Billigprodukte aus China bald Geschichte? EU schiebt dem Online-Shopping einen Riegel vor
Der Online-Handel mit chinesischer Billigware boomt. Mit höheren Zöllen wollen Brüssel und Washington dagegen vorgehen und Wettbewerbsverzerrung gegenüber dem einheimischen Handel ausgleichen.
Brüssel – Die EU-Kommission will entschiedener gegen den massenhaften Import von Billigprodukten vorgehen. Nach Ansicht der Brüsseler Behörde bringen insbesondere die Shoppingportale Shein und Temu große Mengen günstiger Waren in die EU, wobei es Bedenken beim Verbraucherschutz und Sicherheitsstandards gibt. Die Kommission hat daher eine Untersuchung gegen Shein eingeleitet, um mögliche Verstöße gegen den europäischen Verbraucherschutz zu prüfen. Dabei geht es unter anderem um mutmaßlich missbräuchliche Vertragsbedingungen und unlautere Geschäftspraktiken.
Täglich würden zwölf Millionen Online-Warenpakete von außerhalb in die EU verschickt, sagt EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen. Die Zahl habe sich binnen eines Jahres verdoppelt. Sehr viele dieser Produkte wurden als unsicher eingestuft, weil sie nicht den EU-Standards entsprechen, wenn es um Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz gehe. Zudem machen Wettbewerbshüter unfaire Handelsbedingungen für den einheimischen Handel geltend. Steuerexperten haben auf entgangene Steuern hingewiesen.
Shein ist eines der größten Modeunternehmen der Welt
Eine Sprecherin von Shein betonte, dass der Konzern in regulatorischen Fragen gemeinsam mit den Partnern auf EU- und nationaler Regierungsebene zusammenarbeiten wolle. „Wir begrüßen alle Bemühungen, die das Vertrauen und die Sicherheit europäischer Verbraucher in den Online-Einkauf stärken.“ Shein ist ein Händler für Mode und Sportartikel, der in China gegründet wurde und seinen Sitz heute in Singapur hat. Er gilt als eines der größten Modeunternehmen der Welt. Der Konkurrent Temu vertreibt Mode, Kosmetik sowie Haushalts- und Elektronikwaren.
Trotz aller Kritik erfreuen sich die asiatischen Plattformen großer Beliebtheit. Besonders Temu konnte in Deutschland stark wachsen. Laut YouGov-Daten landete die Plattform im ersten Halbjahr 2024 gemessen an der Zahl der Bestellungen auf Platz sechs der meistgenutzten Onlinehändler. Rund 1,3 Millionen Menschen kauften in diesem Zeitraum bei Temu ein. Entscheidend für den Erfolg sind die extrem niedrigen Preise und das breite Sortiment.

Chinesische Billighändler: Neue Zollmaßnahmen sind geplant
Laut der Brüsseler Behörde wurden im vergangenen Jahr 4,6 Milliarden Päckchen mit einem Wert unter 150 Euro in die EU importiert, davon stammten 91 Prozent aus China. Die Kommission schlägt eine Bearbeitungsgebühr für direkt an Verbraucher gelieferte E-Commerce-Waren vor, um die steigenden Kosten für Zoll- und Marktüberwachung auszugleichen.
Zudem soll die bisherige Zollbefreiung für Sendungen unter 150 Euro abgeschafft werden. Diese Freigrenze will die Kommission schon seit langem aufheben. Das würde dann vermutlich auch Onlinemarktplätze wie Amazon oder Etsy treffen. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Händler – unabhängig von ihrem Standort – die gleichen Wettbewerbsbedingungen haben.
Handelsverband fordert faire Wettbewerbsbedingungen
Die explosionsartige Zunahme von Paketen, die unter dieser Ausnahmeregelung für Sendungen unter 150 Euro verschickt werden, hat in den letzten Jahren zu einer verstärkten Kritik an dem Geschäftsmodell geführt. Zwar machen alle Einzelhändler von der Ausnahmeregelung Gebrauch, aber bei denjenigen, die Fast Fashion und Billigwaren verkaufen, sind die Umsätze sprunghaft angestiegen.
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Dies hat zu der Befürchtung geführt, dass die inländischen Einzelhändler unterboten werden und dass den Regierungen potenzielle Steuereinnahmen entgehen. Handels- und Steuerexperten warnen seit langem davor, dass chinesische Billiganbieter die 150-Euro-Grenze als Schlupfloch ausnutzen, keine Zölle zahlen und auf diese Weise zu Weltkonzernen aufgestiegen sind.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßte daher die Pläne der EU und sieht darin einen wichtigen Schritt hin zu faireren Wettbewerbsbedingungen. „Anbieter wie Temu und Shein dürfen nicht länger ungeschoren mit Regelbrüchen davonkommen“, sagte der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp. Gleichzeitig warnte der Verband vor zusätzlicher Bürokratie für europäische Händler.
In den USA geht Donald Trump gegen Billigwaren aus China vor
Auch die USA wollen schärfer gegen Einfuhren aus China vorgehen. Absprachen mit Brüssel gibt es nach Angaben der Kommission aber keine. Seit Dienstag erheben die USA Zollaufschläge von zehn Prozent auf Importe aus China, eine Zollbefreiung für Pakete von geringem Wert ist abgeschafft. Die Post in den USA teilte daraufhin mit, sie werde „vorübergehend“ keine Pakete mehr aus China annehmen. Wenige Stunden später nahm sie die Ankündigung jedoch wieder zurück. In den USA lag die Schwelle für Billigprodukte bislang bei 800 US-Dollar.