„Finger weg!“: Experten warnen vor gefährlichem Milch-Trend für Schwangere
Leicht verdaulich, vitaminhaltig, gesund. Rohmilch soll laut einem TikTok-Trend das Superfood für Schwangere sein. Aber Experten widersprechen deutlich.
München – „Rohmilch ist flüssiges Gold!“, heißt es auf der Videoplattform TikTok. Um die unbehandelte Milch ist hier ein regelrechter Hype entstanden. Besonders reich an Omega-3-Fettsäuren, Folsäure, Vitaminen und entzündungshemmenden soll sie sein – ein absolutes Superfood. „Rohmilch ist so underrated!“, schreiben die Influencer. Ein „Superfood“ – angeblich.
Gefährlicher Rohmilch-Trend auf TikTok: Experten warnen vor dem angeblichen „Superfood“
Auch und vor allem Schwangeren wird die Rohmilch mitunter empfohlen. Aber Experten protestieren: „Finger weg!“ Während der Schwangerschaft wird vom unbehandelten Tierprodukt explizit abgeraten.
Der Konsum von Rohmilch sei generell „nicht ungefährlich“, schreibt das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz. Durch die fehlende Wärmebehandlung werden eventuell vorhandene Mikroorganismen nicht abgetötet und können sich in der Rohmilch vermehren. Genau deshalb wurde bereits im 19. Jahrhundert die schonende Wärmebehandlung (Pasteurisierung) erfunden.
Verzehr von Rohmilch: Darmentzündung und Nierenprobleme drohen
Früher wurde damit in erster Linie die Ausbreitung der Tuberkulose verhindert, heute zum Beispiel Viren wie dem Vogelgrippevirus H5N1, das in den USA jüngst in Milch festgestellt wurde. Außerdem tötet die Behandlung auch Krankheitserreger wie Salmonellen, Listerien, EHEC und Campylobacter ab.
Übliche Probleme nach dem Verzehr von belasteter Rohmilch: Akute Darmentzündungen oder Nierenprobleme. In rund 360 Rohmilchproben wurden in den letzten Jahren bei einer Untersuchung im Auftrag des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) potenziell gefährliche Keime festgestellt. Etwa zehn Prozent enthielten multiresistente Bakterien.
Schwangere sollten keine rohen Tierprodukte zu sich nehmen
Keim-Alarm! Und Schwangere sind besonders gefährdet. Hormonelle Veränderungen schwächen die Immunabwehr während der Schwangerschaft. Dadurch sind werdende Mütter empfänglicher für Infektionen, die auch das Kind gefährden können. Besondere Vorsicht gilt vor Listerien und Toxoplasmose-Erregern. Schwangere sollten keine rohen Tierprodukte zu sich nehmen, hält das Netzwerk „Gesund ins Leben“ fest.
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Mittlerweile rudern auch einige TikToker zurück, merken an, dass Schwangere vielleicht doch lieber nicht zum angeblichen „Superfood“ greifen sollten. Aber schon das geht für Experten zu weit. Listerien und E.Coli-Bakterien, die in Rohmilch durchaus vorhanden sein können, verursachen auch bei nicht-schwangeren, gesunden Personen schnell Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall.
Rohmilch vom regionalen Bauernhof grundsätzlich gut – „Man sollte aber die Milch abkochen“
Hinter dem Trend steckt allerdings nicht nur ein Gesundheits-Mythos. Biologisch, lokal und nachhaltig ist die Rohmilch, die man direkt beim Bauern von der Weide bekommt. Ein schöner Gedanke. Und wer regionale Bauern unterstützen und Rohmilch am Hof kaufen möchte, muss nicht grundsätzlich verzichten. „Man sollte aber die Milch abkochen“, rät Fritz Treiber, Molekularbiologe an der Uni Graz, in der Kleinen Zeitung.
Wer zu Hause selbst pasteurisieren möchte, muss die Milch nur 20 bis 30 Sekunden auf mindestens 72 Grad Celsius erhitzen. „Ich sehe keinen Grund, wieso man einen Rückschritt machen sollte zu einer Zeit, bevor die Pasteurisierung erfunden wurde“, fügt Treiber an, „wenn man über Rohmilch zurück zu den Wurzeln möchte, muss man auch die gesundheitlichen Symptome bzw. Folgen in Kauf nehmen, die es damals gab.“

Milch aus dem Supermarkt ist die sichere Variante
Fest steht: Bei Milch aus dem Supermarkt bewegt sich der Verbraucher eigentlich auf sicherem Terrain. Sie wird in Deutschland vor dem Verkauf grundsätzlich wärmebehandelt und ist deshalb nach Angaben des BVL unbedenklich. Außerdem bleiben gesunde Nährstoffe wie Calcium auch in pasteurisierter Milch enthalten, alle Nährstoffe, die beim Erhitzen wegfallen, können mit einer ausgewogenen Ernährung abgedeckt werden. Treiber betont, Rohmilch sei nicht notwendig für eine gesunde Ernährung: „Alles andere, das in diesem Zusammenhang angepriesen wird, geht schon in Richtung einer falsch verstandenen Natürlichkeit oder Esoterik.“ (moe/dpa)
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