Österreich kommt Putins Spionen auf die Schliche – zwei russische Diplomaten ausgewiesen

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Österreichs Außenminister Schallenberg knüpft an seinen harten Kurs an und weist zwei weitere russische Diplomaten aus. Sie stehen unter Spionage-Verdacht.

Wien – Österreich hat zwei russische Diplomaten zu „unerwünschten Personen“ erklärt. Die beiden hätten „Handlungen gesetzt, die mit ihrem diplomatischen Status unvereinbar sind“, teilte das österreichische Außenministerium am Mittwochabend (13. März) mit, wie der Österreichische Rundfunk (ORF) berichtet. Eine solche Urteilsbegründung wird in der Regel formuliert, wenn die Betroffenen in Geheimdiensttätigkeiten involviert sind.

Die beiden auf Grundlage von Artikel 9 des Wiener Übereinkommens ausgewiesenen russischen Diplomaten müssen das österreichische Bundesgebiet spätestens bis zum 19. März verlassen. Sie seien an der bilateralen russischen Botschaft in Österreich akkreditiert gewesen, nicht an der Vertretung bei den internationalen Organisationen in Wien. 

Russische Botschaft mahnt vor „einer entschiedenen Antwort Moskaus“

Vertreter der russischen Botschaft in Wien zeigten sich angesichts der Ausweisung durch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) „entrüstet“. „Wie bei vergangenen Ausweisungsepisoden wurden nicht im Ansatz Belege oder sogar Beweise einer Verletzung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vorgelegt“, erklärten sie laut ORF.

Zudem betonten sie, die Ausweisung ihrer Diplomaten aus Österreich sei eine „rein politische Entscheidung der österreichischen Behörden“ – diese weise man kategorisch zurück. An einer „entschiedenen Antwort Moskaus“ könne darüber hinaus kein Zweifel bestehen. „Die Verantwortung für ein weiteres Degradieren der bilateralen Beziehungen liegt alleine bei Wien“, fügten die Vertreter der russischen Botschaft hinzu.

Bericht: Wien ist „Hauptstandort für die Verbreitung russischer Narrative und Desinformation“

Neben dem Sitz von UN-Institutionen und der Sicherheitsorganisation OSZE befinden sich auch zwei weitere ständige Vertretungen Russlands in der österreichischen Hauptstadt. Die OSZE-Mission und namentlich ihr Leiter sowie ein Delegationsleiter gelten laut eines Berichts der linksalternativen Wochenzeitung Falter als „Hauptstandort für die Verbreitung russischer Narrative und Desinformation“.

In der bilateralen Botschaft, der auch die beiden nun ausgewiesenen Diplomaten zugehörig waren, säßen hingegen die führenden und ranghöchsten Offiziere der russischen Geheimdienste. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehöre es, im Exil lebende Russen zu observieren.

Der Falter stützt sich eigenen Angaben zufolge auf ein anonym zugespieltes Dossier, das sich bei Überprüfung als plausibel erwiesen habe. Insgesamt 23 russische Botschaftsangehörige würden darin als russische Geheimdienstler benannt. Einige seien bereits ausgewiesen worden, andere seien freiwillig ausgereist und arbeiteten nun stattdessen in anderen europäischen Botschaften.

Zweite Ausweisung nach 2022 – Österreichs Außenminister Schallenberg ändert Kurs

Österreich war in der Vergangenheit zurückhaltend mit der Ausweisung russischer Diplomaten umgegangen. Dies hatte das österreichische Außenministerium vor allem mit der Sorge vor Auswirkungen auf die österreichische Vertretung in Moskau begründet. Sie sei vergleichsweise spärlich besetzt.

Schallenberg ist der erste österreichische Außenminister, der russische Diplomaten hat ausweisen lassen. So wies er im April 2022 nach Bekanntwerden des Massakers von Butscha bei Kiew vier russische Diplomaten nach Moskau aus. Damals hatte eine Reihe weiterer EU-Länder mit der Ausweisung russischer Diplomaten infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine reagiert. Damaligen Medienberichten zufolge sollen die vier in teilweise ranghoher Funktion dem russischen Militärnachrichtendienst Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije (GRU) und anderen russischen Nachrichtendiensten zugearbeitet haben.

Zwei russische Diplomaten wurden aus Österreich ausgewiesen. Hier: Die russische Botschaft in Wien. (Montage) © Gavriil Grigorov/dpa, Dmitry Valeyev/TASS/Imago

Im August 2022 wurde dem ORF zufolge ein weiterer russischer Diplomat unter dem – offiziell nicht bestätigten – Vorwurf der Wirtschaftsspionage ausgewiesen. Im Februar 2023 folgten vier weitere Russen, von denen zwei an der bilateralen Botschaft und zwei an der UN-Vertretung akkreditiert waren. Und bereits vor der russischen Aggression hatte schon im August 2020 ein russischer Diplomat wegen des Verdachts auf Wirtschaftsspionage das Land verlassen müssen.

„Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich unter dem staatlichen russischen Botschaftspersonal in Wien auch Spione befinden“, hieß es vom ORF infolge der Ausweisung beider russischer Diplomaten durch Außenminister Schallenberg. Ein ähnlich offenes Geheimnis dürfte es nach dem Spionageskandal beim Bundesnachrichtendienst (BND) sein, dass sich zu Spionagezwecken Gesandte Putins auch in Deutschland befinden könnten.

Nach Spionage-Skandal: BND-Präsident Kahl räumt „schweren Reputationsschaden“ ein

Infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine war zwei ehemaligen BND-Mitarbeitern 2022 vorgeworfen worden, Informationen, die sie im Zuge ihrer Arbeit beim BND erlangt hatten, an den russischen Geheimdienst FSB übermittelt zu haben.

Erst am Mittwoch (13. März) hatte auch BND-Präsident Bruno Kahl der Institution einen „schweren Reputationsschaden“ eingeräumt, der durch die Spionage der beiden BND-Mitarbeiter entstanden sei. Aus Sicht des BND handele es sich um eine „Katastrophe“, sagte der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes vor dem Berliner Kammergericht. „Ein Innentäter ist mit das Schlimmste, was einem Nachrichtendienst passieren kann“, so Kahl. (fh)

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