Referenzertragsmodell auf dem Prüfstand: Gegenwind für Windkraftpläne in oberbayerischer Gemeinde?

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Noch ist das Windrad auf dem Bühlach bei Peiting das einzige im Landkreis. © Hans-Helmut Herold

Derzeit läuft bekanntlich das Genehmigungsverfahren für die drei geplanten Windräder auf den Bergwiesen bei Peiting. Ungemach könnte dem Projekt durch die Bundespolitik drohen.

Peiting – Dass Windräder in der Nähe von bedeutsamen Stätten Stoff für Konflikte bieten, sieht man gerade mal wieder am Beispiel des Wallfahrtsorts Maria Vesperbild im schwäbischen Landkreis Günzburg. Dort rührt sich aktuell der Protest gegen Pläne eines Investors, der in der Nähe bis zu 15 Windräder errichten will.

Auch in Peiting gab es wegen der Nähe zum Welterbe Wieskirche lange Bedenken vonseiten des Denkmalschutzes und der Unesco gegen den Bau von Windkraftanlagen auf der Flur der Marktgemeinde. Dank eines aufwendigen Denkmalkonzepts samt eines „Heritage Impact Assesments“ für den geplanten Standort auf den Köpfinger Wiesen in elf Kilometer Entfernung, schien eine Lösung gefunden, bis sich der Naturschutz für die Fläche als unüberwindbares Hindernis herausstellte.

Nun sollen die drei Windräder bekanntlich auf den Bergwiesen errichtet werden, die deutlich näher an der Wieskirche liegen, was die Sache mit dem Denkmalschutz wieder verzwickter macht. Schon bei der Genehmigung des Bauantrags im Bauausschuss der Gemeinde Ende Juli hatte Bürgermeister Peter Ostenrieder gesagt, dass der Standort aus Unesco-Sicht Einschränkungen mit sich bringe, weil die Spitze einer Anlage vom Welterbe aus zu sehen sei. Dass dies das Genehmigungsverfahren zu Fall bringen könne, hielt der Rathauschef allerdings für unwahrscheinlich.

Doch noch sind einige Fragen offen, wie jüngst in München ein Runder Tisch mit Vertretern des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst (zuständig für Denkmalpflege), des Ministeriums für Umwelt- und Verbraucherschutz (zuständig für Naturschutzbelange), des Ministeriums für Wirtschaft und des Landesamtes für Denkmalpflege zeigte. Mit dabei war auch der Peitinger Bürgermeister, der das Projekt der „Bürgerwind Pfaffenwinkel“ und seine lange Geschichte eigenen Angaben zufolge vorstellte.

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Die zweistündige Gesprächsrunde habe es durchaus in sich gehabt, berichtet Ostenrieder im Gespräch mit der Heimatzeitung. Alle Interessen und Belangen der unterschiedlichen Seiten seien dabei nochmals angesprochen und abgewogen worden. Das Fazit ist aus Sicht des Peitinger Rathauschefs durchaus positiv: „Alle Anwesenden haben eine gute Chance zur Realisierung auf den Bergwiesen gesehen.“ In den kommenden Wochen sollen nun laut Ostenrieder weitere Abstimmungsgespräche stattfinden. Er gehe davon aus, dass im November „die grundlegenden und herausfordernden Fragen geklärt sein sollten“.

Abseits des Genehmigungsverfahrens könnte dem Projekt allerdings von anderer Seite Ungemach drohen. So will die Bundesregierung das Referenzertragsmodell unter die Lupe nehmen. Dahinter verbirgt sich ein Mechanismus, der den Nachteil windschwächerer Standorte teilweise ausgleicht, und zwar durch einen Zuschlag bei der Einspeisevergütung für den dort produzierten Strom. Sollte das Modell ersatzlos gestrichen werden, wären auch die Peitinger Anlagen betroffen, wie Robert Sing vom gleichnamigen Ingenieurbüro, das die Windräder plant, bestätigt. Sollte es so kommen, „hätten aber 90 Prozent der Windenergieanlagen-Standorte in Bayern, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz ein Problem.“

Ob es für die Südregion tatsächlich schlechter werde, sei aber nicht sicher, betont Sing. Schließlich soll der Ausbau dort stattfinden, wo die 110 KV-Netze noch Kapazität haben sowie Erzeugung und Verbrauch nahe zusammen seien. „Da wir in Bayern im Winter hohe Verbräuche, aber kaum Erzeugung haben – Solar liefert in diesen Zeiten kaum –, kann die Windkraft im Süden sehr wertvoll sein, um die hohen ,Redispatch-Kosten‘ zu verringern.“ Die Inbetriebnahmeziele der Süd-Ost-Link-Trasse seien zudem immer wieder nach hinten verschoben worden, wie auch für die Süd-Link-Trasse, sodass Bayern wohl bis in die 2030er Jahre dringend Windstrom-Erzeugung benötige, verdeutlicht er. „Am Ende bleibt abzuwarten, welches Modell kommt und wie es mit den Erneuerbaren Energien im Bund und den einzelnen Regionen weitergeht.“

Appell vom Wirtschaftsminister

Auch im Wirtschaftsministerium warnt man vor einer Abschaffung der bestehenden Regelung. Der Bund dürfe jetzt bei der angekündigten Evaluierung der Erneuerbaren Energien keine Fehler machen und Sand ins Getriebe bringen, schickt Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger eine deutliche Botschaft Richtung Berlin. Allein in den ersten sechs Monaten seien in Bayern 743 neue Windräder beantragt worden und damit so viele wie in 2022, 2023 und 2024 zusammen.