„An guten Tagen 4000 Euro“: Bürgergeld-Empfänger gesteht im TV zusätzliche Schwarzarbeit
Rund 1200 Euro bekommt Nico monatlich durch Wohn- und Bürgergeld. Zu wenig. Er arbeitet regelmäßig schwarz, gesteht der Sozialleistungsempfänger.
Syke – Dass das Bürgergeld immer wieder für Diskussionen, ob in der Politik oder privat sorgt, ist wohl kein Geheimnis. Dabei erhalten manche Empfänger und Empfängerinnen nicht nur den ihnen zustehenden Betrag, sondern arbeiten zusätzlich schwarz, um die Haushaltskasse aufzubessern. Das zeigt eine Recherche von Stern TV und macht damit ein Problem deutlich.
Schwarzarbeit und Bürgergeld: „Ich habe auch keinen Bock zu arbeiten für den Mindestlohn“
„Ich sage es euch ehrlich wie es ist, also ich habe auch keinen Bock zu arbeiten für den Mindestlohn, mir noch eine Wohnung davon zu finanzieren“, erklärt Nico, dessen Name geändert wurde, in dem Beitrag. Der Mann bezieht bereits seit vier Jahren Sozialleistungen und arbeitet nebenher schwarz. Ein Grund dafür seien die hohen Lebenshaltungskosten. „Da hast du ja im Endeffekt auch gar nichts mehr, was für dich übrig bleibt“, erklärt er.
Aus diesem Grund arbeite er schwarz. Zu diesem Verdienst kommen Bürgergeld, in Höhe von knapp 560 Euro, sowie Wohngeld von 650 Euro warm monatlich hinzu. Das führe zu einem hohen Gesamteinkommen, so meint er: „Wenn ich das jetzt alles zusammenrechnen würde, an guten Tagen, habe ich dann auch schon meine knapp 4000 Euro verdient.“
Wie das Bundesministerium der Finanzen erklärt, wurden im Jahr 2023 knapp mehr als 100.000 Strafverfahren wegen Schwarzarbeit eingeleitet. Wie hoch der Anteil an Personen, die Sozialleistungen beziehen, ist, ist in den Zahlen nicht erkenntlich. Seit der Einführung des Bürgergelds hat die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) einen Anstieg der illegalen Beschäftigung festgestellt. Belastbare Statistiken, wie hoch der Anteil von Personen, die Sozialleistungen beziehen, ausfällt, gibt es aufgrund der hohen Dunkelziffer allerdings nicht.
„Die meisten Empfänger erhalten ihre Leistungen zu Recht. Jedoch kommt Missbrauch vor und kann mit Schwarzarbeit einhergehen. Für die Bekämpfung von Schwarzarbeit ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zuständig“, schreibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf Anfrage von IPPEN.MEDIA.
Warum arbeiten viele Bürgergeldempfänger und -empfängerinnen schwarz?
Bezieht man neben dem Bürgergeld anderweitiges Einkommen, wird dieses meist auf die Leistungen angerechnet, wodurch auf weniger Geld Anspruch besteht. Bei der Schwarzarbeit wird das zusätzliche Einkommen nicht angegeben und kann neben den vollen Bürgergeldleistungen bezogen werden.
(Quelle: buerger-geld.org)
Bürgergeld-Empfänger hinterlässt absichtlich schlechten Eindruck bei Vorstellungsgesprächen

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Damit seine Leistungen nicht gekürzt werden, muss Nico Vorstellungsgespräche wahrnehmen. Dort hinterlasse er einen möglichst schlechten Eindruck, um nicht eingestellt zu werden. So erklärt er: „Danach geht es einfach nur darum, alles zu tun, dass du von dem Arbeitgeber nicht angenommen wirst.“
Hohe Strafen: Bei Schwarzarbeit erschleichen sich Bürgergeldempfänger staatliche Leistungen
Dabei kann Schwarzarbeit weitreichende Folgen haben. In Härtefällen können für Bußgelder von bis zu 500.000 Euro, sowie Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren drohen. Zudem kommt bei Bürgergeldempfängern und -empfängerinnen laut buerger-geld.org das Erschleichen von staatlichen Leistungen hinzu, was den Straftatbestand des Betrugs erfüllt. Im Minimalfall muss zumindest das zu Unrecht erhaltene Bürgergeld zurückgezahlt werden.
„Ehrlich gesagt habe ich kein schlechtes Gewissen dabei“, meint Nico. Anders ist es bei Alexandra, die ebenfalls in dem Beitrag gezeigt wird und bereits seit zehn Jahren Bürgergeld und Schwarzarbeit kombiniert. Sie gesteht: „Ich schäme mich zwar, dass ich schwarz arbeite und Bürgergeld kassiere, deshalb erzähle ich davon nicht, aber die Schuldgefühle habe ich längst schon aufgegeben, als ich gesehen habe, dass immer mehr Menschen auf diese Weise ohne irgendwelche Konsequenzen leben.“
Dabei könnte ein Grund dafür, dass viele Menschen zusätzlich zum Bürgergeld schwarz arbeiten, auch ein zu geringer Bürgergeldsatz sein. So forderte zumindest der Paritätische Gesamtverband, bereits im Jahr 2022, eine Erhöhung des Regelsatzes auf 725 Euro, sowie eine vollständige Übernahme der Stromkosten. Dieser wurde zwar mittlerweile angehoben, liegt aber mit 563 Euro noch deutlich darunter. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagt: „Die Leistungen bleiben trickreich kleingerechnet, reichen vorne und hinten nicht und gehen an der Lebensrealität der Menschen vorbei.“ Der Verband kritisiert, dass das verfassungsrechtlich gebotene soziokulturelle Existenzminimum damit nicht abgedeckt werden könne.
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