Israel plant neue Siedlungen im Westjordanland – Bundesregierung übt Kritik
Gegen Anerkennung von Palästina: Israel plant neue Siedlungen im Westjordanland. Das stößt international auf Kritik, auch von der Bundesregierung.
Tel Aviv/Berlin – Israels Finanzminister Bezalel Smotrich hat mit der Annexion des Westjordanlands gedroht, falls im kommenden Monat ein palästinensischer Staat anerkannt wird. Zugleich kündigte er den Bau von rund 3.400 weiteren Wohneinheiten für israelische Siedler im umstrittenen Gebiet E1 zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Maale Adumim an – eine Entscheidung, die international verurteilt wird. Auch die Bundesregierung hat mit scharfer Kritik reagiert.
„Der Siedlungsbau verstößt gegen das Völkerrecht und einschlägige Resolutionen des UN-Sicherheitsrats“, teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin mit. „Er erschwert eine verhandelte Zweistaatenlösung sowie ein Ende der israelischen Besatzung des Westjordanlands, wie der Internationale Gerichtshof es fordert.“ Die Bundesregierung lehne die Ankündigungen von Israels Regierung zur Genehmigung tausender neuer Wohneinheiten im Westjordanland „entschieden ab“.
„Es wird keinen palästinensischen Staat geben“: Israel-Minister übt mit Drohung Druck aus
„Ihr habt keine Chance, es wird keinen palästinensischen Staat geben“, erklärte Smotrich während einer Pressekonferenz, gerichtet an mehrere Länder, die im September bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen die Anerkennung eines Palästinenserstaates verkünden wollen. „Ihr werdet nicht von Übersee aus entscheiden, wie die Zukunft des jüdischen Volkes aussieht.“
Smotrich bekräftigte: „Wenn ihr im September einen palästinensischen Staat anerkennt, wird unsere Antwort sein, volle israelische Souveränität in allen Gebieten von Judäa und Samaria (hebräische Bezeichnung für das Westjordanland) geltend zu machen.“
Mehrere Staaten, darunter Frankreich, Kanada und Australien, wollen im kommenden Monat einen palästinensischen Staat anerkennen. Fast 150 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen haben dies bereits getan. Ziel ist es, eine Zweistaatenlösung voranzutreiben. Damit ist gemeint, dass Israel und ein unabhängiger Palästinenserstaat friedlich Seite an Seite existieren. Israel hatte dies als „Belohnung für die Hamas“ abgelehnt.

Baupläne im sensibelsten Gebiet des Konflikts: Israels Finanzminister will ein freies Palästina „endgültig begraben“
Das Bauprojekt im Gebiet E1 gilt als einer der heikelsten Punkte im israelisch-palästinensischen Konflikt. Eine Bebauung würde das Westjordanland faktisch in einen nördlichen und einen südlichen Teil zerschneiden und damit ein zusammenhängendes Territorium für einen künftigen palästinensischen Staat erheblich erschweren – wenn nicht unmöglich machen. Genau aus diesem Grund waren die Pläne in der Vergangenheit unter internationalem Druck mehrfach verschoben worden.
Offenbar ist das nun allerdings Smotrichs Ziel. Der Schritt „begräbt endgültig die Idee eines palästinensischen Staates“, sagte er vor Ort. Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Heute leben dort über 700.000 israelische Siedler inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. Nach internationalem Recht sind die Siedlungen illegal. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
Auch EU und Nahost-Staaten üben Kritik an Israels Bauplänen für das Westjordanland
Die Europäische Union forderte Israel auf, von den Bauplänen abzurücken. „Solche einseitigen Entscheidungen verschärfen die ohnehin schon angespannte Lage vor Ort und untergraben weiter jede Möglichkeit für Frieden“, erklärte EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Sie betonte zudem, dass der Siedlungsbau gegen internationales Recht verstoße.
Das türkische Außenministerium sprach von einem „Angriff auf die territoriale Integrität des Staates Palästina“. Katar warf Israel vor, eine „Politik der erzwungenen Vertreibung“ zu verfolgen, während Jordanien und Ägypten warnten, die Siedlungspolitik gefährde Frieden und Stabilität in der Region.
Friedensorganisation warnt vor „Abgrund“: Pläne von Israel-Minister würden für viel „Blutvergießen“ sorgen
Die israelische Friedensbewegung Peace Now bezeichnete das Vorhaben als „tödlich für die Zukunft Israels und für jede Chance auf eine friedliche Zweistaatenlösung“. Man stehe „am Rand eines Abgrunds, und die Regierung treibt uns mit voller Geschwindigkeit voran“. Annexionsschritte würden „viele weitere Jahre des Blutvergießens garantieren“.
Parallel zu den politischen Spannungen kam es erneut zu Angriffen radikaler israelischer Siedler auf palästinensische Ortschaften, wie The Times of Israel berichtete. Medienberichten zufolge wurden im Dorf Susja im Süden mehrere Palästinenser verletzt. In Atara im Zentrum des Westjordanlandes schleuderten Siedler Brandsätze auf Häuser und Autos. Solche Angriffe geschehen regelmäßig, Strafverfolgung bleibt oft aus. (lismah/dpa/AFP)