Angriff auf Partymeile: So wurde eine Stadtpolizistin zur Heldin

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Tatort Friedrich-Ebert-Straße: Hier wurde der 20 Jahre alte Mann in der Nacht zu Samstag angegriffen. © Claudia Feser

Der Vorfall auf der Friedrich-Ebert-Straße weiter für Diskussionen. Ein Mann wurde lebensgefährlich verletzt, eine Stadtpolizistin rettete ihm das Leben.

Kassel – Nach Angaben der Polizei laufen die Ermittlungen zu den Tätern noch. Womöglich könnten bei der Auseinandersetzung zurückliegende Streitigkeiten eine Rolle gespielt haben.

Womit genau das Opfer angegriffen wurde, ist laut Polizei weiter unklar. Am Sonntag hatte es geheißen, dass es sich um ein Messer oder einen messerähnlichen Gegenstand handeln könnte. Zur Tatwaffe gebe es unterschiedliche Zeugenangaben. Laut diesen und dem Verletzungsbild zufolge könnte es sich um ein größeres Messer, aber auch eine Machete gehandelt haben, so Polizeisprecher Mänz auf Anfrage am Montag. Die Tatwaffe konnte bislang nicht aufgefunden werden.

Polizei räumt ein: Wäre sinnvoller gewesen, früher zu reagieren

Zudem gibt es Kritik daran, dass die Polizei erst am Sonntag über den Angriff informiert hat. Der Anspruch der Polizei sei es, die Öffentlichkeit so zeitnah wie möglich mit gesicherten Informationen zu versorgen, insbesondere auch um Gerüchten oder Falschmeldungen vorzubeugen, so Polizeisprecher Matthias Mänz. Häufig stünden einer Berichterstattung jedoch anfangs noch fahndungsrelevante oder gefährdungserhöhende Aspekte gegenüber, weshalb immer eine sorgsame Abwägung erfolge.

Die dynamische Lage am Samstag und die unklare gefährdungserhöhenden Sachverhalte hätten dazu geführt, dass die Einsatzverantwortlichen zunächst noch keine Informationen veröffentlicht hätten. Mänz räumt aber ein: „Rückblickend wäre eine zeitnähere Reaktion sinnvoller gewesen, da sich der Sachverhalt aufgrund der großen Öffentlichkeitswirksamkeit bereits in sozialen Medien verbreitet hatte und somit auch die ersten Spekulationen und Falschmeldung kursierten.“

Die Erfahrungen aus diesem Fall werde man bei zukünftigen Ereignissen berücksichtigen. Zudem werde die Polizei den Vorfall zum Anlass einer Nachbereitung nehmen, um die internen Abläufe in der Behörde zu optimieren.

Die Stadt bestätigte am Montag, dass die besagte Sprachnachricht, die bei Whatsapp verbreitet wurde, noch in der Nacht und unter Eindruck des zuvor Erlebten von einem Mitarbeitenden der Stadtpolizei verfasst wurde.

Mitarbeiter der Stadtpolizei hat keine dienstrechtlichen Konsequenzen zu befürchten

Mit einer Kollegin sei der Mann nach der Alarmierung als einer der ersten am Tatort gewesen, so ein Stadtsprecher. Da die offenbar an einen Vertrauten versendete Sprachnachricht keine personenbezogenen Daten enthält, habe der Mitarbeiter der Stadt keine dienstrechtlichen Konsequenzen zu befürchten.

Nichtsdestotrotz würden alle Mitarbeitenden dafür sensibilisiert, welche Geschehnisse aus der täglichen Arbeit nur innerhalb des Kollegenkreises thematisiert werden sollten. Wie bei anderen Arbeitgebern auch, seien Interna aus dem Dienstgeschehen vertraulich zu behandeln.

Dank an Ersthelferin

Auch von Polizei und behandelnden Ärzten ist mittlerweile bestätigt worden, dass nur durch die seitens der Stadtpolizei geleisteten Sofortmaßnahmen das Leben des Angegriffenen gerettet werden konnte, die Verletzungen seien „potenziell tödlich gewesen“. Sicherheitsdezernent Heiko Lehmkuhl: „Allen Rettungs- und Einsatzkräften, nicht nur in dieser Nacht, gebührt unsere Anerkennung. Der Stadtpolizistin, die dem Opfer durch ihr schnelles Handeln höchstwahrscheinlich das Leben gerettet hat, gebührt mein größter Dank und Respekt.“

Generell durchlaufen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtpolizei regelmäßig Unterweisungen in Erster-Hilfe, so ein Sprecher. In diesem besonderen Fall hatte das Opfer das Glück, dass sich unter den Stadtpolizisten, die als erste Einsatzkräfte vor Ort waren, eine ausgebildete Rettungssanitäterin befand. Diese konnte aufgrund ihrer Fachkenntnisse die Verletzungen fachmännisch erstversorgen.

„Ein derartiger Einsatz ist nicht alltäglich“, sagt der Stadtsprecher. Jedoch gelte für das Berufsbild der Stadtpolizei, ähnlich wie bei der Landespolizei, Rettungsdiensten und Feuerwehr, dass es jederzeit zu Einsätzen kommen kann, die besonders fordernd sind. Im Rahmen der Ausbildung und durch spezielle Schulungen werde versucht, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtpolizei möglichst auf herausfordernde Situationen und Einsätze vorzubereiten und eine gewisse Resilienz zu erzielen. Hierzu gehört auch – wie in diesem speziellen Fall – eine interne Aufarbeitung des Geschehenen.

Auch die Arbeit der Polizei verändere sich durch die technischen Errungenschaften unserer Gesellschaft, so Polizeisprecher Matthias Mänz mit Blick auf die rasante Verbreitung der Sprachnachricht. Dabei entstünden Vor- und Nachteile.

Soziale Medien und Smartphone sind Herausforderung und manchmal Vorteil

Immer häufiger könne die Polizei beispielsweise auf Handyvideos oder -fotos von Zeugen zurückgreifen, die bei den Ermittlungen entscheidend weiterhelfen könnten. „Allerdings werden die Ermittlungen durch die teils rasante Verbreitung von Spekulationen und Falschnachrichten oftmals auch erschwert. Diesem entgegenzuwirken, ist mitunter sehr schwierig und erfordert eine zeitnahe Reaktion“, sagt Mänz.

Für Polizistinnen und Polizisten sei es zur Bewältigung belastender Einsätze unabdingbar, dass sie im privaten Rahmen mit Vertrauenspersonen über solche Vorfälle sprechen. Konkrete Vorgaben gibt es dementsprechend nicht. Grundsätzlich müssten Beamtinnen und Beamte natürlich den Datenschutz und dienstrechtliche Vorschriften im Umgang mit polizeilichen Interna wahren. (Kathrin Meyer)

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