Wegen möglichem Abzug von US-Truppen: EU-Verteidigungsminister fordert „klaren Fahrplan“

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Kommt es zum US-Truppenabzug aus Europa? Finnland fordert in so einem Fall ein „gemeinsames Konzept“, um die Sicherheit Europas zu gewährleisten.

Warschau – Die US-Regierung hat angedeutet, in Europa stationierte US-Truppen abzuziehen. Man könne nicht davon ausgehen, dass „die Präsenz Amerikas ewig währen wird“, erklärte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth im Februar bei einem Besuch in Polen. Bei einem Truppenbesuch in Stuttgart betonte Hegseth, dass die US-Regierung die weltweite Lage der Streitkräfte überprüfen werde.

Die unklaren Andeutungen der US-Regierung haben in Europa Besorgnis ausgelöst. Insbesondere stellt sich die Frage, wie zuverlässig das 80 Jahre alte Sicherheitsabkommen zwischen Europa und den USA noch ist, das seit dem Zweiten Weltkrieg als Grundlage der Sicherheit des Kontinents dient.

Falls es zu einem US-Truppenabzug kommt: EU braucht „gemeinsames Konzept mit den Amerikanern“

Der finnische Verteidigungsminister Antti Häkkänen forderte für die europäischen Nato-Verbündeten einen „klaren Fahrplan“, falls es zu einem US-Abzug aus Europa kommen sollte. „Wir brauchen ein gemeinsames Konzept mit den Amerikanern für einen Fahrplan, falls die USA das Gleichgewicht der konventionellen Verteidigungsfähigkeiten im Pazifikraum verschieben“, sagte Häkkänen in einem Telefoninterview mit Politico nach einem informellen Treffen der EU-Verteidigungsminister in Warschau.

Er betonte, dass ein „klarer Fahrplan“ aus Washington notwendig sei, „damit es für Russland keinerlei Zeitfenster für Versuche gibt“. Außerdem müssten die Pläne der USA mit den Initiativen der EU zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit des Blocks koordiniert werden.

Auch Boris Pistorius, deutscher Verteidigungsminister, hatte im vergangenen Monat Pete Hegseth darum gebeten, „einen Fahrplan zu entwickeln, um Fähigkeitslücken zu vermeiden, die Lastenverteilung schrittweise zu organisieren und festzulegen, wer was tut“, falls die USA ihre Truppen von Europa in den Indopazifik verlagern. Pistorius habe laut Politico aber weder vom Weißen Haus noch vom Pentagon eine Antwort erhalten.

US-Soldaten in Europa: Deutschland hat die meisten US-Militärbasen

Derzeit sollen etwa 80.000 amerikanische Soldaten in Europa stationiert sein, berichtete die Washington Post. Wie aus einer Anfrage der Linken aus dem Sommer 2023 hervorgeht, waren im Jahr 2022 etwa 38.000 US-Soldaten in Deutschland stationiert. Seit Trumps Amtsantritt gibt es Bedenken, dass er die Truppenstärke verringern könnte, da er solche Pläne bereits in seiner ersten Amtszeit verfolgte. Konkrete Aussagen zu einer Reduzierung hat Trump jedoch bislang nicht gemacht.

Laut der US-Nachrichtenseite Newsweek gibt es in Europa mehr als 38 US-Militärbasen. Die meisten dieser Basen befinden sich in Deutschland, insbesondere in der Mitte und im Süden des Landes. Italien folgt mit sieben Basen, darunter drei Luftbasen und zwei Heeresgarnisonen, während Großbritannien mit sechs Basen der Royal Air Force an dritter Stelle steht, die ebenfalls US-Truppen beherbergen.

US-Soldaten in Reihe
Rund 80.000 US-Soldaten sind in Europa stationiert. Ein Truppenabzug hätte weitreichende Folgen (Symbolbild). © IMAGO/Michael Ho Wai Lee / SOPA Images

EU-Aufrüstung: 800 Milliarden Euro an Militärausgaben

„Europa ist ohne die Fähigkeiten der USA zu schwach. Es muss durch europäische Fähigkeiten ergänzt werden“, sagte Häkkänen gegenüber Politico. Die EU spielt eine zunehmend größere Rolle in der Verteidigung, um der Bedrohung durch Russland entgegenzuwirken. Als Antwort auf die Unberechenbarkeit der USA unter Donald Trump reagiert die EU mit einer massiven Aufrüstung: Lockerung der nationalen Haushaltsregeln und eine Bereitstellung von Verteidigungskrediten in Höhe von 150 Milliarden Euro.

Häkkänen erklärte, dass die Pläne der Europäischen Kommission „auf dem richtigen Weg“ seien, um die Verteidigung des Blocks bis 2030 zu stärken und potenziell bis zu 800 Milliarden Euro an Militärausgaben freizusetzen. Es wird erwartet, dass die EU-Staats- und Regierungschefs im Juni zu diesen Vorschlägen Stellung nehmen. (lw)

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