Stefanie Heinzmann und das Takeover Ensemble geben ein umjubeltes Konzert in der Stadthalle Erding. Der Saal ist allerdings nur zur Hälfte gefüllt.
Erding – Stefanie Heinzmann grinst wie ein Honigkuchenpferd, ihr Blick versinkt minutenlang in dem ihrer Gesangspartnerin Leslie Jost. Die beiden Soulstimmen füllen die Stadthalle, getragen von filigranen Streicherklängen. „So ein Geschenk“, schwärmt Heinzmann am Donnerstag in Erding. Sie sei beseelt vom Musizieren mit Mikis Takeover Ensemble. Den Zuhörern in Erding geht es genauso, sie applaudieren frenetisch.
Der Saal ist allerdings nicht einmal halb gefüllt. Manchen im Publikum wundert das. Seitdem Heinzmann 2007 die Castingshow bei Stefan Raabs „TV Total“ gewonnen hat, hat die Schweizerin schon den einen anderen Hit gelandet. Und gerade das aktuelle Programm mit Mikis Takeover Ensemble ist ein umjubelter Kultur-Leckerbissen. Die Pop-Songs von Heinzmann gehen mit den klassisch anmutenden Arrangements aus der Feder von Miki Kekenj eine inspirierende Symbiose ein. Auch Rapper Samy Deluxe und andere Popkünstler haben in den vergangenen Jahren bereits mit Kekenj zusammengearbeitet.
Bei der aktuellen Tour haben Heinzmann und das Takeover Ensemble zweimal die riesige Elbphilharmonie in Hamburg ausverkauft, Alte Oper Frankfurt, Prinzregentheater München und viele weitere Säle gefüllt. Von sechs weiteren Terminen bis Ende März 2025 sind nur bei einem noch Tickets verfügbar. Die Sängerin kommentiert die leeren Stühle in Erding mit einem entwaffnenden Lächeln: „Bringt das nächste Mal einfach ein paar Freunde mit.“
Überhaupt ist so vieles so leicht an diesem Abend. Geige, Bratsche, Cello, Kontrabass und Klarinette tänzeln durch die Pop-Songs und geben ihnen ganz neue Farben. Beim Konzertbeginn spaziert die 35-jährige Schweizerin singend von hinten durchs Publikum nach vorne. Oben auf der Bühne zeigt sie sich ebenso als Soul-㈠Diva mit schneidend rauhem Temperament wie auch als charmante Moderatorin.
Sie und Ensemble-Leiter Miki Kekenj führen witzelnd durchs Programm. Die Sängerin versucht diesen besonderen musikalischen Crossover auch für Nicht-Musiker begreifbar zu machen. „Die Pop-Welt ist ja ein einziger Flohzirkus“, sagt sie. Proben würden oft mit drei Stunden Verspätungen beginnen und bis spät in die Nacht dauern. „Ihr Klassiker seid dafür die Schweizer der Musikwelt“, meint Heinzmann zu Kekenj – immer pünktlich und diszipliniert.
Sie habe am Anfang riesigen Respekt vor dieser Kooperation gehabt. „Und jetzt nicht mehr?“, fragt Kekenj prompt zurück. Einer von vielen Lachern an diesem Abend.
Richtig lustig wird es bei der Bananensuche im Saal. Die Musiker kleben vor jedem Auftritt eine Banane unter einen Stuhl. Wer sie findet, darf mit Heinzmann für einen Song den Platz tauschen. Nicola aus Ingolstadt hatte das Programm schon im Prinzregentheater gefeiert. Dass sie auch noch das Konzert Erding besucht, wird nun mit dem Ehrenplatz auf Heinzmanns Barhocker auf der Bühne belohnt. Auch wenn unter ihrem Stuhl gar keine Banane klebt, in Erding muss dafür eine Laugenstange herhalten.
Die Sängerin lässt tief in ihre Seele blicken, das ist Teil ihres Charismas. Gerade als Jugendliche – ein Emo-Punk mit schwarzen Haaren – habe sie keine Selbstliebe und kein Selbstvertrauen gespürt, erzählt sie. Sie habe sich lange vollkommen überfordert gefühlt, schon privat und dann erst recht am Anfang ihrer Karriere. „Mit 17 habe ich mich selbst in eine Psychiatrie eingewiesen, ein Jahr später habe ich die Casting-Show gewonnen.“
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Jetzt, mit 35, stehe sie in weißen Kleidern auf der Bühne, werde von Scheinwerfern manchmal sogar pink angestrahlt. Ihr jüngeres Ich hätte das furchtbar gefunden, sagt die Sängerin lachend. Heute sei sie mit sich selbst versöhnt. „Und ich habe so viel Liebe in meinem Herzen. Jeder von euch soll davon ein bisschen was in einer Tupper-Dose mit nach Hause nehmen“, meint sie beim Schlusssong „All We Need Is Love“. „Irgendwie ein Kalenderspruch“, gibt die Sängerin zu. Doch niemand im Publikum zweifelt daran, dass es aus tiefem Herzen kommt.