Tofu, Habeck, Laschet: Söder gehen die Gegner aus – das merkt man in der ARD

Nein, er hatte nichts Essbares zum Berliner Reichstagsgebäude mitgebracht. Keine Bratwurst, keine Burger und auch keine Leberkäsesemmel, mit denen er sich so gerne in den sozialen Medien zeigt. 

Auch durfte erwartet werden, dass Ministerpräsident Markus Söder öffentlichkeitswirksam einen seiner originellen und marktschreierischen Vorschläge macht, für die er dann von anderen Politikern und Amtsträgern postwendend gerügt wird. 

Zuletzt wollte er den Ukrainern das Bürgergeld entziehen und erntete prompt Widerspruch, weil eine mögliche Einsparung nicht im Verhältnis zum Arbeitsaufwand stehe. 

Zuvor hatte Söder eine Deutschtest-Pflicht vor der Einschulung verlangt, allerdings ohne zu erklären, was mit den Kindern geschehen soll, die den Test nicht bestehen. 

Oder drosch er verbal auf Robert Habeck ein, der ja als Wirtschaftsminister längst abgedankt hat. „Ich wünsche Habeck alles Gute. Vielleicht eine Reise an die Küste. Goodbye, gute Reise, auf Nimmerwiedersehen“, giftete er. Beobachter nannten sein Nachtreten „erbärmlich“.

Söder: „Steuererhöhungen sind immer ein Rohrkrepierer“

Man muss sich schon die Augen reiben. Der Söder, der nun im ARD-Sommerinterview sitzt und von Anna Engelke, der stellvertretenden Studioleiterin im ARD-Hauptstadtstudio, befragt wird, wirkt in seinem braunen Anzug mit dem hellblauen Hemd erstaunlich lammfromm. 

„Keiner will den Sozialstaat schreddern, aber ihn updaten, effizienter machen“, sagte er. Konkret erneuerte er die Forderung nach einer Reform des Bürgergelds. „Wir sind der Überzeugung, dass wir beim Bürgergeld eine völlige Veränderung brauchen“, sagte er. „Das Bürgergeld muss weg. Das war der größte Fehler überhaupt.“ 

Und sogleich erteilte er einer Steuererhöhung eine klare Absage. „No way, no chance“, sagte Söder zu einem entsprechenden Vorstoß des Koalitionspartners SPD. Steuererhöhungen seien immer ein „Rohrkrepierer“. Zudem sei im Koalitionsvertrag vereinbart worden, dass es keine Steuererhöhungen gebe.

Merz erhält von Söder „eine Eins mit Sternchen“

Die Abteilung Attacke hatte Söder diesmal offenbar daheim gelassen. Das eine Problem ist, dass ihm der politische Gegner ein Stück weit abhandengekommen ist. 

Die Grünen sind aus der Regierung geflogen und haben sich von dem Tiefschlag noch längst nicht erholt. Das Gehetze gegen den „nicht kompetenten Wirtschaftsminister“ und Sprüche wie „Leberkäse statt Tofu-Tümmelei“ haben sich überholt. Söders Lieblingsfeind steht schlicht nicht mehr zur Debatte. 

Zugleich lobt Markus Söder Bundeskanzler Friedrich Merz und nennt im ARD-Sommerinterview die Beziehung zwischen einem CSU-Vorsitzenden und einem CDU-Vorsitzenden als „das historisch beste Verhältnis der letzten 30 Jahre“. Söders Fazit: „Das Verhältnis zu Friedrich Merz ist super“. 

Zur Erinnerung: Als Armin Laschet noch Bundesvorsitzender der CDU war, hatte Markus Söder kaum einen Tag verstreichen lassen, ohne kübelweise Häme über diesen auszuschütten. Für seine Außenpolitik erhält Merz von Söder nun sogar „eine Eins mit Sternchen“.

Markus Söder lobt sein „gutes Näschen“

Da Söder aktuell offenbar die politischen Gegner fehlen und die AfD irgendwie unter seinem Radar durchrutscht, betreibt der Ministerpräsident von Bayern lieber etwas Klientelpolitik. 

Auch wenn fast 70 Prozent aller Bundesbürger offen für eine Vermögenssteuer sind, lehnt Söder diese ab. Es gebe „rechtliche und praktische Probleme“, erklärt er. Merke: Ein Drittel der Erbschaftssteuer fällt in Bayern an. 

Stattdessen forderte er, die Bundesländer individuell darüber entscheiden zu lassen. „Mein Vorschlag, weil die Erbschaftsteuer eine reine Landessteuer ist: Wir regionalisieren die Steuer, dann können die SPD-Länder sie erhöhen und wir Bayern werden die Erbschaftssteuer massiv senken.“ Er selbst wolle diese Steuer um mindestens die Hälfte senken. 

Überhaupt habe er ein „gutes Näschen“ für Steuern, sagte er. Die von der CSU durchgedrückte Mutterrente würde bundesweit Geld für neun Millionen Mütter bringen.

Was wohl Franz Josef Strauß dazu gesagt hätte?

Anna Engelke will von Markus Söder auch noch wissen, ob sein großes Vorbild aus Jugendtagen, CSU-Urgestein Franz Josef Strauß, mit seinen Aktivitäten im weltweiten Netz wohl so glücklich gewesen wäre. 

Antwortet Söder: „Die CSU ist konservativ und konservativ heißt an der Spitze des Fortschritts zu stehen. Der Strauß fände bestimmt ganz okay, was ich tue.“ 

Ob Franz Josef Strauß den geposteten Fotos von Söders Mahlzeiten mit Leberkäse, Döner oder Schweinshaxe tatsächlich eine politische Dimension beigemessen hatte, muss wohl bezweifelt werden. Franz Josef Strauß hat dem Volk gerne aufs Maul geschaut, weniger auf die Teller.