Fußball-EM 2024: Milliardengeschäft zulasten des Steuerzahlers
Die Uefa rechnet bei der EM 2024 mit einem Rekordgewinn. Die Kosten und Risiken sind dabei ungleich verteilt – zulasten der Steuerzahler.
München – Europa zu Gast in Deutschland: Zehn deutsche Städte sind Austragungsorte der Fußball-EM 2024. Das Großereignis ist weit mehr als ein Sportereignis – es ist ein Milliardengeschäft. Europas Verband, die Uefa, verzeichnet auch in Geschäftsjahren ohne Großereignisse Milliardeneinnahmen. Im vergangenen Jahr 2022/23 waren es 4,3 Milliarden Euro. Bei der letzten Europameisterschaft lagen sie bei 5,7 Milliarden.
Bei der EM in Deutschland rechnet die Uefa mit Einnahmen von 2,4 Milliarden Euro – und mit einem Rekordgewinn von 1,75 Milliarden Euro. Einen Großteil der Einnahmen machen die TV-Rechte mit 1,45 Milliarden Euro aus, gefolgt vom Sponsoring mit einer halben Milliarde.
Uefa macht mit EM 2024 einen Milliardengewinn – aber zahlt keine Steuern
Die Verteilung der Gewinne und Risiken zwischen Verband als Veranstalter sowie den zehn deutschen Gastgeberstädten ist jedoch ungleich verteilt. Kosten werden vergesellschaftet, Gewinne privatisiert – an den Verband. Denn: Neben den Einnahmen durch Übertragungsrechte, Sponsoring und Ticketverkäufen soll laut dem Medienbericht ein Steuernachlass auf die Körperschaftssteuer zum prognostizierten Rekordgewinn der Uefa beitragen. Wie unter anderem der Spiegel berichtet, müsste die Uefa als ausländischer Veranstalter eigentlich Körperschaftssteuer in Höhe von 15 Prozent auf die Einnahmen zahlen. Damit wären etwa 250 Millionen Euro Steuern fällig geworden.
Durch den Nachlass muss lediglich die in Frankfurt beheimatete und von Uefa und DFB gemeinsam gegründete Euro GmbH Steuern zahlen. Das Hauptgeschäft läuft jedoch über die Uefa mit Sitz im Schweizer Nyon – und damit steuerfrei. Die Uefa verteidigte sich laut Spiegel, nicht profitorientiert zu sein und die Einnahmen „in die Entwicklung des Fußballs in ganz Europa“ zu reinvestieren.
295 Millionen Euro: Kosten und Risiken der EM tragen die Gastgeberstädte
Die Kosten für die EM 2024 tragen dagegen Bund, Länder und die Gastgeberstädte. Letztere tragen vor allem die Kosten und Risiken der Veranstaltung, etwa für Umbaumaßnahmen und Investitionen in Verkehr und Infrastruktur. Zudem müssen sie eine Reihe von Bedingungen erfüllen. Dazu gehört es laut Correctiv, das Verträge zwischen Städten und der Euro GmbH einsehen konnte, eine Organisationsstruktur zu schaffen, um die Fußballverbände bei der Vorbereitung und Organisation der EM zu unterstützen.

Eine weitere Bedingung sind die sogenannten „Fan Zones“, die Fanmeilen. Berlin alleine hat laut Correctiv 24 Millionen Euro für die Fanmeilen am Brandenburger Tor und am Reichstagsgebäude ausgegeben. Zunächst hatten verschiedene Medien berichtet, die Städte müssten die Einnahmen an die Uefa abgeben. Laut MDR, der über die Vorbereitung der Fanmeile in Leipzig berichtete und sich auf den dortigen Projektleiter Stefan Schedler bezieht, müssten die Gewinne laut den Verträgen nicht abgegeben werden.
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Die Städte geben dennoch Millionen für die Austragung der EM aus. Laut Correctiv und FragdenStaat.de sind diese im Vergleich zu den prognostizierten Kosten bei der Bewerbung um zusammen 66 Millionen Euro angestiegen. Die Ausgaben der Städte für das Turnier liegen demnach bei 295 Millionen Euro. Zwar seien die Uefa-Forderungen bereits zum Zeitpunkt der Bewerbung bekannt gewesen, die Krisen und das Ausmaß der Inflation jedoch nicht.
Von knapp 14 bis 84 Millionen Euro: So viel geben die Städte für die EM 2024 aus
In Berlin seien die Ausgaben dadurch um 40 Millionen Euro höher als ursprünglich kalkuliert. Frankfurt gibt nun 30,2 Millionen für die EM aus. In Köln seien die Kosten um etwa sechs Millionen Euro höher als 2017 berechnet. München sei der einzige EM-Standort, wo bei der Bewerbung höhere Kosten erwartet wurden.
Stadt | Kosten in Millionen Euro |
---|---|
Berlin | 83,7 |
Stuttgart | 38,4 |
Hamburg | 33,7 |
Frankfurt | 30,2 |
Dortmund | 24,2 |
München | 21 |
Düsseldorf | 20,5 |
Gelsenkirchen | 19 |
Leipzig | 15 |
Köln | 13,84 |
DFB-Präsident Bernd Neuendorf verwies im Spiegel-Bericht auf die Steuereinnahmen, mit welchen die Kosten gegengerechnet werden müssten. So rechnet auch der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller laut Tagesschau.de damit, dass sich die Ausgaben von 20,5 Millionen Euro rechnen. Er glaube, dass die Stadt wirtschaftlich profitiere, „denn es kommen Hunderttausende Menschen in unsere Stadt, die hier Geld ausgeben werden“, sagte der CDU-Politiker. Wenn jeder der etwa 250.000 Fans, die Tickets für die fünf Spiele haben, 100 Euro ausgeben würde, dann wären das schon 25 Millionen Euro an Einnahmen. Zudem sei die Übertragung „für Düsseldorf unbezahlbare Image-Werbung“.
Gastgeberstädte rechnen bei der EM mit Einnahmen in Millionenhöhe
„Es dürften insbesondere die Städte wirtschaftlich profitieren, die zum einen natürlich mehrere Spiele haben, zum anderen aber auch die Mannschaften haben, die viele Fans mitbringen und Fans, die dann tatsächlich auch übernachten“, sagte Sportökonom Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Tagesschau.de. Es sei jedoch wichtig, „dass die Städte genügend Betten zur Verfügung haben, sonst werden die wirtschaftlichen Effekte eher in den Nachbarstädten auftreten“.
Berlin und München rechnen laut Correctiv mit Einnahmen im dreistelligen Millionenbereich. Leipzig rechne mit einem Bruttoumsatz von fast 60 Millionen Euro, der sich aus Ausgaben von Übernachtungs- und Tagesgästen aus der lokalen Bevölkerung zusammensetze. Kritiker stellen diese Erwartung jedoch infrage.
Experte hält erwartete Einnahmen durch EM für überschätzt: „Keine nachweisbaren Effekte“
„Es gibt keine nachweisbaren Effekte von Sportgroßveranstaltungen auf Beschäftigung, Einkommen, Steuermehreinnahmen und Übernachtungszahlen“, sagte etwa Wolfgang Maenning, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Hamburg, gegenüber Correctiv. Verschiedene Effekte würden bei Berechnungen ignoriert oder verfälscht. Die Städte seien im Sommer ohnehin gut besucht. Zudem würden Ausgaben von Übernachtungs- und Tagesgästen oft zu hoch angesetzt. Die lokale Bevölkerung dürfe auch nicht miteinbezogen werden.