„Bisher hatte ich 32 Operationen“: Carola D. leidet unter seltenem Gendefekt und war lange wohnungslos

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In der neuen Wohnung macht Carola D. noch das Alleinsein zu schaffen. (Symbolfoto) © kna

Die Spendenaktion „Leser helfen helfen“ unterstützt Menschen im Landkreis, die unverschuldet in Not geraten sind. So wie die 40-jährige Carola D.

Bad Tölz-Wolfratshausen – „Ich habe das Gefühl, dass ich jetzt langsam angekommen bin“, sagt Carola D. (Name von der Redaktion geändert). Vor Kurzem hat sie ihre erste eigene kleine Wohnung bezogen. Noch fehlt einiges an Einrichtung, sie benötigt eine Waschmaschine, einen Schreibtisch, auch Winterschuhe. Nach und nach will sie alles zusammentragen. Ihre Finanzen reichen gerade so für das Nötigste. Dennoch ist die 40-Jährige aus dem Landkreis zuversichtlich, sich hier etwas aufbauen zu können – endlich.

Durch Gendefekt körperlich eingeschränkt

Es waren die Gesundheit und auch die familiären Verhältnisse, die es Carola D. unmöglich machten, den Lebensweg zu beschreiten, den sie sich wünschte. Zur Welt kam sie mit einem seltenen Gendefekt. Die Symptome: Kleinwüchsigkeit, je sechs Finger beziehungsweise Zehen an Händen und Füßen, Fußfehlstellung, Herzfehler. „Ich hatte dadurch bisher 32 Operationen“, berichtet sie. „Und man kann nie sagen, was als Nächstes kommt.“ Vor einigen Jahren erlitt Carola D. eine Lungenembolie. Chronische Schmerzen sind ihr ständiger Begleiter. Dazu kommen psychische Probleme.

Schon mit einer kleinen Spende an „Leser helfen helfen“ kann jeder bedürftigen Menschen im Landkreis helfen.
Schon mit einer kleinen Spende an „Leser helfen helfen“ kann jeder bedürftigen Menschen im Landkreis helfen. © Archiv

In ihrem Elternhaus in einer Gemeinde im Landkreis fühlte sich Carola ungewollt. Mutter und Vater hätten sie bloß als Kostenfaktor betrachtet, sagt sie. Zum größten Teil wuchs sie bei den Großeltern auf. Zurück bei den Eltern sei die Situation irgendwann eskaliert. „Ich habe es dort nicht mehr ausgehalten und bin zu meinem damaligen Freund gegangen.“ Im folgenden Lebensabschnitt war Carola D. „überall, aber nirgends zu Hause“, wie sie es beschreibt. Mal übernachtete sie bei Freunden, mal in der damaligen Wohnungslosen-Notunterkunft Haus Jakobus in Bad Tölz. Dazwischen lagen wiederholt Klinikaufenthalte.

Nach langer Odyssee die erste eigene Wohnung

Schließlich führte sie ihr Weg in eine vollstationäre soziale Reha. „Dabei hatte ich Höhen und Tiefen“, sagt die 40-Jährige im Rückblick. Sie beschreibt sich als Menschen, dem seine Selbstständigkeit sehr wichtig ist und der Probleme damit hat, anderen Menschen zu vertrauen. „Ich hatte Angst, dass mir zu viel Verantwortung für mein Leben genommen wird und ich gar nichts mehr selbst entscheiden kann.“ Der nächste Schritt war der Umzug in eine therapeutische Wohngemeinschaft. „Da hatte ich mehr Freiheiten, aber es war nichts Eigenes, mir fehlte die Privatsphäre.“

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Seit einigen Wochen lebt Carola D. nun in einer eigenen Wohnung. Noch machen ihr die Umstellung und das Alleinsein zu schaffen. Auch in praktischen Dingen ist sie auf Hilfe angewiesen, kann ihre Einkäufe zum Beispiel nicht selbst in den zweiten Stock hinauftragen. „Gerade in der Weihnachtszeit kommt alles hoch“, sagt sie. Mit den Eltern hat sie keinen Kontakt mehr, auch die einst starke Verbindung zu den Großeltern riss ab. „Heute besteht meine Familie aus meiner besten Freundin und den Mitarbeitern der Caritas.“

Ihre Ausbildung musste Carola D. abbrechen

Finanziell sei ihre Lage schwierig, sie lebt von Sozialleistungen des Bezirks. Carola D. begann einmal eine Ausbildung zur Bürokauffrau. „Aber die musste ich abbrechen, wegen meiner vielen Operationen.“ Wenn es ginge, würde sie die Ausbildung gerne fortsetzen. Weitgehend ist sie allerdings erwerbsunfähig. Theoretisch könnte sie zwei bis drei Stunden am Tag arbeiten. Carola D. hat ein Kleingewerbe angemeldet, macht Ketten und bedruckt Textilien. „Das macht mir Spaß und ich bin beschäftigt“, sagt sie. Damit diese Arbeit ihren Lebensunterhalt unterstützt, müsste sie das Gewerbe aber noch ausbauen. In diesem Jahr hat sie allerdings erst einmal drei weitere größere Klinikaufenthalte vor sich. (ast)

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