Bei Anruf Betrug: Theatergruppe zeigt Maschen von Kriminellen – „Mama, ich habe eine Frau überfahren“

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Betrüger gehen bei Schockanrufen mit trickreichen Maschen vor und erobern dabei oft hohe Geldbeträge (Symbolbild). © Karl-Josef Hildenbrand

Eine Theatergruppe zeigt, wie Trickbetrug am Telefon abläuft. Die Täter setzen ihre Opfer massiv unter Druck. Doch es gibt Wege, sich zu schützen.

Reichersbeuern – Gleich nach dem Klingeln des Telefons beginnt der Alptraum. Philomena Müller hört es Schluchzen, als sie den Hörer abhebt. Der Puls schnellt auf 180.  „Michaela, bist es du?“ Die Frauenstimme bejaht. „Mama, ich hatte einen Unfall und habe eine Frau überfahren.“

Hochprofessionelle Betrüger bringen Menschen um ihr Erspartes

Eine Polizistin übernimmt und teilt der geschockten Mutter mit, dass die Überfahrende tot sei. Dann spricht die Staatsanwältin, die mitteilt, dass die Tochter eingesperrt wird und nur mit einer Kaution von 50 000 Euro freikommt. Frau Müller betont, sie habe nicht so viel Geld. Höchstens 20 000 Euro auf der Bank. „Und welche Wertsachen?“, hakt die vermeintliche Staatsanwältin nach. Auch hier wird die ältere Frau nicht stutzig. Sie fährt zur Bank, hebt das Geld ab, ohne den Bankberatern zu verraten, warum sie so viel Bares braucht. Als sie wieder zu Hause ist, wird sie nochmal angerufen, gleichzeitig klingelt es an der Tür. Die Mutter übergibt die Tasche mit Geldscheinen und Omas Schmuck an den Boten und nimmt den Hörer wieder in die Hand. „Hallo?!“, ruft sie. Keiner antwortet.  

Die Veranstaltung im „Altwirt“ war sehr gut besucht.
Die Veranstaltung im „Altwirt“ zum Thema Trickbetrug war sehr gut besucht. © maw

So oder so ähnlich trägt es sich zu, wenn Menschen auf einen sogenannten Schockanruf hereinfallen. Wenn sie von hochprofessionellen Betrügern um ihr Erspartes gebracht werden. Die Anrufe kommen häufig aus osteuropäischen Callcentern. Von Profis, die ohne Akzent sprechen und es perfekt verstehen, ihr Gegenüber zu verunsichern und zu manipulieren.

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Auf der Bühne im vollbesetzten „Altwirt“ in Reichersbeuern zeigten die Schauspieler der Gruppe Neues Theater Mering sowie eine Gastspielerin am Donnerstag mit dem Präventionsstück „Lug und Betrug“ sechs Szenen, wie Trickbetrug am Telefon oder an der Haustüre aussieht. Dazwischen klärten Kriminalhauptkommissarin Barbara Macheiner und Kriminalhauptkommissar Markus Mayr von der Kripo-Beratungsstelle Augsburg über die Tricks und Maschen der Kriminellen auf und gaben Tipps, wie man besser reagieren könnte. Denn auch in der Region kommt es immer wieder zu solchen Vorfällen.

Betroffene sind traumatisiert und schämen sich

Haben die Banden Erfolg, ist nicht nur das Konto leer, auch psychische Folgen sind möglich. Betroffene sind traumatisiert, schämen sich dafür, dass sie sich hinters Licht haben führen lassen. Dabei wurden sie von den Verbrechern stundenlang am Telefon unter Druck gesetzt. Verwandte machen ihnen dennoch mitunter schwere Vorwürfe. „Sie müssen sich nicht schämen“, betonte Macheiner, die klarstellte, dass die Staatsanwaltschaft oder Polizei niemals Geldbeträge für eine Kaution fordern und dieses abholen würde. In Variante zwei wurde stets die Szene jeweils mit besserem Ausgang wiederholt. Nachdem die falsche Tochter ihr Leid geklagt hatte, sagt Philomena Müller: „Wenn das so ist, rufe ich die 110.“ Die Betrügerin legt sofort auf.

Während der Pause besuchten viele Theaterbesucher den Stand, an dem Kriminalhauptkommissar Simon Bräutigam von der Kriminalpolizeiinspektion Weilheim und Kriminaloberkommissar Martin Sponsel von der Kriminalpolizeistation Garmisch-Partenkirchen aufklärten und berieten. Und auch im Publikum meldeten sich Einzelne zu Wort, die schon mal von solchen Betrügern angerufen wurden. Leider könne man sich heutzutage nicht mehr sicher sein, „ob Stimmen oder Fotos echt sind“, sagte Bürgermeister Ernst Dieckmann. Den ehrenamtlich tätigen Mitgliedern der Meringer Theatergruppe überreichte er die Hälfte der Spenden, die während der Aufführung im Publikum gesammelt wurden. Die andere Hälfte ging an die hiesige Theaterspielgruppe, die die informative und unterhaltsame Veranstaltung unter Initiative des Teams der Seniorenarbeit mit möglich machte und das Publikum bewirtete. (maw)

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