Walter Heckner aus Oberschleißheim ist der letzte Säckler im Landkreis. Für eine Lederhose braucht er zwischen 50 und 70 Arbeitsstunden.
Vor 200 Jahren war die Lederhose eine stabile Arbeitshose für Kaminkehrer, Jäger, Forstarbeiter und Landwirte. Ab 1850 trug sie der Adel in lang bei der Jagd. 1883 wurde der erste Trachtenverein gegründet, die Männer hatten nun kurze Lederhosen. Heute ist sie beliebter denn je, für den letzten Säckler im Landkreis, Walter Heckner (59), herrscht vor allem zur Wiesn Hochbetrieb.
Heckner ist nicht nur seit über 30 Jahren Lederhosen-Macher, er hat auch ein ungeheures Wissen über das bayerische Brauchtum angesammelt – schließlich ist er Vorsitzender des Trachtenvereins „Birkenstoana“ in Oberschleißheim. Er kennt sich perfekt aus mit den verschiedensten Lederarten von Ziege über Gams, Kuh, Schaf, Elch bis hin zu seinem geliebten Hirsch. Er kann berichten, wie diese Häute aus seiner Sicht richtig gegerbt werden, nämlich „sämisch“ mit Fischtran. Er weiß Bescheid über das „Besteck“ in der Lederhose: vom Fuhrmannsbesteck mit und ohne Zweitgabel für die Frau, mit Löffel, klappbar oder feststehend, kunstvoll und sehr teuer nach Sterzinger oder Friedberger Art. Wer bei Heckner eine Lederhose bestellt, der muss mindestens ein Jahr darauf warten, so begehrt sind seine Produkte.
Zwölf Säcklerbetriebe gibt es noch in ganz Bayern
Nach seiner ersten Lehre als Kunstglaser machte er eine Probewoche bei einem Säckler in Moosburg. „Das war so toll, also bin ich dabeigeblieben.“ Heckner ist Sattlergeselle mit Schwerpunkt Säcklerei. Zwölf Säcklerbetriebe gibt es noch in Bayern, Heckner übernahm im Jahr 1994 die Säcklerei Max Wölfl in Oberschleißheim, die 1926 gegründet wurde. Als er anfing, gab es noch sechs seiner Zunft in München, heute ist er in der Stadt und im Landkreis der letzte. „Leider kann ich keine Lehrlinge ausbilden, das wäre viel zu zeitintensiv für mich alleine, das ist echt schade“, bedauert Heckner.
Wer bei ihm eine Lederhose möchte, muss vorbeikommen. „Ich muss den Menschen sehen, jeder ist doch anders gebaut.“ Da bespricht er, was der Kunde möchte: kurze oder lange Hose, hell oder dunkel, mit Relief-Stepperei, die meist weiß ist, oder mit Platt-Stickerei, die mit grünen oder gelben Maulbeerblatt-Seidenfäden gemacht wird. Dann wird der Kunde exakt vermessen und die einzelnen Lederstücke zugeschnitten, pro Hose sind das 35 Teile. Der nächste Schritt ist das Durchpausen mit Kreidestaub von Schablonen der vom Kunden ausgesuchten Muster und Verzierungen. Diese werden mit weißer Tusche oder Gummi Arabicum und feinstem Pinsel auf das Leder gemalt. „Nun folgt die Stickerei, sie nimmt je nach Aufwand bis zu 80 Prozent der Arbeitszeit ein und muss sehr sorgfältig sein. Für mich ist das fast meditativ.“ Sind alle Stickereien angebracht werden die einzelnen Lederteile zuerst mit einer Mehl-Wasser-Mischung zusammengeklebt, dann mit speziellem Lederleim und schließlich auf einer großen Nähmaschine vernäht. „Im Gegensatz zum Schneider können wir diese Nähte nicht wieder auftrennen – bei uns muss das Maßnehmen also exakt passen und das Zusammenfügen auch.“
50 bis 70 Stunden braucht Heckner für eine Hose
Rund 50 bis 70 Stunden, also fast zwei Arbeitswochen, benötigt Heckner für eine Hose. Seine Kunden sind neben den Trachtlern immer mehr junge Männer und Frauen, keineswegs nur Bayern, die die Lederne zu Volksfesten, aber auch zu Hochzeits- oder Geburtstagsfeiern anziehen. Vor allem in Richtung Wiesn herrscht bei ihm Hochbetrieb, „da wollen alle eine Lederhose, das ist für uns wie Weihnachten“. Das Leder wurde in den letzten Jahren immer teurer, das Gerben auch, Heckners Zeitaufwand ist ebenso enorm. „Wer eine g’scheite Lederhose will, der muss je nach Umfang der Stickerei 1400 bis 3500 Euro bezahlen – die hält aber dann auch ein Leben lang, wenn man seine Figur behält“, schmunzelt der Säckler.
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Der Beruf Säckler
Ein Säckler stellt Lederbekleidung in Maß- oder Konfektionsfertigung her und ändert oder repariert diese: Lederjacken und -hosen, Trachtenbekleidung, Motorradkluft und Reithosen. „Säckler“ heißen sie, weil sie ursprünglich wasserdichte Ledersäcke für den Transport von Waren auf den Flößen fertigten. Heckner verwendet ausschließlich Hirschleder. Das ist für ihn am hochwertigsten und langlebigsten. „Am besten ist es, wenn der Hirsch zwei Jahre alt war.“ Kuhleder ist zu dick, Schaf oder Ziege dehnt sich aus, Gams oder Reh sind zu kleine Tiere. Heckners Leder kommt aus Neuseeland oder Europa und wird „sämisch“ gegerbt, also mit Fischtran, nicht mit Chemikalien. Nach dem Gerben ist das Leder hell und wird auf Kundenwunsch dunkel mit Wurzeln und Hölzern eingefärbt.