen dazu sind auch eindeutig. Die Bürger wollen schnelle Neuwahlen. Der Bundespräsident hat auch mahnende Worte an Olaf Scholz gefunden: „Deutschland braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung.“ Das ist doch die klare Aufforderung, schnellstmöglich zu Neuwahlen zu kommen.
Kritik nach Ampel-Aus: „Wir werden die Trümmer der einstürzenden Ampel nicht auffangen“
Ausweg: Die Union steigt in die Regierung übergangsweise ein?
Wir werden die Trümmer der einstürzenden Ampel nicht auffangen. Die Reihenfolge ist glasklar: Scholz muss schnell die Vertrauensfrage im Bundestag stellen; dann können wir über mögliche gemeinsame Projekte reden, die im Parlament abgearbeitet werden können.
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Welche?
Scholz hat eine Reihe von Themen angekündigt, die er glaubt, noch schnell umsetzen zu müssen: von Rente bis kalter Progression. All das kann eine nächste Regierung seriös und überlegt beschließen. Wenn aber auf der Strecke bis dahin dringendste Entscheidungen notwendig werden, werden die an uns nicht scheitern.
Nach den Neuwahlen: „Es gibt mit uns keine Zusammenarbeit mit der AfD“
Der Alltag droht aufgeregt zu werden: Ein Aufschrei, sobald etwa Union, FDP und AfD gemeinsam eine Mehrheit für etwas finden. Wie gehen Sie damit um?
Die meisten übersehen: Es gibt keine Mehrheit von CDU, CSU, FDP und AfD. Dazu müssten andere auch noch dabei sein. Es gibt mit uns keine Zusammenarbeit mit der AfD, das ist völlig klar. Wenn der Kanzler die Vertrauensfrage lange hinauszögert, gibt es aber keinen Politikstillstand im Deutschen Bundestag. Die Union wird dann für uns wichtige Anträge und Gesetzesvorschläge im Bundestag zur Abstimmung bringen.
Und wenn einer nur dank AfD beschlossen wird?
Das kann nicht der Maßstab der Überlegung sein bei der Behandlung von Anträgen im Bundestag. Die Ampel-Reste haben keine Mehrheit mehr. Also sollten sich doch jetzt SPD und Grüne überlegen, ob sie nicht unseren Vorschlägen zustimmen können.
Auch wenn das verfassungsrechtlich nichts ändert: Bringen Sie einen Antrag ein, wonach der Bundestag dem Kanzler offiziell das „Misstrauen“ ausspricht?
Das steht zurzeit nicht zur Debatte. Wir fordern den Bundeskanzler auf, in der nächsten Sitzungswoche die Vertrauensfrage zu stellen. Der demokratische Anstand gebietet, ihm diese Bedenkzeit zu geben.
Sie werden CSU-Spitzenkandidat. Wahlziel: Minister unter Merz zu werden?
Ich will die Liste der CSU anführen und ein maximal starkes Ergebnis für die CSU erreichen. Alle anderen Fragen werden besprochen, wenn wir die die nächste Bundestagswahl erfolgreich bestritten haben.
Springt Söder doch noch ins Berliner Kabinett?
Markus Söder hat mehrfach deutlich gesagt, dass er Parteivorsitzender und Ministerpräsident bleiben wird.
Aus der Landespolitik kündigt FW-Chef Aiwanger seine Kandidatur an. Sollte er dafür jetzt als Minister oder wenigstens Vize-Ministerpräsident zurücktreten?
Ich würde Hubert Aiwanger vor allem raten, dass er auf seine Bundestagskandidatur verzichtet. Es ist vollkommen sinnlos, die Freien Wähler werden nicht einziehen. Seine Kandidatur ist nicht mehr als ein vorgezogener Faschingsscherz.
Wissing bleibt nach Ampel-Bruch Minister: „Verrat an seiner Partei“
Volker Wissing bleibt Minister, parteilos. Ist das staatstragende Pflichterfüllung oder prinzipienlose Dienstwagensucht?
In erster Linie ist es Verrat an seiner Partei, die ihn jahrzehntelang getragen hat. Da ist etwas gehörig schief gelaufen in der FDP. Mein ohnehin nicht so ausgeprägter Respekt gegenüber Herrn Wissing ist restlos verloren.
Wenn Sie im Bundestag Christian Lindner über den Weg laufen – ist er Freund oder Feind?
Im Bundestag ist er ein demokratischer Wettbewerber und wir begegnen uns freundlich. Das war auch in der Vergangenheit so. Die verbale Brutalität mit den persönlichen Herabsetzungen zwischen Scholz und Lindner in den vergangenen Tagen, vor allem von Seiten des Kanzlers, finde nicht nur ich befremdlich.