Sicher trotz Katastrophen? Warum Fliegen ungefährlich bleibt – und Boeing weiter in der Kritik steht
Der Absturz der Air India Maschine Mitte Juni forderte hunderte Todesopfer. Während Flugzeughersteller Boeing erneut in die Kritik gerät, zeigen allerdings die Zahlen: Fliegen ist sicherer denn je.
Berlin – Der tragische Absturz der Air India‑Maschine am 12. Juni forderte das Leben von 229 Passagieren und zwölf Crewmitgliedern. Ein einziger Passagier wurde tatsächlich aus den Trümmern gerettet – ein medizinischer und menschlicher Ausnahmefall. Es ist der erste tödliche Unfall mit einer Boeing 787 seit ihrer Einführung im Jahr 2011 – eine Serie, die bislang als besonders zuverlässig galt. Medienberichten zufolge sollen kurz nach dem Start nahe Ahmedabad beide Triebwerke ausgefallen sein, was Luftfahrtexperten zufolge nahezu beispiellos ist.
Air India-Absturz: Warum Boeing erneut unter Druck steht – und Fliegen trotzdem so sicher ist
Boeing steht allerdings schon länger im Fokus: 2018 stürzte Lion‑Air‑Flug 610 in Indonesien ab, 2019 traf dasselbe Schicksal Ethiopian‑Airlines‑Flug 302. Nun folgt der dritte katastrophale Absturz innerhalb weniger Jahre – angeblich ebenfalls aufgrund technischer Defekte. Die NGO Flight Safety Foundation hat im Jahr 2024 insgesamt 136 Sicherheits-Vorkommnisse bei Boeing-Maschinen registriert. Derartige Statistiken befeuern natürlich eine generelle Debatte über die Sicherheit von Fliegen. Dabei zählt das Flugzeug schon seit Jahren zu den vergleichsweise sichersten Reisemitteln der Welt.
Zahlen zur Flugsicherheit: Wie gefährlich ist das Fliegen im Vergleich zu Auto, Bahn und Bus?
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sterben beim Fliegen etwa 0,003 Menschen pro Milliarde Personenkilometer – deutlich weniger als bei Bahn (0,03), Bus (0,13) oder Auto (1,57). Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Flugzeugabsturz zu sterben, ist also verschwindet gering, obwohl die Zahl der Passagierflüge in den vergangenen 15 Jahren massiv zugenommen hat.

Zwischen 2009 und 2019 stieg die Zahl der Passagierflüge laut dem Dachverband der Fluggesellschaften (IATA) von 35 Millionen auf etwa 46,8 Millionen – trotzdem sank die Zahl der tödlichen Crash-Opfer von 685 auf rund 240. Das verdeutlicht, dass die Sicherheitsstandards für Flugzeughersteller und Airlines in den vergangenen Jahrzehnten immer schärfer wurden.
Whistleblower gegen Boeing: Welche Vorwürfe im Raum stehen – und wer Reformen fordert
Die neueren Generationen an Jets erfüllt dabei einen ebenso hohen Standard wie Flugüberwachung, Infrastruktur an den Flughäfen und die Ausbildung der Piloten. In den 1970er‑Jahren lag das Risiko, bei einem Flugzeugunglück ums Leben zu kommen, bei etwa 1:264.000. Heute liegt diese Wahrscheinlichkeit bei ungefähr 1:13,7 Millionen. Boeing, bei dem in der Vergangenheit besonders der 737 Max häufig Zwischenfälle verursachte, steht mittlerweile unter verschärfter Beobachtung der Behörden.
Der frühere Boeing-Ingenieur und Whistleblower Ed Pierson macht seit Jahren auf systematische Mängel in der Produktionskontrolle aufmerksam. Er fordert tiefgreifende Reformen – unterstützt von Hinterbliebenen der Opfer.
Sicherer denn je – und doch umstritten: Warum Airlines weiterhin auf Boeing setzen
Die Abstürze der 737 Max (Lion Air 2018, Ethiopian Airlines 2019) führten zu insgesamt 346 Todesopfern. Dennoch schätzt etwa die FAA Boeing‑Jets weiterhin als sicher ein – und auch Airlines wie Turkish‑Airlines, Air‑France‑KLM oder Lufthansa (ab 2027 geplant) setzen sie ein. Insgesamt kamen in rund 50 Jahren lediglich etwa 20 tödliche Unfälle mit Boeing‑Maschinen vor – bei Airbus waren es dagegen etwa 29.