Finanzpaket von Union und SPD: Die Rückkehr der Inflation ist besiegelt
Das Finanzpaket von Union und SPD ermöglicht neue Schulden. Experten warnen jedoch vor steigenden Zinsen, die die Schulden verteuern könnten. Das Risiko der „starken Infaltionszunahme“ steht im Raum.
Berlin - Das Finanzpaket der Union und SPD hat am Dienstag (18. März) die erste Hürde genommen und die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag erreicht. Bereits wenige Tage zuvor hatten sich die Parteien mit den Grünen auf die Details geeinigt und ihre Zustimmung gesichert. Damit steht einer neuen Schuldenaufnahme fast nichts mehr im Weg. Obwohl sich das Deutschland laut vielen Experten leisten kann, gibt es einen Haken: Die Zinsen werden steigen – das ist „unvermeidlich“ – und damit werden auch die Schulden teurer. Experten warnen außerdem vor den Folgen, sollte Reformen nicht konsequent umgesetzt werden.
Deutschland kann sich mehr Schulden leisten – trotz Finanzpaket im Vergleich niedrig
Die Schulden, die die künftige Bundesregierung mittels des Finanzpakets aufnehmen wird, könnten sich allein in der kommenden Legislaturperiode auf fast eine Billion Euro summieren. Insgesamt könnte der Schuldenstand so bis 2029 auf rund 3,6 Billionen Euro steigen, wie die Ratingagentur Scope gegenüber Reuters mitteilte. Das entspricht etwa 72 Prozent des BIP.
Die Frage stellt sich: Hat Deutschland ausreichend Spielraum dafür? Viele Experten antworten mit „ja“. Mit einer Schuldenquote von etwa 63 Prozent liegt Deutschland im internationalen Vergleich recht niedrig. In Europa liegt die Quote bei 90 Prozent, in den USA bei 124 Prozent. Verglichen dazu und dem Höchststand von 80 Prozent nach der globalen Finanzkrise 2008 sind die 72 Prozent immer noch geringer, erklärt ein Analyst von Scope.

Florian Schuster-Johnson vom Thinktank Dezernat sieht es ähnlich. Für ihn ist die Lockerung der Schuldenbremse unumgänglich, um das Wachstum der deutschen Wirtschaft anzukurbeln. „Wir sollten uns aktuell eher darüber Sorgen machen, dass wir unsere Infrastruktur und unsere öffentlichen Dienstleistungen nicht finanzieren können und dass unsere Wirtschaft nicht wächst, als dass wir zu hohe Schulden hätten“, betonte er gegenüber Reuters.
Laut Experte: Schulden werden „unvermeidlich“ teurer werden und die Inflation anheizen
Auch für den Kapitalmarktstrategen der Fondsgesellschaft Bantleon, Harald Preißler, stellt die Schuldenaufnahme an sich kein Problem dar. Der Spielraum sei vorhanden, und er rechnet mit einem zusätzlichen Wachstum von einem Prozentpunkt in den Jahren 2026 oder 2027, wie er im Spiegel erklärt. Dennoch betont er, dass es „unvermeidlich“ sei, dass die Schulden absehbar teurer werden. Zusammen mit der aktuellen Erholung der Wirtschaft, die nach den schwierigen Jahren und der Rezession in den beiden vorangegangenen Jahren für Deutschland besonders herausfordernd waren, wird das Finanzpaket die Inflation anheizen.
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Preißler erklärt außerdem, dass der Zinssenkungszyklus der Europäischen Zentralbank zu Ende gehe. Das bedeutet, dass der Leitzins vermutlich nicht weiter gesenkt wird, sondern sogar steigen könnte. Dies hat Auswirkungen auf die Renditen von Staatsanleihen und verteuert somit auch die Schulden des Staates. Preißler erwartet daher, dass die Renditen in den kommenden Jahren zwischen zwei und drei Prozent liegen werden.
Weitere finanziellen Herausforderungen könnten Deutschland ab 2029 erwarten, aufgrund der verstärkten nötigen Finanzierung von Renten und Sozialversicherungen. Preißler geht davon aus, dass dieses Thema im nächsten Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen wird.
Das Wachstumspotential des Finanzpakets ist da – aber es ist eine „extrem riskante Wette“
Die OECD-Experten Isabell Koske und Robert Grundke warnen ebenfalls vor den steigenden Ausgaben für die öffentlichen Renten- und Gesundheitssysteme in den kommenden Jahren. Sie erkennen das Wachstumspotenzial des Finanzpakets für 2026 an, betonen jedoch, dass „das Paket unbedingt mit fiskalischen Strukturreformen verbunden werden muss, um Spielraum für die Rückzahlung der Schulden zu schaffen“, wie sie gegenüber Reuters erklärten.
Wenn die Planung sowie die Bau- oder Produktionsphase der getätigten Investitionen zu lange dauert, warnen die OECD-Experten vor einer „starken Zunahme der Inflation“. Daher fordern sie, dass Regelungsverfahren vereinfacht und die involvierten Prozesse effizienter gestaltet werden.
Auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm äußert Bedenken hinsichtlich der möglichen Belastung durch die Kredite. „Die Verhandlungspartner stehen jetzt unter großem Druck, wachstumsfördernde Strukturreformen zu beschließen“, sagte sie der Welt. In früheren Medienberichten hatte Grimm das Finanzpaket kritisiert, da der Reformdruck dadurch massiv sinken würde. Sie sprach in diesem Zusammenhang von einer „extrem riskanten Wette“ und warnte, dass das Paket zwar das Wachstum ankurbeln, aber nicht nachhaltig wirken werde.
Finanzpaket benötigt weitere Mehrheit im Bundesrat
Die Zustimmung des Bundestags erlaubt es der SPD und der Union, die Schuldenbremse zu lockern, sowie ein Sondervermögen zu schaffen. Beide Maßnahmen erfordern eine Gesetzesänderung und benötigten daher eine Zweidrittelmehrheit. Am Freitag, 21. März, muss noch der Bundesrat über den Beschluss abstimmen, doch CDU-Chef Friedrich Merz zeigt sich zuversichtlich.
Das Finanzpaket ermöglicht verstärkte Ausgaben in der Verteidigung. Investitionen, die ein Prozent des BIP übersteigen, erlauben die Aufnahme von Krediten und damit die Lockerung der Schuldenbremse. Auf Druck der Grünen wurde der Verteidigungsbegriff erweitert und umfasst nun auch Cybersicherheit, Zivil- und Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste sowie die Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten. Letzteres erlaubt es, die Ukraine-Hilfe über Schulden zu finanzieren. Für die Ausgaben gibt es keine Obergrenze.
Zudem soll ein Sondervermögen für Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro geschaffen werden, wovon 100 Milliarden an die Länder und weitere 100 Milliarden in den Klimaschutz fließen.