Deutsche werden ärmer: So sollen Arbeitnehmer wieder mehr Netto vom Brutto haben

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Zu Jahresbeginn werden viele Menschen feststellen: Vom Gehalt bleibt auf einmal weniger übrig. Das liegt an den gestiegenen Sozialbeiträgen. Um das abzufedern, haben die Parteien viele Vorschläge.

Berlin – Wer im Januar das erste Gehalt des Jahres 2025 erhält, wird eine Enttäuschung erleben. Es gibt weniger Netto auf dem Konto. Denn fast überall sind die Beiträge zu den Sozialversicherungen gestiegen: Der Pflegebeitrag ist für alle um 0,2 Prozent gestiegen, die Krankenkassenbeiträge sind teils deutlich in die Höhe gegangen und auch die Beitragsbemessungsgrenze ist für Gutverdiener stark nach oben angepasst worden, sodass mehr Geld für Rente und Krankenkasse abgezwackt werden kann. Die Sicherungssysteme geraten zunehmend unter Druck, da zu lange grundlegende Reformen verschleppt wurden und sie durch den demografischen Wandel vor enormen Herausforderungen stehen.

Deutsche haben weniger Netto vom Brutto: Reformen für Krankenkasse, Rente und Pflege gefordert

Entsprechend muss die neue Bundesregierung nach der Neuwahl am 23. Februar diese Probleme angehen. Das wird kein Leichtes sein, es wird Geld kosten und durchaus mehr oder weniger beliebte Veränderungen von der Bevölkerung abverlangen. Erst vor wenigen Tagen hatte beispielsweise der Rentenexperte Martin Werding erneut eine Anhebung des Rentenalters und eine Abschaffung der üppigen Pensionen für Beamte gefordert – um die Rentenversicherungen zu entlasten.

Was schlagen aber die Parteien selbst vor? Um es vorwegzunehmen: keine Partei bekennt sich zu einem höheren Rentenalter oder zu einer Abschaffung der „Rente mit 63“. Es gibt andere Vorschläge, wie man die Sozialbeiträge in den Griff bekommen kann – und dadurch die Beschäftigten im Land wieder mehr Netto von ihrem Brutto nach Hause nehmen dürfen.

SPD will private Krankenversicherung abschaffen und Termingarantie einführen

Die SPD unter der Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz will bei der Rente keine Kürzungen vornehmen und das Rentenniveau auf 48 Prozent stabilisieren. Damit sind höhere Beiträge für Arbeitnehmer vorprogrammiert. Um das etwas abzudämpfen, will die SPD die Selbstständigen verpflichtend in die Rentenkasse holen.

Dafür wollen die Sozialdemokraten an anderer Stelle die Beitragserhöhungen dämpfen. So soll langfristig das duale System in den Kranken- und Pflegekassen abgeschafft werden, sodass alle in eine Versicherung einzahlen. Die SPD verspricht auch, mehr Steuermittel an die Krankenkassen abzugeben. Die Idee ist also: Mehr Menschen in die Sozialversicherungen holen, damit diese mehr Beiträge bekommen.

Da eine Zusammenlegung von privater und gesetzlicher Krankenkasse aber nicht schnell umzusetzen wäre, soll es übergangsweise eine Möglichkeit geben, die Beiträge der Versicherten zu dämpfen: Wer als gesetzlich Versicherter keinen schnellen Facharzttermin bekommt, soll weniger Beiträge zahlen.

CDU will Sozialbeiträge dämpfen – hat aber teure Vorschläge

Die CDU verspricht in ihrem Wahlprogramm, die Sozialbeiträge insgesamt zu senken. Doch die Pläne im Wahlprogramm lassen eher auf das Gegenteil schließen. Um die Entwicklung der Beiträge im Blick zu halten, soll aber ein „Sozialstaatstragfähigkeitsbericht“ eingeführt werden, der einmal im Jahr die Lage darstellt und Gegenmaßnahmen vorschlägt.

Auch die CDU will Selbstständige verpflichtend in die Rentenkasse holen. Weitere Reformen für die Rente sind nicht vorgesehen, es sollen aber mehr Rentner zum längeren Arbeiten bewegt werden, zum Beispiel, indem sie 2000 Euro im Monat steuerfrei erhalten können. Die CSU hingegen will die Mütterrente noch mehr ausweiten, damit auch Frauen, die Kinder vor 1992 geboren haben, mehr Rente bekommen können. Das würde der Rentenversicherung weitere vier Milliarden Euro kosten.

Mann mit Geldbörse und Kleingeld in der Hand
2025 treten viele Reformen in Kraft, die auch die Einkommen vieler Bürger betreffen. (Symbolbild) © Zahard/Panthermedia/Imago

Bei der Pflege wollen die Christdemokraten sowohl eine betriebliche Vorsorge und mehr private Pflegezusatzversicherungen einführen, damit Pflege bezahlbarer wird. So würde die Pflegekasse entlastet werden – die Bürgerinnen und Bürger aber müssten noch mehr Geld für Zusatzprodukte aufwenden.

Zur Dämpfung der Krankenkassenbeiträge schreibt die Union lediglich: „Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung zukunftsfest aufstellen. Dazu streben wir mehr Effizienz beim Einsatz von Beitragsgeldern an und stärken den Wettbewerb der Krankenkassen.“ Details bleiben aus.

Habeck und die Grünen wollen Krankenkassen Geld für Bürgergeld-Empfänger geben

Die Grünen wollen unter der Führung von Robert Habeck ähnlich wie die SPD eine Bürgerversicherung für Rente und Krankenkasse einführen, damit die Beitragseinnahmen gestärkt werden. In die Rentenkasse einzahlen sollen auch Abgeordnete und Beamte. Die Beitragsbemessungsgrenze soll reformiert werden, damit die Gesundheitskassen auch aus Kapitaleinnahmen Geld erhalten können. Die Beitragsgelder sollen also teilweise angelegt werden, damit sie höhere Renditen erzielen.

Die Grünen wollen auch mehr Steuermittel an die Sozialversicherungen geben, zum Beispiel indem die Krankenkassenbeiträge für Bürgergeld-Empfänger aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Um mehr Geld in die Rentenkasse zu spülen, soll die Frauenerwerbstätigkeit erhöht werden und qualifizierte Zuwanderung ermöglicht werden. Der Staat soll Geld in nachhaltige Fonds investieren, dessen Erträge dann in die Rentenversicherung fließen sollen, damit die Beiträge auch hier gedämpft werden. Es soll aber auch eine höhere Grundrente eingeführt werden, die wiederum mehr Geld kosten würde.

FDP will Arbeitnehmern die Wahl geben: Mehr Beiträge oder mehr Netto

Die FDP will die Sozialausgaben insgesamt wieder senken. Ein Weg, den sie vorschlägt: Arbeitnehmer sollen entscheiden können, ob sie lieber höhere Beiträge in die Arbeitslosenversicherung zahlen wollen oder lieber weniger Beiträge, die dann im Fall einer Arbeitslosigkeit auch mit weniger Anspruch auf ALG I einhergehen würde. Dadurch können Arbeitnehmer entscheiden, mehr netto zu haben. Für Bürgergeld-Empfänger und Rentnern in der Grundsicherung soll es statt einer Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten eine Pauschale geben, die sich regional unterscheidet.

Bei den Krankenkassen würde die FDP anders als die anderen Parteien mehr auf die Ausgaben statt die Einnahmen schauen. Alles, was sich „nicht bewährt hat“ soll aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen werden. Versicherte, die eine gute Vorsorge betreiben, sollen weniger Beiträge zahlen können. Sowohl die Rente als auch die Pflege sollen ihre Einnahmen durch kapitalgedeckte Anlagen stärken können.

AfD, Linke und BSW wollen den Sozialversicherungen mehr Geld aus Steuergeldern geben

Sowohl die AfD als auch die Linke und das BSW würden die Beiträge dämpfen, indem mehr Steuergelder an die jeweiligen Kassen überwiesen werden. Das BSW und die Linke wollen eine Mindestrente einführen, die aus Steuermitteln finanziert wird. Die AfD will bei der Geburt eines jeden Kindes den Eltern 20.000 Euro an Rentenbeiträgen zurückzahlen, wobei die spätere Rente dann nicht gekürzt wird. Das Rentenniveau soll auf 70 Prozent erhöht werden.

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