Wütende Mitarbeiter attackieren Deutsche Bahn: „Ich schäme mich jeden Tag für dieses Unternehmen“
„Peinlich“ und „Trauerspiel“: Die Bahn-Mitarbeiter gehen einem Bericht zufolge in internen Chat-Gruppen mit der Deutschen Bahn hart ins Gericht.
Berlin – Rote Zahlen, mieses Image, unpünktliche Züge: Bei der Deutschen Bahn läuft es derzeit richtig schlecht. Die desolate Lage wirkt sich offenbar auch auf die Stimmung beim Bahn-Personal aus. Interne Chats von Angestellten des Konzerns zeigten, dass viele Beschäftigte wütend und frustriert seien angesichts des schlechten Service, den das Unternehmen biete, berichtete die Süddeutsche Zeitung (SZ) am Montag (05. August).
Mitarbeiter wütend auf Deutsche Bahn: „Es wird jeden Tag schlimmer“
„Das, was wir hier abliefern, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten“, schrieb demnach etwa ein Zugbegleiter. „Nicht an einem einzigen Tag läuft hier irgendwas.“ Er habe in der Bordgastronomie auf seiner Fahrt im Fernverkehr keine Kühlung, keine Tiefkühlung und keinerlei Ware gehabt – ein „Trauerspiel“, führte der Zugbegleiter aus. Die Besetzung sei zudem zu dünn, letztlich würden so auch „die letzten verbliebenen Mitarbeiter“ vergrault.
Die SZ hat nach eigenen Angaben etliche derartiger Beiträge in internen Chat-Gruppen eingesehen. Das Stimmungsbild sei sehr schlecht, vor allem im Fernverkehr. Häufig genannte Probleme sind demnach zu wenig Personal, bereitgestellte ICE mit kaputten Klimaanlagen, fehlende Lieferungen für die Bordgastronomie oder miserable interne Kommunikation.
„Ich finde, es wird jeden Tag schlimmer und man ist immer mit weniger Personal auf den Zügen“, erklärte eine Mitarbeiterin . Früher seien Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen worden, aber diese Zeiten seien vorbei, klagte demnach auch ein Lokführer. „Ich schäme mich mittlerweile jeden Tag für dieses Unternehmen“, schreibt er laut SZ.
Zwei Servicekräfte für einen vollen ICE?
Die Deutsche Bahn steht insbesondere wegen ihrer immer schlechter werdenden Pünktlichkeitsquoten in der Kritik. Grund sind vor allem das marode Schienennetz, Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will deshalb mit einer Sanierungsoffensive gegensteuern.
Doch es ist fraglich, ob die neuen Pläne wirklich etwas an der allgemeinen Unzufriedenheit ändern werden. Denn die Bahn überlegt wohl gerade unter anderem, dass selbst voll besetzte ICE mit 900 Fahrgästen mit zwei Servicekräften auskommen müssen, wie die Bahngewerkschaft EVG der SZ mitteilte. Es sei noch nicht spruchreif, werde aber diskutiert, nur noch einen Zugchef und einen Zugbegleiter pro ICE einzusetzen, der dann auch den gastronomischen Service am Platz übernehmen müsste.
„Dies ist nicht nur aus Sicherheitsaspekten fragwürdig, auch der Service am Kunden bleibt zwangsläufig auf der Strecke“, erklärt die EVG. Dem SZ-Bericht zufolge gehen die Probleme im Konzern aber offenbar weit darüber hinaus. „Es muss sich nicht nur im Betrieb draußen, sondern auch im Betrieb drinnen dringend einiges ändern“, schreibt demnach ein Angestellter.
Halbjahresbilanz der Bahn: „Wir müssen in Zukunft mehr Bahn mit weniger Menschen schaffen“
Das Problem: Die Bahn muss sparen und wird Stellen abbauen. Finanzvorstand Levin Holle betonte dazu Ende Juli im Rahmen der Halbjahresbilanz: „Wir müssen in Zukunft mehr Bahn mit weniger Menschen schaffen.“ Nahezu sämtliche Geschäftsfelder machten operativ ein Minus. Lediglich die zum Verkauf stehende Logistiktochter DB Schenker erwirtschaftete einen operativen Gewinn (Ebit) von 520 Millionen Euro.
Ein Großteil der Verluste geht darauf zurück, dass die Bahn bei Investitionen in die Infrastruktur auch in diesem Jahr in Vorleistung gegangen ist. Für 2024 rechnet sie deshalb mit erheblichen Rückzahlungen des Bundes. Bahnchef Richard Lutz hält deshalb am Ziel fest, dass am Ende des Jahres zumindest operativ, also vor Zinsen und Steuern, wieder ein Gewinn in Höhe von einer Milliarde Euro steht.
Zudem konnte der Konzern seine hohen Verbindlichkeiten um rund eine Milliarde Euro auf nunmehr 33 Milliarden Euro im Vergleich zum Jahresende reduzieren. Das lag zum einen am Verkauf der Auslandstochter Arriva und zum anderen an der Auszahlung eines ersten Teils einer milliardenschweren Eigenkapitalerhöhung des Bundes. Mit Material von AFP und dpa