„Stellen mehr oder weniger besetzt“: Chefin bevorzugt Arbeiter aus Nicht-EU-Staaten

Der akute Fachkräftemangel betrifft auch die Alpenrepublik Österreich, insbesondere in den Skiregionen, und stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Während der Hochsaison im Tourismus ist qualifiziertes Personal unverzichtbar. 

Um dem Problem entgegenzuwirken, wurde ein erhöhtes Saisonkontingent für Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten eingeführt. Doch laut Hotelchefin Elisabeth Wechselberger reicht dies bei weitem nicht aus, wie sie gegenüber dem Newsportal „Heute“ betonte.

„Diese Fachkräfte sprechen oft drei Sprachen und verfügen über internationale Erfahrung“

Wechselberger betreibt das Alpenhotel St. Christoph am Arlberg und beschäftigt rund 25 Mitarbeitende aus verschiedenen Ländern. Jedes Jahr steht sie vor der Aufgabe, rechtzeitig vor Beginn der Wintersaison neues Personal zu finden. Für die Saison vom 1. Dezember 2025 bis 15. April 2026 bietet sie ihren Angestellten neben dem Gehalt auch kostenlose Unterkunft und Verpflegung an.

Die Hotelchefin hat sich bewusst dazu entschieden, Bewerbungen aus Nicht-EU-Ländern zu priorisieren. „Diese Fachkräfte sprechen oft drei Sprachen und verfügen über internationale Erfahrung, beispielsweise aus Dubai“, erläutert Wechselberger gegenüber „heute.at“. Im Gegensatz dazu kämen Bewerber aus EU-Ländern wie Ungarn ohne Sprachkenntnisse. Der Mangel kann auch für Bewerber aus Deutschland zur Chance werden

Kaffeetassen stehen in perfekter Ordnung an einem Buffet.
Die Chefin des Luxus-Hotel verlangt nicht weniger als Perfektion (Symbolbild). Getty, Westend61

Bürokratische Hürden bei Arbeitsbewilligungen

Trotz des Potenzials dieser Fachkräfte scheitert die Einstellung häufig an bürokratischen Hürden. Wechselberger beklagt, dass sie für viele qualifizierte Bewerber keine Arbeitsbewilligung erhält. Noch immer müsse sie auf die Genehmigung für zwei Mitarbeiter warten. Und trotzdem, „Heuer hatte ich tatsächlich schneller als erwartet alle Stellen mehr oder weniger besetzt“, gibt sich die Gastronomin gegenüber dem Newsportal zufrieden.

Indes wird es immer schwieriger, Gastro-Personal aus der österreichischen Bevölkerung zu rekrutieren. So findet ein Tiroler Ski-Wirt trotz 2200 Euro Gehalt, Kost und Logis keine Bewerber.

Schild an Gaststätte Personalmangel
In Österreich und Deutschland fehlen Arbeitskräfte in der Gastronomie. Neue Arbeitsmodelle scheinen keine Wirkung zu haben. Getty Images

Arbeiter aus Nicht-EU-Ländern: Situation in Deutschland

Auch in Deutschland nimmt die Arbeitsmigration aus dem nicht-europäischen Ausland zu. Eine Mitteilung des Statistischen Bundesamtes zeigt, wie wichtig diese Arbeitskräfte für die Wirtschaft sind.

  • Starker Anstieg befristeter Erwerbstätigkeit: Ende 2021 waren gut 295.000 Personen mit befristeter Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit im Ausländerzentralregister erfasst. Damit hat sich die Zahl innerhalb von zehn Jahren um plus 226 Prozent gegenüber Ende 2011 (gut 90.500) mehr als verdreifacht.
  • Blue Card und Voraussetzungen: Knapp ein Viertel (24 Prozent) der ausländischen Arbeitskräfte waren Ende 2021 akademische Fachkräfte mit Blue Card, die 2012 EU-weit eingeführt wurde. Erforderlich sind ein Hochschulabschluss und ein konkretes Arbeitsplatzangebot mit mindestens 56.400 Euro brutto jährlich. In Mangelberufen gilt eine Grenze von 43.992 Euro.
  • Einsatz in Mangelberufen: Ende 2021 arbeitete knapp die Hälfte (48 Prozent) der Personen mit Blue Card in einem Mangelberuf. Genannt werden etwa Tätigkeiten als Ärztinnen und Ärzte oder in der IT.
  • Herkunft aus Nicht-EU-Staaten: Bei den Arbeitskräften mit Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit war Indien mit 11 Prozent die häufigste Staatsangehörigkeit. Ebenfalls stark vertreten waren Bosnien-Herzegowina (9 Prozent) und Kosovo (7 Prozent).
  • Arbeitskräftezuwanderung aus der EU: 2021 lebten 1,65 Millionen aus EU-Staaten zugewanderte Arbeitskräfte in Deutschland, ein Plus von 19 Prozent gegenüber 2017.

Ausländische Arbeitskräfte in Deutschland: Es fehlt eine „Bleibekultur“

Doch die auf den ersten Blick erfolgsversprechenden Zahlen sind nur eine Seite der Medaille. Denn viele Fachkräfte berichten von Diskriminierung und einer regelrechten Vermittlungs-Industrie in den Herkunftsländern, wie aus einem Bericht der Deutschen Welle hervorgeht. Dabei würde auch mit verklärenden Broschüren für das „schöne Berlin“ oder das „romantische Heidelberg“ geworben, während der Einsatzort zufällig ist.

Migrationsforscher Tobias Weidinger betont in dem Bericht, dass es nicht nur eine Willkommenskultur brauche. „Was noch fehlt, ist eine Bleibekultur“, betont er.