Krankenhausreform beschlossen: Lauterbach-Gesetz wird Krankenkassenbeiträge in die Höhe treiben

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Nach monatelangem Streit hat der Bundesrat für die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach gebilligt. Dies wird die Beiträge in die Höhe schnellen lassen.

Berlin – Für Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist es ein Riesenerfolg: Die Klinikreform wird ab 1. Januar 2025 in Kraft treten. Lange gab es Streit darüber, ob das Gesetz überhaupt in Kraft treten würde. In letzter Minute hat Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) gefeuert, da sie ihre Zustimmung nicht zurückziehen wollte.

Krankenhausreform von Karl Lauterbach soll Zahl der Kliniken im Land reduzieren

Die Reform soll die Zahl von derzeit 1.900 Klinikstandorten - psychiatrische und psychosomatische Kliniken mitgerechnet - deutlich reduzieren - bei höherer Qualität und besserer Finanzierung. Kernstück ist ein neues Vergütungssystem. Dazu sollen die Fallpauschalen künftig nur 40 Prozent der Vergütung ausmachen. Die restlichen 60 Prozent sollen Kliniken für das Vorhalten von Personal, Räumlichkeiten oder notwendiger Medizintechnik erhalten.

In strukturell schwächeren Regionen sollen notwendige Krankenhäuser erhalten werden und besondere Fördermittel erhalten. Außerdem soll es die Möglichkeit für sektorübergreifende und integrierte Gesundheitszentren geben. Auch bei der Personalbemessungen und Bürokratie gibt es Änderungen. Zur Finanzierung der gesamten Reform ist ein Transformationsfonds von 50 Milliarden Euro geplant.

Höhere Krankenkassenbeiträge durch Krankenhausreform zu erwarten

Letzteres sorgt insbesondere bei den Krankenkassen für Unmut. Die GKV hält den Transformationsfonds sogar für verfassungswidrig. Denn der Fonds soll zur Hälfte von den Ländern finanziert werden, zur anderen Hälfte aber von den gesetzlichen Krankenkassen. Dazu fließen jährlich bis 2035 2,5 Milliarden Euro aus den Budgets der Kassen in den Fonds. Die gesetzlichen Krankenkassen sehen darin einen Verfassungsbruch, da die privaten Kassen nicht zur Finanzierung beitragen sollen, obwohl alle Patienten und Patientinnen profitieren. Zudem sehen sie darin eine Zweckentfremdung der Beiträge.

„Selbstverständlich erwarten wir von einer neuen Bundesregierung, dass sie die verfassungswidrige Teilfinanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds aus GKV-Beitragsgeldern wieder streicht. Die Zusatzkosten von 2,5 Mrd. Euro pro Jahr für die gesetzlichen Krankenkassen zur Teil-Finanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds wären ein zusätzlicher Beschleuniger für weitere Beitragssatzerhöhungen in den kommenden Jahren. Die Augen vor den immer größer werdenden Finanzproblemen der gesetzlichen Krankenversicherung zu verschließen, ist keine Zukunftsoption“, erklärt daher die Vorstandsvorsitzende der GKV, Stefanie Stoff-Ahnis, in einer Meldung zur Reform.

Karl Lauterbach (SPD) zu Besuch in einem Hamburger Krankenhaus
Karl Lauterbach (SPD) zu Besuch in einem Hamburger Krankenhaus. Der Gesundheitsminister will das Kliniksystem reformieren. © IMAGO/Chris Emil Janssen

Ebenfalls kritisch äußerte sich Ralf Langejürgen, Vorstandsvorsitzender des BKK Landesverbandes Bayern: „Von jedem Euro Beitrag fließen aktuell 33 Cent in den Krankenhausbereich. Die GKV soll nun neben der gesetzlich vorgesehenen Finanzierung der Behandlungskosten, auch noch systemwidrig die Investitionskosten für Geräte und Bauten übernehmen. Das ist nicht die Aufgabe der GKV!“

Die höheren Beiträge werden ohnehin bald mit voller Wucht auf Versicherte zukommen. 2025 soll es den höchsten Anstieg der Kassenbeiträge jemals geben. Die nun gebilligte Reform wird die Finanzen der Krankenkassen zusätzlich belasten.

Krankenkassen sehen Lauterbach-Gesetz als Verfassungsbruch an: Gutachten gibt ihnen recht

Die GKV hatte dazu bereits im Sommer auch ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das die Verfassungsmäßigkeit des Transformationsfonds prüfen sollte. „Sozialversicherungsbeiträge sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts streng zweckgebunden und dürfen nicht zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts verwendet werden. Genau das geschieht aber“, zitierte damals die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine der Gutachterinnen, Dagmar Felix. „Hier geht es um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, nämlich um die medizinische Daseinsvorsorge, und das betrifft die Gesamtbevölkerung“. Die Reform müsse daher über den allgemeinen Haushalt erfolgen und nicht durch die Beitragssätze.

Ebenfalls kritisch sieht das der Bundesrechnungshof. In einem Gutachten vom Mai 2024 schreibt das Gremium: „Die Finanzierung von Krankenhausstrukturen ist nicht Aufgabe der GKV“. Und die Gutachter warnen vor möglichen Rechtsstreitigkeiten, die durch die Reform zu erwarten seien. „Zwar könnten Krankenkassen und GKV-Spitzenverband das KHVVG [Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, ausgeschriebener Name der Reform, Anm. d. Red.] nicht unmittelbar gerichtlich überprüfen lassen. Es ist aber vorstellbar, dass sie rechtlich gegen die sie betreffenden Minderzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zur Finanzierung des Transformationsfonds vorgehen, oder dass Versicherte ihre Klagebefugnisse nutzen“.

Gutachten hält Krankenhausreform für problematisch: Länder sollten die Reform finanzieren

Bekanntlich ist der Bundeshaushalt allerdings ohnehin schon knapp bemessen – und für 2025 wird es nun aller Voraussicht nach keinen Haushalt geben. Der Bundesrechnungshof sieht aber auch nicht den Bund in der Pflicht, diese Reform zu finanzieren. Vielmehr sollte es alleinige Verantwortung der Länder sein, so das Gutachten. „Der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hält es vor diesem Hintergrund ebenfalls für erwähnenswert, dass der Bund in verschiedensten Bereichen – auch jenseits des Gesundheitssektors – seit Jahren Länderaufgaben in erheblicher Höhe (mit-)finanziert und wiederholt Steueranteile dauerhaft an die Länder abgegeben hat.“

In Kraft treten soll das Gesetz zum 1. Januar 2025. Umgesetzt werden soll die neue Struktur aber erst über mehrere Jahre bis 2029. Für die Patientinnen und Patienten wird sie also nicht sofort spürbar. Das Netz der 1.700 Krankenhäuser dürfte damit auch kleiner werden. Vielen Krankenhäusern machen seit längerem Finanznöte, nicht belegte Betten und Personalmangel zu schaffen. Die Länder und die Klinkbranche hatten auch eine Überbrückungsfinanzierung für die Krankenhäuser bis zum Greifen der Reform gefordert. (mit Material von dpa)

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