Neue Blitzer-Verordnung in Italien gilt auch für Urlauber – Was Sie wissen müssen

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Italien zählt zu Europas Blitzer-Hochburgen. Über 11.000 Kameras stehen im beliebten Urlaubsland – doppelt so viele wie hierzulande. Das könnte sich bald ändern.

Rom – Wenn es um Trunkenheit am Steuer geht, scheinen die Verkehrsbehörden in Italien absolut keinen Spaß zu verstehen. Bereits vergangenen Sommer hatte das Land mitten in der Urlaubssaison drastischere Regeln und empfindliche Strafen angekündigt, im März dieses Jahres wurde in sechs Punkten noch einmal nachgeschärft. Die Maßnahmen machen auch vor Urlaubern nicht Halt.

Nach einem neuen Gesetzesentwurf sollen nun auch die Geschwindigkeitskontrollen angepasst werden – allerdings könnte die in Italien umstrittene Regelung zugunsten von Temposündern sein.

Zu viele, zu versteckt, zu dicht hintereinander: Blitzer sorgen für Unmut in Italien

In Italien sollte man sich tunlichst an das Tempolimit halten: mehr als 11.000 Blitzer stehen im südlichen Urlaubsland, das ist europäischer Spitzenwert, wie unter anderem Südtirol News informiert. Zum Vergleich: Laut dem Verkehrsportal bussgeldkatalog.org stehen in Deutschland mit knapp 4500 stationären Blitzern nicht einmal halb so viele, wie in Italien.

„Autovelox“: Eine Blitzeranlage in Italien. (Symbolfoto)
Verkehrssicherheit oder Gemeindekassen aufbessern? Autofahrer kritisieren, dass viele Blitzeranlagen in Italien nur schwer sichtbar angebracht seien. Künftig gelten strengere Vorschriften für Radarkontrollen. (Symbolfoto) © Imago

Die extrem hohe Zahl an „Autovelox“, wie die stationären Geschwindigkeitskontrollen in Italien heißen, ist einer der Gründe, warum sich bei vielen Einheimischen das Gefühl von Geldmacherei aufdrängt. Wie die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Rai schreibt, ist es aber auch die Art, wie und wo die Blitzer installiert sind, die vielen Bürgern und sogar der Politik übel aufstoßen.

Oftmals seien die Radarkontrollen versteckt angebracht, Hinweise für Autofahrer seien unzureichend, so die Kritik an den geltenden Maßnahmen. Außerdem können mehrere Blitzer dicht aufeinander folgen. Das sorgt schon lange für Unmut unter einheimischen und touristischen Autofahrern. Und zu handfesten Protesten: unter dem Pseudonym „Fleximan“ hat landesweit ein Kollektiv eigenmächtig Blitzeranlagen sprichwörtlich abgesägt. Mit einer Flex-Säge hat der „Blitzer Robin Hood“ Italiens meist über Nacht reihenweise Radarkontrollen außer Gefecht gesetzt.

Neue Blitzer-Verordnung: So erschwert Italien den Gemeinden die Radarkontrolle

Nun nimmt sich auch die Politik die geltenden Blitzer-Regeln vor. Am Dienstag (28. Mai) soll die neue Blitzer-Verordnung vorgestellt werden, nach der künftig Radarkontrollen vorab von den höheren Verwaltungsämtern (Präfekt) genehmigt werden müssen. Zuvor konnten die betreffenden Gemeinden eigenmächtig die Blitzer installieren. Zudem müsse nun nachgewiesen werden, dass die Blitzer an den jeweiligen Stellen notwendig seien.

Folgendes soll künftig gelten:

  • Die Gemeinden müssen beim Präfekten eine Genehmigung für die Installation von Radarkameras einholen und anhand von Zahlen nachweisen, dass die Maßnahme dazu dient, geschwindigkeitsbedingte Unfälle zu begrenzen. Das gilt auch für mobile Messgeräte.
  • Blitzer müssen mit entsprechenden Hinweisen angekündigt werden: Außerorts mindestens 1000 Meter vor einer Anlage, 200 Meter innerorts und 75 Meter auf anderen Straßen.
  • Innerorts dürfen Blitzer nur aufgestellt werden, wo Tempolimit 50 gilt.
  • Zwischen zwei Blitzern müssen außerorts mindestens drei Kilometer liegen.

Zwei Wochen nach Verkündung soll die Blitzer-Verordnung in Kraft treten. „Sie werden dort eingesetzt, wo sie tatsächlich gebraucht werden und nicht als zusätzliche Steuer“, sagte Italiens Minister für Infrastruktur und Verkehr und stellvertretender Ministerpräsident Matteo Salvini. „Schluss mit den Radarfallen.“ Vor dem generellen Geschwindigkeitslimit auf italienischen Autobahnen sollten sich deutsche Fahrer dennoch in Acht nehmen.

Verkehrssicherheit versus Geldmacherei: Italien diskutiert über Blitzer-Maßnahmen

Wie italienische Medien einstimmig berichten, haben die Gemeinden zwölf Monate Zeit, die Blitzer an die neuen Vorgaben anzupassen. Sind sie das bis dahin nicht, werden sie deinstalliert. Bußgelder dürften dann nur von entsprechend regelkonformen Blitzeranlagen gültig sein – und das seien nach aktuellen Stand nur die wenigsten, wie auch die italienische Vanity Fair schreibt. Im Zweifel entscheide der Oberste Gerichtshof.

Unter vielen Autofahrern dürfte die neue Verordnung auf Wohlwollen treffen. Unter Italiens Opposition findet sie dagegen wenig Zustimmung. „Geschwindigkeitsbegrenzung dient der Rettung von Leben, nicht dem Geldverdienen“, sagt etwa der sozialdemokratische Abgeordnete Andrea Casu. „Überall, wo Blitzer eingesetzt werden, ist die Zahl der Toten und der Verletzten viel niedriger“, sagte Italiens Stadtplaner Matto Dondé zu dem Thema gegenüber La Repubblica.

Zahlen zeigen aber auch, dass dank der „Autovelox“ ordentlich Geld fließt. Mehr als 75 Millionen Euro erwirtschafteten die 20 größten Städte des Landes in 2022 durch Blitzer-Bußgelder. Das ermittelte die Verbraucherschutzorganisation Codacons auf der Grundlage von Zahlen aus dem Innenministerium. Allein die Touristenmetropole Florenz habe dadurch mehr als 23 Millionen Euro an Einnahmen verbucht. (rku)

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